Unheimlich, abgründig, perfide: Eine „Falsche Schlange“ fesselt das Publikum
Welch unerwarteter Empfang! Kaum zurück im Elternhaus, muss sich Annabel gegen einen Erpressungsversuch zur Wehr setzen. Im heruntergekommenen Garten mit angrenzendem Tennisplatz lauert bereits Krankenpflegerin Alice. Mit einer ungeheueren Nachricht: Annabels enterbte Schwester Miriam ist eine Mörderin! Mit einer Medikamenten-Überdosis hat Miriam den bösartigen Vater der beiden um die Ecke gebracht. 100.000 Pfund verlangt die Pflegerin für ihr Schweigen…
An der Komödie Winterhuder Fährhaus macht Alan Ayckboruns „Falsche Schlange“ die Bühne zum Schauplatz eines wahren Alptraums. In Atem gehalten werden die Zuschauer durch die Versuche der Schwestern, nicht nur ihre Erpresserin loszuwerden, sondern – um endlich innere Fesseln zu sprengen – auch die Gespenster der Vergangenheit. Doch lassen sich Erinnerungen an traumatische (Missbrauchs-)Erlebnisse in der Kindheit wirklich abstreifen wie die alten Körperhüllen einer Schlange?
Der packende Psychothriller vom Altmeister bitter-grotesker Boulevardkomödien ist gespickt mit Schockmomenten, falschen Fährten, überraschenden Wendungen und hintersinniger Gesellschaftskritik.
Gruseleffekte und Klamauk
TV-Star Gerit Kling („Notruf Hafenkante“) – sie spielt die herzkranke Annabel als herrische, knallharte Geschäftsfrau – inszenierte den Machtkampf der ungleichen Schwestern mit Gruseleffekten, Käuzchenrufen und seltsamen Geräuschen bisweilen derart ins Klamaukhafte zugespitzt, dass er auch zum Lachen reizt.
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Eine Wucht und allen voran mit Zwischenapplaus und großem Beifall bedacht: Mackie Heilmann, die wunderbar nuanciert die tiefseelischen Verletzungen und Launen der gegängelten, „dummen“ Miriam auslotet – anfangs urkomisch als verängstigte Heulsuse, die ihre sich überlegen fühlende große Schwester anfleht, sie vor der geldgierigen Alice (energisch: Astrid Rashed) und damit vor der Polizei zu retten.
Komödie Winterhuder Fährhaus, bis 22.10., Karten 25 bis 39,50 Euro, Tel. 480 680 80