Einfach mal groß denken: „Blow Up“ – Deichtorhallen zeigen riesige Gemälde
Mal ehrlich, wann waren Sie nach dem Besuch einer Ausstellung so richtig hin und weg? Die Kunst leidet an Mittelmäßigkeit. Vieles hat man schon gesehen. Oft kreist sie um sich selbst. Aber manchmal ist es doch ganz anders. Wie jetzt in den Deichtorhallen, wo der Schweizer Künstler Franz Gertsch in der Schau „Blow Up“ präsentiert wird.
1972 hatte der 2022 verstorbene Künstler mit seiner fotorealistischen Malerei seinen ersten großen Auftritt bei der „documenta 5“. Und bis heute nimmt er uns den Atem: riesige Bilder, Malerei und Holzschnitte, die uns in einer andere Welt versetzen. Vor allem die Arbeiten aus den 70er und 80er Jahren ziehen uns bis heute in ihren Bann.
Titel spielt auf Kultfilm von Michelangelo Antonioni an
Gertsch hat Patti Smith, Luciano Castelli oder auch die Rolling Stones gemalt – Bilder, an denen der Künstler bis zu zwei Jahren arbeitete. Seine Holzschnitte auf handgeschöpftem Papier entstanden seit 1986 – nach einer Japan-Reise. Auch sie riesig (!), strecken die Betrachtenden förmlich nieder. Die retrospektive Ausstellung erinnert an einen Künstler, der in einer Zeit des Aufbruchs erfolgreich wurde, mit Bildern, welche die Wirklichkeit in ein Kunstwerk verwandeln.
- Franz Gertsch AG „Johanna I“ heißt dieses Gemälde aus den 80er Jahren. Es misst 3,30 x 3,40 Meter.
- Franz Gertsch AG / Balthasar Burkhard Franz Gertsch beendete „Johanna I“ im Jahr 1984.
Der Ausstellungstitel spielt natürlich auf „Blow Up“ an, auf den Klassiker von Michelangelo Antonioni: ein Kultfilm, der wie kaum ein anderer den Geist der Zeit zu Filmkunst verdichtete und der sich auch mit der Frage nach dem Wahrheitsgehalt des fotografischen Bildes auseinandersetzt.
Ein Must-see mit großen Fragen an die Kunst
Und das ist auch eine große Frage von Franz Gertsch: Wie der Fotograf im Film (der besessen in der Dunkelkammer arbeitet, um durch immer größere Blow-ups das Bild dechiffrieren zu können) zeigt uns auch die Kunst von Gertsch: Wir kommen der Wahrheit nicht näher, sondern – im Gegenteil – wir entfernen uns von ihr.
Das könnte Sie auch interessieren: Das ist Geschichte zum Gruseln: MOPO-Fotos in „Lost Places“-Ausstellung
Das so Großartige an dieser Schau ist: Hier werden die ganz monumentalen Fragen der Kunst in vibrierende, poetische Schönheit verwandelt. Must see! (mp)
Deichtorhallen: bis 4. Mai, Di-So 11-18 Uhr, jeden 1. Donnerstag im Monat bis 21 Uhr, 14 Euro, deichtorhallen.de
Dieser Tipp kommt aus Plan7, der Kultur- und Veranstaltungsbeilage in der neuen WochenMOPO (jeden Freitag neu am Kiosk, hier im günstigen Kennenlern-Abo). Plan7 – das sind 28 Seiten voller Kultur und Inspiration für Ihre Freizeit: Kultur-Tipps für jeden Tag der Woche, Tipps für Gastro-Fans und für Hamburg- und Umland-Entdecker. Dazu gibt’s Interviews und Verlosungen für Konzerte, Lesungen, Shows und mehr.