Da bleibt dem Chef die Stimme weg: John Neumeier auf der Bühne zu Tränen gerührt
Hamburg in leidenschaftlicher Beifall-Laune! So reichlich wie während der Nijinsky-Gala am Sonntagabend wurde in der Hamburgischen Staatsoper selten applaudiert. Mit dem fünfstündigen Tanzfest endeten die vierwöchigen 48. Ballett-Tage und damit auch die Feierlichkeiten der Jubiläumsspielzeit, die 50 Jahre John Neumeier und das Hamburg Ballett würdigten.
Begeistert beklatscht wurden erklärende Worte des Ballettchefs, die Leistungen der Tänzer:Innen, und immer wieder unterbrach Zwischenapplaus die zahlreichen Beiträge. Einen besonders bewegenden Moment gab es, als John Neumeier seinem Ensemble dankte – und ihm die Stimme brach: Das Publikum könne die Compagnie nur in Vorstellungen auf der Bühne erleben, er aber „habe das Glück, sie am Morgen um 9.30 Uhr mit Elan ein neues Ballett proben zu sehen!“ Auch da applaudierte das Publikum in der voll besetzten Oper warmherzig!
Teil eins war mit „Vergessene Tänze“ betitelt und meinte solche, die möglichst nicht in Vergessenheit geraten sollten, wie zum Beispiel Neumeiers Choreografie für das Bundesjugendballett zu Bob Dylans Song „With God On Our Side“, das mit der beunruhigend aktuellen Zeile endet „If God’s on our side, he’ll stop the next war“. Im Mittelteil des Abends wurden „Piano-Ballets“ gezeigt, also Ausschnitte, die der grandiose Pianist Michal Bialk live am Flügel begleitete. Das Finale trug dann die schlichte Überschrift „Guests“ und wartete mit beeindruckenden Solisten aus Tokio, Peking, Paris und London auf.
Nijinsky-Gala: Großes Finale der Hamburger Ballett-Tage
Zum Abschluss tanzte die Star-Gastsolistin Alina Cojocaru gemeinsam mit Edvin Revazov, Erstem Solist des Hamburg Ballett, „Was mir die Liebe erzählt“ aus Neumeiers „Dritte Sinfonie von Gustav Mahler“. Hamburg liebt John Neumeier und ist stolz, einen Choreografen der Superlative (50 Jahre lang gehabt) zu haben: Er ist der dienstälteste Ballettdirektor der Welt, führte seine Compagnie an die Weltspitze und kreierte mehr als 170 Ballette – „bis jetzt“, wie er lachend betonte! Ein weiteres Jahr noch leitet er sein Ensemble, bis im August 2024 sein Nachfolger Demis Volpi übernimmt. Längst gehört die Ära Neumeier zur Tanzgeschichte der Welt.