Was für ein Zirkus! „Asche“ begeistert am Thalia in der Gaußstraße
Elfriede Jelinek ist noch nie eine Unterhaltungsschriftstellerin gewesen. Ihre Werke sind Textarbeit, für sie selbst sowieso. Allerdings auch für ihr Publikum. Was sich auf dem Papier beim Nachfassen vielleicht erschließt, lässt sich im Theater bisweilen nicht so leicht einfangen und flattert davon. Das hat durchaus Methode. Jetzt hatte „Asche“ im Thalia in der Gaußstraße Premiere.
„Asche“ gehört selbst im Jelinek-Universum nicht zu den Stücken, die sich am einfachsten erschließen oder dechiffrieren lassen. Worum also geht es? Vor allem um den prekären und zerbrechlichen Zustand der Welt. Kurz: Die Lage ist bescheiden. Die vier wesentlichen Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft haben hier die Sprechrollen, und sie ringen mit sich und Gott, mit der Schöpfung und ihrer Zerstörung, und irgendwann auch mit der menschlichen Seele.
„Asche“: Es geht um den plötzlichen Verlust des Partners
Außerdem dreht sich vieles um den Tod. Jelinek verarbeitet darin die Leere nach dem plötzlichen Verlust ihres Ehemannes. Das Schicksal der Welt und die persönlichen Gefühle, es sind Zwillingsthemen. Um dem Ganzen auf der Bühne des Thalia in der Gaußstraße eine Form zu geben, greift Hausregisseurin Jette Steckel dem schweren Text mit Bilderpracht und Poesie unter die Arme: Willkommen im Zirkus Jelinek!
In der Mitte dreht sich eine gräserne Bühne und das Publikum wird an ihren vier Seiten platziert. Das Ensemble (Franziska Hartmann, Björn Meyer, Barbara Nüsse, Jirka Zett) spricht die meist traurigen, düsteren, suchenden Sätze mal miteinander, mal durcheinander, mal chorisch. Der Clou an der Inszenierung ist die Mitwirkung von sieben Kindern und Jugendlichen aus dem Kinderzirkus Zartinka. Sie verleihen den mitunter sperrigen Wortkaskaden eine schöne Leichtigkeit. Wobei die Mädchen und Jungs echt starke Leistungen zeigen, besonders bei diversen Hängeeinlagen an einem Stangenkubus oder einem Ring.
Zudem purzeln und toben sie über das Spielfeld, balancieren auf einem großen Ball, marschieren im Handstand den Erwachsenen hinterher, wirbeln leuchtende Hulahoops und jonglieren minutenlang zur effektvollen Livemusik von Matthias Jakisic. Ist das nun ein unpassender Kontrast oder eine glückliche Fügung? In jedem Fall macht es die rund 100-minütige Inszenierung verdaulicher. Der Zustand der Welt ist schlimm genug – wie schon die Jelinek sagte … (kam)
Thalia in der Gaußstraße: 17./21.1., 9./18.2., diverse Uhrzeiten, 28 Euro, Tel. 32 81 44 44