Viel Leere und Langweile im Thalia: Avatare im Nebel
Der japanische Regisseur Toshiki Okada bastelt uns im Thalia in der Gaußstraße eine rätselhafte Parallelwelt: Wer von uns fühlt sich nicht bisweilen überfordert von den Zumutungen des modernen Lebens, zwischen analogen Pflichten (Arbeit, Kinder, Beziehungen) und digitaler Reizüberflutung (Breaking News, Social Media, konstante Erreichbarkeit)? Dafür bietet Regisseur Toshiki Okada nun eine Exit-Strategie: Seine Figuren finden sich in einer neuen Welt wieder: „No Horizon“.
Die fünf Akteur:innen sind Avatare ihres früheren Ichs in der „Welt dort drüben“ (also der unsrigen), und dürfen ihr Aussehen, ganz wie in einem Computerspiel, selbst wählen. Sie präsentieren sich als Pflanze, als siebendimensionale Frisur ohne Körper oder ganz formlos, also unsichtbar.
Im Spiel auf der Bühne ist das eine bloße Behauptung, das Ensemble ist in norm-menschlicher Gestalt aktiv. Den größten Verfremdungseffekt bilden die Gesten, mit denen sie ihre Worte untermalen, eine Art unterstützende Gebärdensprache. Die Neu-Bürger:innen von „No Horizon“ freuen sich wie Bolle, auf dieser vermeintlichen Insel der Glückseligkeit gelandet zu sein. Dann begeben sie sich auf die Suche nach der Schöpferin dieses komischen Kosmos, der eigentlich auch nur aus Bits & Bytes besteht.
Nebel verhüllt Sinn und Zweck
Bodenschwerer Nebel quillt während der 90-minütigen Inszenierung über die Spielplatz-Bühne und verhüllt dabei gleichermaßen den tieferen Sinn und Zweck des Stücks. Okada weiß, wie er Stimmungen von einer Realität erzeugt, deren Achse verrutscht ist (Landsmann Murakami lässt grüßen), doch hier läuft das Experiment trotz einiger schauspielerisch toller Momente in Leere und Langeweile.
4., 12., 23.12., Thalia in der Gaußstraße, Karten 28 Euro, Tel. 32 81 44 44