„Hamburgs Juden werden im Stich gelassen“: Harsche Kritik an Kampnagel-Auftritt
In der Kulturfabrik Kampnagel will eine Veranstaltung die Klimakrise aus künstlerisch-aktivistischer Perspektive beleuchten. Zum Auftakt am Donnerstag soll die britisch-somalische Klimaaktivistin Zamzam Ibrahim sprechen, die in der Vergangenheit durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist. Hamburgs Antisemitismusbeauftrager übte scharfe Kritik: Weder Kampnagel noch die Kulturbehörde dürften weiterhin wegschauen. Die Kampnagel-Intendantin kündigt an, bei „erheblichen Störungen“ die Veranstaltung abzubrechen.
Unter dem Motto „How Low Can We Go“ legt das Kulturzentrum an der Jarrestraße (Winterhude) drei Tage lang den Fokus auf Klimagerechtigkeit und Klimaaktivismus. Gefördert wird das Programm durch den Elbkulturfonds der Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Zum Auftakt hält Zamzam Ibrahim, Beraterin der Vereinten Nationen und Klimaaktivistin aus Großbritannien, einen Vortrag.
Kritik an Vortrag in Hamburg: „ausgewiesenen Antisemitin“
Ibrahim sei in der jüngeren Vergangenheit vor allem auch durch Antisemitismus aufgefallen, kritisierte Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel in einer Mitteilung. „Zamzam Ibrahim ist eine ausgewiesene und vehemente BDS-Vertreterin, die mit ihren Ansichten (…) offensiv antisemitische Positionen vertritt, die das Existenzrecht Israels verneinen“, sagte er. „BDS“ steht für „Boykott, Desinvestition und Sanktionen“ und ist eine Bewegung, die sich gegen Israel richtet.
„Die Geschichte wird sich an diejenigen erinnern, die sich auf die Seite des Unterdrückers gestellt und die Unterdrückten ignoriert haben. Die Gerechtigkeit liegt bei Gott, aber der Widerstand liegt in unseren Händen“, zitierte Hensel in einer Mitteilung aus einem X-Posting Ibrahims vom 9. Oktober – zwei Tage nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel. Dem iranischen Regime-Fernsehsender PressTV soll Ibrahim im Dezember gesagt haben, dass zur Klimagerechtigkeit der „Aufruf zur Beendigung des Völkermordes in Palästina“ gehöre.
Das könnte Sie auch interessieren: Streit um Antisemitismus-Bekenntnis für Künstler: was Hamburg plant
Zamzam Ibrahim müsse vor diesem Hintergrund wieder ausgeladen werden, forderte Hensel von Kampnagel und der Kulturbehörde. „Der Kultursenator kommt seiner Verantwortung nicht nach und lässt zu, dass einer ausgewiesenen Antisemitin auf Kampnagel eine Bühne geboten wird. Während Tausende in Hamburg gegen Rechtsextremismus auf die Straßen gehen, werden Jüdinnen und Juden in dieser Stadt im Stich gelassen“, sagte Hensel.
Kulturbehörde: „Antisemitischen Äußerungen muss widersprochen werden“
Diesen Vorwurf wollte sich die Kulturbehörde nicht gefallen lassen. „Den antisemitischen Äußerungen von Zamzam Ibrahim muss mit aller Entschiedenheit widersprochen werden“, hieß es auf MOPO-Anfrage. Die Kritik an der Einladung sei gerechtfertigt und Kultursenator Carsten Brosda (SPD) habe sich umgehend an Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard gewandt.
Brosda hätte „gerne das direkte Gespräch mit Kampnagel und dem Antisemitismusbeauftragten geführt, bevor weiter öffentlich teils falsche Behauptungen verbreitet werden, die uns in der Sache, geschlossen und entschieden dem Antisemitismus entgegen zu treten nicht weiterhelfen“. Sein Gesprächsangebot gelte weiter.
Am Montagabend äußerte sich auch Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard gegenüber der MOPO: „Ibrahim ist nicht eingeladen, um zu der Situation in Israel/Palästina Stellung zu beziehen. Nach Rücksprache hat sie bestätigt, dass sie sich wie vereinbart auf das Thema Klimagerechtigkeit konzentrieren und nicht zum Krieg in Nahost sprechen wird.“ Ibrahim habe zudem auf Nachfrage bestätigt, dass sie den Anschlag der Hamas klar verurteile.
Amelie Deuflhard versichert: „Kampnagel positioniert sich deutlich gegen Antisemitismus. Und Kampnagel verurteilt entschieden den Terroranschlag der Hamas. Was wir garantieren können: wenn diskriminierende Aussagen jeglicher Art fallen, werden wir intervenieren. Ein Awareness-Team wird eingesetzt und konkrete Absprachen und Maßnahmen sind getroffen, um die Sicherheit aller zu garantieren.“
Das könnte Sie auch interessieren: Warum ausgerechnet in Winterhude die meisten Rassismus-Straftaten angezeigt werden
Man behalte sich vor, die Veranstaltung abzubrechen, falls es zu „erheblichen Störungen“ komme und antisemitische oder rassistische Aussagen fielen, die mit dem Selbstverständnis von Kampnagel nicht vereinbar seien, so Deuflhard.