Homer hätte seine helle Freude: Fantastische Neufassung der Odyssee
Was für ein Triumph für Oddo! Am Ohnsorg-Theater wird der Seefahrer zum Helden einer launigen Verwechslungsgeschichte. Denn das ist die „Odyssee“ in Murat Yeginers Neuschreibung des Klassikers. „Oddos See – Eine irre Fahrt“ (frei nach Homer) korrigiert die abenteuerliche Rückkehrergeschichte. Demnach heißt der legendäre Odysseus eigentlich Oddo und ist ein waschechter Friese.
Ihn spielt Jannik Nowak als kernigen Kerl, unter dessen autokratischer Führung die Mitfahrenden nichts zu lachen haben und der es sichtlich auskostet, im Mittelpunkt einer irren Fahrt zu stehen, die fälschlich als die Irrfahrt eines anderen überliefert wurde. Seine List mit dem „Holzschwein“, dank derer seine Mannschaft den Sieg über Troja errang, ist das Gesprächsthema unter den abgekämpften Kriegern, die einen Platz auf dem Floß „Heidi Kabel“ ergattert haben und einfach nur nach Hause wollen.
„Oddos See – Eine irre Fahrt“ im Ohnsorg-Theater
Doch von der Erfahrung der eigenen Macht berauscht, entscheidet Oddo, den griechischen Sprechchor durch eine stimmungsvolle Shanty-Band zu ersetzen und die Götter gleich ganz abzuschaffen. Was ihm die Olympier gewaltig krummnehmen. Meeresgott Poseidon (Dieter Schmitt), dem die Seefahrer das nötige Opfer verweigern, schickt Blitz und Donner, setzt Wind und Wellen in Bewegung, um Oddo fern von Heimat und Familie neuen Abenteuern entgegenzutreiben – in der Höhle des einäugigen Zyklopen (Rabea Lübbe), auf der Insel der liebestollen Zauberin Kirke (gespielt von Ernst-Deutsch-Theater-Chefin Isabella Vértes-Schütter), die alle Männer in Schweine verwandelt …

Ein weiteres Problem: Menschen und Götter (überlebensgroß auf die Medienwand im Bühnenhintergrund projiziert) verstehen einander nicht mehr. So schickt der launenhafte Zeus (Konstantin Graudus) Hermes in Frauengestalt als Übersetzer zu den Platt schnackenden Friesen.
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Mit einem wunderbar spiel- und wandlungsfreudigen Ensemble und überbordendem Einfallsreichtum inszenierte Murat Yeginer selbst die Uraufführung. Entstanden ist ein fantastisches Stück pralles, musikalisches Volkstheater – und mit hintersinnigem Witz und ironischen Anspielungen auf die Gegenwart mehr als die schräge Adaption eines Klassikers.
Ohnsorg-Theater: bis 10.4., div. Termine, ab 40,88 Euro, Tel. 35080321, ohnsorg.de

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