Armin (r.) und Moritz Morbach, beide sind ganz in Schwarz gekleidet, Armin trägt zusätzlich ein schwarzes Baseball-Cap und eine Brille mit schwarzem Gestell.
  • Armin (r.) und Moritz Morbach zeigen ihre Arbeiten jetzt in der Galerie Roschlaub in Pöseldorf.
  • Foto: Ariel Oscar Greith

Hamburger Künstler-Paar: „Der Teufel liegt gerne im Detail“

Der eine macht Kunst mit der Kamera, der andere macht Kunst aus Legosteinen – in der Galerie Roschlaub kommen sie jetzt zusammen: In der Doppelausstellung „Blickwinkel“ präsentieren Stylist Armin Morbach (bekannt auch aus der ersten „Germany’s Next Top Model“-Staffel) und sein Mann Moritz Morbach ihre Arbeiten. Ein Gespräch über Ästhetik und den Reiz des „Nicht-Schönen“. 

MOPO: Armin, Sie sind Stylist, Visagist, Magazin-Chef und Fotokünstler – in allen Berufen geht es um Ästhetik. Was ist „schön“ für Sie? Und hat auch das Nicht-Schöne für Sie einen Reiz?

Armin: Für mich ist Schönheit ein vielschichtiges Konzept. Es geht um Harmonie, Emotionen und die Fähigkeit, eine Reaktion hervorzurufen. Das Nicht-Schöne, also die Abweichung von den Gesetzen der Harmonie, hat definitiv seinen Reiz, weil es oft eine tiefere, rohere Geschichte erzählt und eine andere Perspektive auf das Leben bietet. Besonders aus letzterem, den Disharmonien der Ästhetik, habe ich mich in den letzten 35 Jahren meiner Karriere oft bedient. Es ist die Spannung zwischen diesen Extremen, die mich ständig begleitet.

Moritz, wie ist das bei Ihnen? Sie waren Berufsschullehrer, sind erst vor einigen Jahren zur Kunst gekommen und arbeiten mittlerweile als Geschäftsführer im gemeinsamen Betrieb mit Armin. Was ist für Sie Schönheit?

Moritz: Für mich liegt die Schönheit in der Authentizität und der Einzigartigkeit eines Objekts oder einer Situation. Als Lehrer habe ich gelernt, den Wert in kleinen, alltäglichen Dingen und der Vermittlung von Bildung zu sehen. In der Kunst finde ich Schönheit in der Einfachheit und in den Geschichten, die die Materialien erzählen, mit denen ich arbeite.

Wie kam es, dass Sie zur Kunst gewechselt sind – und seitdem mit Lego-Steinen arbeiten? Was begeistert Sie daran?

Moritz: Der Wechsel zur Kunst war für mich ein Weg, meine Kreativität auszudrücken und einen Ausgleich zum Lehrberuf zu finden. Lego-Steine bieten eine unendliche Vielfalt an Möglichkeiten. Ihre Struktur und Farbpalette ermöglichen es mir, komplexe Konzepte auf eine spielerische und zugängliche Weise darzustellen. Es ist die kindliche Freude am Bauen und gleichzeitig die Herausforderung, etwas Bedeutungsvolles zu schaffen, die mich begeistert.

Eine Skulptur aus Legosteinen: „Troya“ von Moritz Morbach Moritz Morbach
Eine Skulptur aus Legosteinen
Eine Skulptur aus Legosteinen: „Troya“ von Moritz Morbach

Armin und Moritz, Sie stellen in Hamburg jetzt gemeinsam aus. Wie ist es, so ein Projekt zusammen auf die Beine zu stellen? Wird da über die Werkauswahl diskutiert, über die Hängung und das richtige Licht? Arbeiten Sie Hand in Hand? Oder geht es da auch mal zur Sache?

Armin: Ein gemeinsames Projekt wie dieses ist immer eine spannende Herausforderung. Natürlich gibt es Diskussionen über die Realisierung. Ich bin wahnsinnig perfektionistisch und Moritz mindestens genauso. Aber genau diese Diskussionen sind es, die das Projekt lebendig machen. Wir schließen schnell Kompromisse in der Zusammenarbeit, weil wir beide das Beste aus der Ausstellung herausholen wollen.

Moritz: Absolut, es gibt viel Austausch und auch mal unterschiedliche Meinungen – wie in jedem Lebensbereich. Aber gerade das macht die Zusammenarbeit so produktiv. Wir ergänzen uns gut, weil wir unterschiedliche Perspektiven und Stärken mitbringen. Das Ziel ist immer, ein stimmiges Gesamtbild zu schaffen, das sowohl unsere individuellen Werke als auch die gemeinsame Vision widerspiegelt. Da riskiert man auch, dass der Teufel gern im Detail liegt.

Kann es da eine Trennlinie zwischen „Arbeit“ und „Privat“ geben?

Armin: Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen oft, besonders in kreativen Projekten. Aber das ist auch das Schöne daran – unsere gemeinsame Leidenschaft für Kunst bereichert sowohl unsere berufliche Zusammenarbeit als auch unser Privatleben. Wo ein Fluss ist, braucht es keine Grenzen.

Moritz: Ja, es ist schwierig, eine klare Trennlinie zu ziehen. Die Kunst ist ein integraler Bestandteil unseres Lebens, und die Gespräche über unsere Projekte fließen oft in unser persönliches Miteinander ein. Es geht darum, eine Balance zu finden, die für uns beide funktioniert.

„Backwards“ heißt diese Fotografie von Armin Morbach. Armin Morbach
Eine Fotografie zeigt ein abstraktes Motiv einer Spiegelung.
„Backwards“ heißt diese Fotografie von Armin Morbach.

Die Bilder, die ich aus der Ausstellung sehen konnte, zeigen, dass Sie, Moritz, mit Gegenständen arbeiten. Sie, Armin, arbeiten vor allem mit Menschen. Entspricht das Ihren Charakteren? Der eine arbeitet lieber für sich, der andere geht raus und sucht die Begegnung?

Armin: Es ist eher umgekehrt. Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten, ihre Geschichten zu hören und diese in meiner Kunst zu reflektieren. Aber ich brauche auch die Zeit für mich, um meine Batterien aufzuladen – meist fernab des Geschehens.

Moritz: Ich finde Ruhe und Fokus in der Arbeit mit Gegenständen, brauche aber auch den Kontakt im Außen, um mich zu inspirieren. Die meditative Erfahrung während des Handwerks ist der Ausgleich zu dem, was Armin beschreibt. So könnte man sagen, sind meine Energiereserven während des Schaffensprozesses anders gefordert.

Armin und Moritz, was schätzen Sie jeweils an der Kunst des anderen – und wie würden Sie die Arbeiten beschreiben?

Armin: Ich bewundere Moritz’ Fähigkeit, aus simplen Materialien komplexe, bedeutungsvolle Welten zu konstruieren. Seine Arbeiten haben eine klare, reduzierte Ästhetik, die eine starke emotionale Wirkung erzielt. Während ich in meiner Arbeit gern laut und progressiv bin, ist seine Arbeit statischer – aber nicht weniger eindrucksvoll. Ich schätze seine Präzision und die wortwörtliche Dimension seiner Ideen.

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Moritz: Armins Arbeiten sind unglaublich dynamisch und lebendig. Er hat ein erstaunliches Talent dafür, die Essenz eines Menschen einzufangen und diese auf kraftvolle Weise darzustellen. Seine Kunst ist voller Energie und Ausdruckskraft, und ich bewundere seine Fähigkeit, Emotionen, trotz der konstruierten Bühne für seine Darsteller, einzigartig rüberzubringen. Seine künstlerische Diversität reicht von still bis laut.

Galerie Roschlaub: Di-Fr 11-18.30 Uhr, Mittelweg 21

Plan7 WochenMOPO 28. Juni 2024 MOPO
Plan7 WochenMOPO 28. Juni 2024
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