Zwei Stücke, ein begeisternder Abend: „Slow Burn“ an der Staatsoper
Ganz eindeutig hat für das Hamburg Ballett eine neue Ära begonnen: Die zweite Premiere unter John Neumeiers Nachfolger, dem Intendanten Demis Volpi, setzt andere Maßstäbe – und begeistert das Publikum.
„Slow Burn“ (dt. „langsam brennen“) klingt wie ein Angebot: Vom Hamburger Publikum erhofft sich Volpi keine Liebe auf den ersten Blick, sondern eine langsam sich entwickelnde Zuneigung, die stetig an Tiefe gewinnt. Um das zu erreichen, sind die beiden gezeigten Werke perfekt: Die kanadische Choreografin Aszure Barton übernahm den vorgegebenen Titel des Abends sogar für ihre mit dem Ensemble entwickelte Uraufführung, und William Forsythes „Blake Works V (The Barre Project)“ ist ebenfalls kein Stück, das wie der Blitz einschlägt. Und doch hinterlassen beide Werke einen bleibenden Eindruck.
Ein Fest des Tanzes
Bartons „Slow Burn“ wirkt wie ein Ritual aus längst vergangener Zeit, als weise Frauen (noch?) den Ton angaben und eine Gemeinschaft anführten. Silvia Azzoni und Madoka Sugai, zwei wunderbare Erste Solistinnen, ziehen eine große Gruppe von Verbündeten in ihren Bann, verfolgen offenbar das gleiche Ziel – und bleiben sich doch in ihrem unterschiedlichen italienischen und japanischen Temperament treu. Mit dem Publikum reisen sie zurück zu den Anfängen der Menschheit, als man nur als Teil einer Gruppe überleben konnte, sich im Kreis um das lebenserhaltende Feuer versammelte – und gemeinsam tanzte! Ambrose Akinmusires Auftragskomposition klingt wie Filmmusik und schickt Tanzende und Zuschauende durch bedrohliche und hoffnungsvolle Stimmungen.
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Nach der Pause bewegt sich das Hamburger Ensemble vor allem um die Ballettstange. Entstanden ist „Blake Works V (The Barre Project)“ während der Pandemie, als Tanzprofis ihr wichtigstes Trainingsrequisit vermissten: die Stange (engl. „barre“). Forsythe erfand fantastische Möglichkeiten, mit und an der Stange nicht nur routinemäßig bekannte Übungen zu absolvieren, sondern virtuos zu tanzen, ohne sich dadurch eingeschränkt zu fühlen. In rasantestem Tempo kippen, drehen, hangeln, schwingen und rutschen die Tänzer:innen zur Musik von James Blake an der Stange entlang, lösen sich schließlich von deren Unterstützung und finden zu neuer Freiheit im Raum. Beide Werke brauchen keinerlei Bühnenbild, keine Handlung – und erzählen doch so viel Aufregendes über das Tanzen!
Staatsoper: 13./18./19.12. und 7./10./11.1., 19.30 Uhr, Tickets für 7-119 Euro, Tel. 356868
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