Sie sitzt auf der Bühne auf roten Treppenstufen
  • Eine Wucht: Katharina Schüttler in 
„Prima Facie“ an den Kammerspielen
  • Foto: Bo Lahola

Eine Wucht: Katharina Schüttler in „Prima Facie“ an den Kammerspielen

Sie hat es geschafft: Aus einfachsten Verhältnissen steigt Tessa Ensler in den Juristen-Olymp Londons auf. Vergewaltiger verteidigt sie erfolgreich, indem sie Zeugen und Opfer unglaubwürdig macht. Bis zu jenem Tag, als sie selbst einen sexuellen Übergriff erlebt … An den Kammerspielen wurde das Drama „Prima Facie“ gefeiert, mit Standing Ovations für Katharina Schüttler in einem zweistündigen Monolog.

In der Inszenierung von Milena Mönch übernimmt Schüttler sämtliche Rollen: die ihrer Mutter und Brüder, der Studienkollegen, Richter, Staatsanwälte, aber vor allem spielt sie jene für ihre trickreichen Kreuzverhöre gefürchtete Anwältin Ensler. Mit einem attraktiven Kollegen ihrer Kanzlei hat sie mehrfach Sex – und ausgerechnet der vergewaltigt sie unmittelbar nach einem „einvernehmlichen Geschlechtsverkehr“, wie es im Juristendeutsch heißt. Soll sie ihn anzeigen und damit seine und ihre Karriere zerstören? Sich als Opfer outen, das im Zeugenstand Fangfragen abwehren muss? Sie riskiert es, weil sie hofft, dass die Gerechtigkeit siegt.

Standing Ovations für Katharina Schüttler

Das mehrfach ausgezeichnete Stück der Autorin und Juristin Suzie Miller seziert die von Männern gemachte Rechtslage im Vergewaltigungsfall: Eine Frau soll sich präzise erinnern, wo ihre Beine waren und mit welcher Hand sie sich gegen den Körper des Angreifers wie lange verteidigte.

Fazit: Zwischen einvernehmlichem Sex und gewaltsamem Übergriff existiert ein schmaler Grat, der kaum nachzuweisen ist. Und für den Täter gilt die Unschuldsvermutung, während es den Verteidiger eines Vergewaltigers überhaupt nicht interessiert, ob er die Tat begangen hat. Der Titel „Prima Facie“ – „dem ersten Anschein nach“ – will sagen: Solange es den geringsten Zweifel am Tathergang gibt, kommt der Täter frei. Tessa Enslers letzte Worte: „Es muss sich etwas ändern!“

Kammerspiele: bis 6.3., 19.30 Uhr, So 18 Uhr, Hartungstr. 9-11, 14-46 Euro, Tel. 413 34 40

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