Roland Kaiser

Ausverkaufte Tourneen, zahlreiche Preise, Gold und Platin für seine Alben: Roland Kaiser zählt zu den ganz Großen in der Schlagerwelt. Foto: Paul Schirnhofer

Roland Kaiser: „Ich denke über das Ende nicht nach“

Der Mann ist ein Phänomen: Seit mehr als 50 Jahren ist Roland Kaiser im Geschäft, hat über 90 Millionen Tonträger verkauft und füllt mit seinen Konzerten die größten Hallen. Gerade hat der 72-Jährige sein neues Album mit dem programmatischen Titel „Marathon“ veröffentlicht. Darauf präsentiert sich der Sänger so facettenreich wie selten, von der Ballade bis zur Polka ist alles dabei. Und auf Tour geht er auch wieder. Im Interview spricht Roland Kaiser unter anderem über die neuen Lieder, Liebe und die Jugend.

MOPO: Herr Kaiser, war es Ihr Plan, „Marathon“ zu so einem musikalisch und inhaltlich breit gefächerten Album zu machen?

Roland Kaiser: Ja, ich habe versucht, so viele unterschiedliche musikalische Richtungen abzubilden wie möglich. Und dass wir „Achtung und Respekt“ nicht auslassen. Dieses Lied wurde mir im vergangenen Sommer angeboten. Da wusste noch niemand, dass die Regierungskoalition scheitern würde. Das Stück ist ein Appell an uns alle, unsere Gegenüber mit Respekt und mit Anstand zu behandeln.

Sie sind Sozialdemokrat. Wie intensiv verfolgen Sie das politische Geschehen?

Natürlich sehr intensiv. Und ich denke immer wieder, dass die Politiker ihr Gegenüber so behandeln sollten, wie sie wünschen, selbst behandelt zu werden. Das würde ja schon reichen.

Sie spielen in der deutschsprachigen Musikwelt seit mehr als 50 Jahren eine tragende Rolle. Wie haben Sie es geschafft, so lange durchzuhalten?

Alle, die wir in diesem Beruf beginnen, wissen nicht, ob wir einen Sprint hinlegen, einen Mittelstreckenlauf oder gar einen Marathon. Die Entscheidung trifft das Publikum. Ich bin dankbar und glücklich darüber, dass ich einen Marathon laufen darf. Und dass mir dieser Lauf – bis hierher und hoffentlich noch weiter – gewährt wurde von meinem Publikum. 

Live begeistert Roland Kaiser regelmäßig Tausende Fans. Frank Embacher
Roland Kaiser auf der Bühne bei einem Konzert.
Live begeistert Roland Kaiser regelmäßig Tausende Fans.

Treiben Sie selbst Ausdauersport?

Ich mache täglich eine Stunde Sport zu Hause in Münster in meinem Fitnessraum. Dort trainiere ich am Rudergerät, auf dem Laufband und dem Fahrrad. Auch da muss man Durchhaltevermögen haben. Und das habe ich, generell. Dinge zu Ende zu bringen, halte ich für eine Tugend, die wichtig ist.

Wobei das Schöne an Ihrer Karriere ja ist, dass sie kein Ende kennt, oder?

Ich denke über das Ende nicht nach. Ich bin gesund, und mir macht mein Beruf großen Spaß. Solange Zuschauer in meine Konzerte kommen, muss ich nicht darüber nachdenken, diesen Beruf aufzugeben.

Es scheint sogar, als würden immer mehr Menschen von Roland Kaiser angezogen. Das letzte Album war auf Platz eins, die meisten Konzerte sind ausverkauft. Wie gelingt es Ihnen, die Leute zu locken?

Indem ich das, was ich tue, so tue, dass die Menschen es mir abnehmen. Sie sehen, wie viel Freude mir meine Auftritte machen und dass ich ihnen keine Rolle vorspiele. Besonders schön finde ich, dass auch so viele junge Menschen kommen. In den Konzerten stehen Leute zwischen 18 und 80, und das ist für mich ein großes Geschenk.

Was fasziniert junge Menschen an Ihnen? Sind es die Lieder, ist es Ihre Persönlichkeit, das Gesamtpaket?

Meine Tochter ist 25. Sie sagte mal zu mir, dass ihr und ihrer Generation gefällt, dass ich mich nicht anbiedere. Ich stehe nicht mit Jeans und T-Shirt auf der Bühne, sondern selbst bei 35 Grad im Dreiteiler mit Krawatte. Sie meint: „Du verlässt dich nicht“. Es kann gut sein, dass die Menschen das mögen, wenn man verlässlich erscheint und nicht immer versucht, irgendwelchen Strömungen nachzueifern.

Kaiser mit seiner Tochter Annalena imago/Sven Simon
Kaiser mit seiner Tochter Annalena
Kaiser mit seiner Tochter Annalena

Trotzdem muss man offen sein.

Ja, natürlich. Klar. Nicht zuletzt wenn man Kinder hat, muss man aufgeschlossen sein für neue Entwicklungen. Da muss man mitmachen, sonst bleibt man stehen.

Im Lied „Was aus euch wird“ singen Sie über Ihre Kinder und darüber, wie schnell die Jahre vergangen sind.

Hinter dem Lied steckt der Gedanke, was unseren Kindern passiert. Gehen sie ihren Weg? Wir Älteren sollten mehr Vertrauen in die Jugend investieren. Zu behaupten, dass die jungen Leute alle faul sind und nicht arbeiten wollen, ist nicht richtig. 

Also tut man jungen Menschen Unrecht, wenn man lästert, dass sie erst wissen wollen, wie viele Yogastunden der Arbeitgeber ihnen pro Woche bezahlt, bevor sie den Vertrag unterschreiben?

Das ist nicht fair. Die Behauptung, dass die Jugend faul ist und keinen Respekt vor dem Alter hat, kam schon von Sokrates. Es ist keine neue Erkenntnis, dass diese Ansicht grundfalsch ist. Ich bin Kuratoriumsvorsitzender der Solidarfonds-Stiftung NRW, und wir haben einen Preis ins Leben gerufen: Schulklassen schicken uns ihre sozialen Projekte, und wir haben unglaublich viele und sehr gute Vorschläge bekommen. Als ich 14, 15, 16 war, hatte ich nicht annähernd so eine soziale Kompetenz entwickelt wie die Jugend heute. Also, dieses pauschale Verneinen der Qualitäten der Jugend ist einfach nicht klug.

Wie waren Sie drauf als Teenager? Hatten Sie denn früh den Ehrgeiz, es als Sänger zu schaffen?

Nein. Ich habe zwei Lehren gemacht, habe ganz normal gearbeitet in einem Autohaus und bei der Post, und bin der Musik erst 1973 begegnet, da war ich 21. Meine ersten drei, vier Singles haben damals keinen Menschen interessiert. Dann kam 1976 mein erster Chart-Erfolg. Ich beschloss, es mit der Musik zu riskieren. Dass das dann so lange geht, hätte ich mir nie träumen lassen.

„Länger als gedacht“ handelt allerdings nicht von Ihrer Karriere, sondern von einer Affäre, aus der Liebe wird. Ich war überrascht, dass Sie den Begriff „Freundschaft plus“ kennen.

Den hat der Texter gekannt (lacht). Ein sehr schönes, einfallsreiches Lied. Musikalisch ist es ein Country-Song, das habe ich nicht oft gemacht. Mich freut sehr, wie gut das funktioniert.

Im Text zu „Länger als gedacht“ lernen sich zwei Menschen kennen, erst ist es unverbindlich, dann passt es aber doch …

Das passiert ja vielen, dass sie sich kennenlernen und denken „Na ja, für eine Nacht vielleicht“, und dann stellen sie fest, dass es doch ganz schön ist. Und so entwickelt sich das dann. Eine sehr menschliche Situation, wie ich finde.

Ist Ihnen Vergleichbares schon mal passiert?

Nicht in der Dimension. Bei meiner Frau und mir hat es nach dem Kennenlernen zwar auch etwas gedauert, aber bei uns war mir von Anfang an sehr klar, dass ich das gerne aufrechterhalten möchte (lacht).

In „Liebe darf das“ singen Sie: „Dieses Frauenzimmer bringt mich um.“

Die Liebe existiert ja in den verschiedensten Formen, auch in der verzehrenden, stark verlangenden Form. Offensichtlich hat der Texter dieses Liedes solch eine Situation mal erlebt.

Das Wort „Frauenzimmer“ klingt nach 19. Jahrhundert.

Und trotzdem finde ich es cool. Hier passt es einfach. Das Frauenzimmer in diesem Song hat dieses Verführerische, dieses absichtlich Verführende.

Stichwort Verführung: „Auf den Dächern der Welt“ begleitet ein Paar an einen ungewöhnlichen Ort, an dem es sich der Lust hingibt.

Die beiden wollen mal ausbrechen und suchen sich fantasievolle Plätze, an denen sie sich gegenseitig verführen können. Ich habe ja immer schon gesagt, dass das Thema Zweierbeziehung sich für mich nicht auf einen Spaziergang am Strand beschränkt. In der Regel kommen sich Menschen näher, und das ist dann eher mein Thema als der Strandspaziergang.

Sind Sie selbst ein Verführer?

Nein.

Nein?

Nein (lacht).

Sie haben den Rosenstolz-Hit „Liebe ist alles“ neu aufgenommen. Ist die Liebe denn wirklich alles?

Ich glaube, dass man Dinge, die man liebt, nicht zerstört. Das kann eine Beziehung sein, aber auch die Beziehung zur Welt. Was ist Lebensqualität? Saubere Luft, sauberes Wasser. Und nicht das dritte Auto vor der Tür. Deswegen sollten wir die schönen Dinge unseres Landes und unseres Lebensraums erkennen und wahren und schützen. Ich denke, Liebe per se, zu Menschen und zur Welt, kann viele Probleme lösen. Die Liebe ist eine große Triebfeder, keinen Unfug zu machen.

Sie starten bald zur Tournee. Haben Sie sich für die Konzerte etwas Besonderes einfallen lassen?

Wir werden natürlich neue Lieder spielen, bei den Open-Air-Konzerten freue ich mich besonders auf einen Song wie „Was heut passiert“, weil der so schön sommerlich in einen Tango übergeht. Und bei den Arena-Konzerten werden wir eine neue Bühne haben – von derselben Firma, die auch die Bühne für die Abba-Show „Voyage“ in London gebaut hat. Das wird imposant.

Ist so eine Avatar-Show wie von Abba irgendwann auch mit Roland Kaiser vorstellbar?

Ich weiß, was diese Show gekostet hat (lacht). Der deutschsprachige Markt wäre dafür sicherlich viel zu klein.

Konzerte: 9. und 10.5., 19.30 Uhr, Barclays-Arena, Karten ab 89,90 Euro

Album: „Marathon“ (Sony Music)

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test