„Der einsame Weg“: Klassiker mit enormer Sogwirkung am Ernst-Deutsch-Theater
Wie lebt man mit der Vergangenheit? Der Maler Julian Fichtner – einst als Genie gefeiert – steht am Ende seiner Künstlerkarriere. Gescheitert sind seine Träume von Ruhm und Freiheit. Nun arbeitet er an einer Korrektur einmal getroffener Entscheidungen. In Arthur Schnitzlers Gesellschafts- und Generationendrama „Der einsame Weg“ zieht dieser Entschluss auch das Leben seiner Freunde, des Akademieprofessors Wegrat (Stephan Benson) und des todkranken Dichters Stephan von Sala (Dirk Ossig) in Mitleidenschaft.
Am Ernst-Deutsch-Theater entfaltet die feinfühlige Inszenierung des Klassikers enorme Sogwirkung. Regisseur Antoine Uitdehaag präsentiert feinstes, psychologisch-realistisches Schauspielertheater, das es dem Publikum leicht macht, sich einzufühlen. Spiegeln die Figuren doch auch Aspekte unseres eigenen Wesens.
Großartig: Christian Nickel als selbstmitleidiger Exzentriker
Lieber mit einer Lebenslüge leben als Verantwortung für eine Familie zu übernehmen: Aus purem Egoismus verließ Fichtner vor mehr als 20 Jahren seine schwangere Freundin Gabriele (Ulrike Knospe). Sie heiratete daraufhin seinen Jugendfreund Wegrat, der nicht die leiseste Ahnung hatte und Felix (Lennart Hillmann) als seinen eigenen Sohn groß zog.
Nach Gabrieles Tod nun kehrt Fichtner – großartig: Christian Nickel in der Rolle des selbstmitleidigen Exzentrikers – zurück nach Wien, um mit seiner Vergangenheit aufzuräumen und Felix reinen Wein einzuschenken. Der junge Offizier jedoch wendet sich nach Enthüllung der Wahrheit von seinem leiblichen Vater ab…
Ein Genuss – und noch bis zum 31. Mai zu sehen
Das wunderbare Schauspielerensemble, zu dem auch Oliver Warsitz, Linda Stockfleth und Katharina Abt zählen, zeichnet das Bild einer Gesellschaft, in der sich Menschen auf vielerlei Wegen in die Einsamkeit manövrieren: Aus egoistischem Streben nach Selbstverwirklichung, aus Scheu sich zu binden oder Verantwortung zu übernehmen… Großes, auf tiefer Menschenkenntnis basierendes Theater. Sich darauf einzulassen – ein Genuss!
Ernst-Deutsch-Theater: bis 31.5., diverse Uhrzeiten, 24-44 Euro