Winterzeit ist Wellnesszeit
Was zeichnet den perfekten Hotel-Spa aus?
Gerade in der dunklen Jahreszeit ist ein entspannender und freudvoller Wellnessurlaub sehr beliebt. Die Wellnesshoteltesterin Andrea Labonte erklärt, wie der perfekte Hotel-Spa aussehen sollte, damit sich der Gast maximal erholen kann und ein Wellnessurlaub unvergesslich wird.
Wie sieht der perfekte Wellness Bereich aus?
Der vollkommene Wellnessbereich lässt mich staunen und sorgt für Überraschungen. Er entführt mich in eine ganz eigene Welt. Dabei gibt er mir den nötigen Rahmen für Rückzug und Muße. Er erscheint wie ein eigener kleiner Mikrokosmos, der zum wohligen Cocooning einlädt, mir Stille bietet und mich gleichzeitig beflügelt und mir Inspirationen schenkt. Für mich ist der perfekte Spa ein „locus amoenus“, ein lieblicher Ort, der mit angenehmer Stille und herrlichen Ausblicken betört. Schon beim Betreten sollten alle meine Sinne aufs Positivste angesprochen und überrascht werden. Eine schöne Architektur, ein guter Duft, eine dezente akustische Untermalung, die zum Träumen einlädt, ein angenehmes Licht, all das trägt zum stimmigen Gesamtbild des vollkommenen Wellnessbereiches bei. Der perfekte Hotel-Spa nimmt mich mit auf eine Reise in der sich das Leben leicht und angenehm anfühlt. Er ist ein geschützter Ort an dem ich mich sicher fühle und den Alltag getrost für eine Weile hinter mir lassen kann.
Dabei sollte der perfekte Wellnessbereich auf jeden Fall über Wellness-Basics wie beispielsweise einen etwas kälter temperierten Sport-Pool und einen wärmeren Relaxpool verfügen. Angenehm ist es, wenn ein Wellnesshotel sowohl über einen Indoor- als auch einen Outdoorpool verfügt. Am besten sind beide Pools über eine Schwimmschleuse miteinander verbunden, sodass ich auch im Winter ohne zu frieren in den Genuss komme, nach außen zu schwimmen. Relaxpools werden oft in Form eines Solepools oder eines Whirlpools angeboten. Auch eine Kräuter- und Solesauna, ein Dampfbad, Infrarotliegen und ein Abkühlbecken sind wünschenswert. Dabei kann eine attraktive und einmalige Architektur den Wellnessbesucher gleich zu Beginn für den Hotel-Spa einnehmen. Denn es macht noch mehr Spaß zu entspannen, wenn nicht nur der Ausblick, sondern auch die Umgebung und die Bauweise beruhigend und erdend wirken. Die schönsten Wellnessbereiche, die ich bislang besuchen durfte, haben mich immer auch durch eine eindrucksvolle Architektur und ein stimmiges Interior-Konzept überzeugt. Dabei spielen die Farben und Materialien, die im Spa dominieren, eine maßgebliche Rolle. Liebevoll gestaltete Indoor- und Outdoor-Ruhebereiche zählen ebenfalls zum perfekten Wellness-Setting. Kuschelnester, bequeme Liegen und Daybeds, optimalerweise mit beeindruckender Aussicht, helfen dem Gast auf komfortable Weise zu entschleunigen. Wichtig in den Ruhebereichen ist für mich, dass die Intimsphäre durch eine ausreichende Anzahl an Liegen und viel Raum garantiert ist. Um das Wohlfühl-Erlebnis zu einem wirklichen Spa-Abenteuer zu machen wünsche ich mir auch besondere Spa-Highlights in Form von Sauna-Aufgüssen oder Dampfbad-Peelings. Auch kleine Live-Performances können den Wellness-Tag krönen. So war ich einmal in einem Hotel-Spa zu Gast, in dem ein Drum-Player am Abend bei untergehender Sonne am Infinity-Rooftop-Pool seine Stücke zum Besten gab und somit den Sunset-Moment adelte. Erfrischungen in Form von Tees, Säften und Wasser, aber auch kleine gesunde Snacks wie Fruchtspieße sind außerdem ein willkommenes Add-On im perfekten Wellnessbereich. Manche Wellnesshotels punkten sogar mit eigenen Tee- und Kräuter-Pavillons. Hier werden, auf die individuelle Konstitution des Gastes abgestimmte Tee-Kreationen offeriert. Dabei muss der vollkommene Wellnessbereich nicht gigantisch sein – auch kleine aber feine Hotel-Spas können überzeugen. Allerdings sollte mich ein Wellnessbereich unbedingt durch seine stimmige Architektur, sein Interior-Konzept, durch die gewährten Ausblicke, eine in sich schlüssige Wellness-Infrastruktur und sinnliche Akzente wie z.B. Duft oder Musik überraschen und mir helfen, den Alltag hinter mir zu lassen und in eine eigene Welt des Wohlgefühls einzutauchen.
Wie sieht eine gelungene Anwendung aus?
Die gelungene Wellness-Anwendung findet ihren Auftakt bereits bei der Begrüßung an der Spa-Rezeption. Diese sollte unbedingt während der Öffnungszeiten des Spa besetzt sein. Eine namentliche Begrüßung, bestenfalls mit einem warmen oder kalten Erfrischungstuch und einem Tee zur Einstimmung auf das gebuchte Spa-Ritual bilden einen formvollendeten Auftakt für jede Massage oder Beauty-Anwendung. In hervorragenden Wellnesshotels wird der Gast schon vor der Anreise nach seinen Anwendungs-Präferenzen und seinen Wunschterminen befragt. Denn es ist ratsam, die Anwendungen schon im Vorfeld zu buchen, sonst läuft der Gast Gefahr keinen, der oft begehrten Anwendungs-Termine zu erhalten. Dabei sagt auch das Spa-Menü einiges über die Qualität eines Wellnessbereichs aus. Und nicht immer sind umfangreiche Spa-Menüs ein Garant für hohe Qualität. Denn auch im Spa-Portfolio gilt die Devise: „weniger ist manchmal mehr“. Exotische Anwendungen sollten unbedingt auch authentisch sein und von entsprechendem Fachpersonal realisiert werden. Das gilt gerade auch im Bereich von Ayurveda oder Traditioneller Chinesischer Medizin. Selbstverständlich sollten auch die klassischen Treatments von Therapeuten, Masseuren oder Kosmetikern mit einer entsprechend profunden Ausbildung realisiert werden. Bevor die Anwendung startet, erhält der Gast in guten Wellnesshotels einen Anamnese-Bogen, mit dessen Hilfe Vorerkrankungen, Beschwerden, Allergien, individuelle Wünsche und Präferenzen in Erfahrung gebracht werden. So kann sich der Therapeut optimal auf die bevorstehende Anwendung vorbereiten. Betritt der Gast dann den Anwendungsraum sollte dieser eine ansprechende Atmosphäre ausstrahlen. Ein schönes Blumen-Arrangement auf der Massageliege, Kerzenschein, ein dezenter Duft und eine leise Musik im Hintergrund können zur vollkommenen Erholung beitragen und den Gast auf die Anwendung einstimmen. Idealerweise erkundigt sich der Therapeut beim Gast vor Beginn des Treatments, ob die Temperatur und die Hintergrundmusik in Ordnung sind. In einem hervorragenden Spa hat der Besucher die Möglichkeit, zwischen unterschiedlicher Musik zu wählen. Außerdem lässt sich die Massageliege auf Wunsch beheizen. Vor einer Massage reicht der Therapeut in der Regel einen Einweg-Slip, sodass die Bekleidung des Gastes während der Anwendung nicht mit Öl verschmutzt wird. Beim Umkleiden wartet der Therapeut vor der Tür, gleiches gilt auch für das Ankleiden. Außerdem wahrt ein erfahrener Masseur zu jeder Zeit während der Massage die Intimsphäre seines Gastes. In exzellenten Spas wird der Gast außerdem während der Massage durch den Anblick auf eine Blume, eine schöne Muschel oder ein anderes liebevolles arrangiertes optisches Detail, das sich unterhalb der Massageliege befindet, überrascht. Nach dem Start der Massage sollte sich der Therapeut nach dem Befinden seines Gastes erkundigen und nachfragen, ob der Druck angenehm ist. Und auch bei einer Gesichtsanwendung bleibt die Kosmetikerin mit dem Gast in Kontakt, erklärt auf Wunsch die Abläufe und verwöhnt den Besucher während der Einwirkzeit der Gesichtsmaske mit einer Hand- und Armmassage, in exzellenten Wellnesshotels sogar noch mit einer Fußmassage.
Wann ist ein Wellnessbereich durchgefallen und wann erreicht er eine Bestnote?
Ein Wellnessbereich ist für mich durchgefallen, wenn ich mich dort unwohl fühle, sei es weil es zu laut, zu voll, zu kühl oder zu heiß, nicht gut belüftet, nicht sauber oder phantasielos und nicht liebevoll gestaltet ist. Oft sind es feine kleine Details, die den Unterschied ausmachen und dafür sorgen, dass sich der Gast wohl fühlt. Kerzenschein, ein flackerndes Kaminfeuer, frische Blumen, ein Duft, der den Raum erfüllt, eine kleine Bibliothek, die dem bibliophilen Gast für seine Mußestunden zur Auswahl steht, all das kann der Behaglichkeit eines Spas förderlich sein. Auch schöne Bilder an den Wänden, Aphorismen, die zum Nachdenken anregen oder andere phantasievolle Details können den Aufenthalt im Spa besonders machen. Dabei ist hier der Phantasie der Hoteliers keinerlei Grenzen gesetzt. Genau wie die Aussicht vom Wellnessbereich, die für mich für eine perfekte Spa-Auszeit ebenfalls entscheidend ist. Infinitypools, die scheinbar in die Weiten des Himmels oder des Ozeans schwappen sowie Saunen und Ruheräume mit imposantem Panorama können beim Gast nachhaltig für Wow-Momente sorgen. Überhaupt spielt die Lage eines Spas für mich eine ganz wesentliche Rolle. Wellnessbereiche, die aus Platzgründen im dunklen Souterrain des Hotels ohne Aussicht situiert sind, haben es schwer, gut bewertet zu werden. Die fehlende Möglichkeit, sich zwischen den Wellness-Einheiten mit einer Erfrischung und gesunden Snacks zu stärken, gibt ebenfalls Punktabzug. Ein absolutes No Go ist für mich in einem Spa auch der Kampf um freie Liegen und intime Rückzugsnischen. Zu wenige oder überfüllte Relaxbereiche oder Ruhe-Areale, in denen schlimmstenfalls sogar noch telefoniert oder sich unterhalten wird, führen bei Wellness Heaven automatisch zu einer schlechteren Bewertung in der Kategorie Wellness.
Was ist neben der Spa-Infrastruktur noch bedeutsam für eine gelungene Wellness-Auszeit
Als Wellnesshoteltesterin evaluiere ich auch immer das Aktivitätenprogramm eines Wellnesshotels. Denn der Wellnessbereich eines Spa-Hotels sollte nicht nur zur körperlichen, sondern auch zur mentalen Entspannung beitragen. Dabei umfasst der Wellnessbegriff schon lange nicht mehr nur das passive „Seele baumeln lassen“, sondern sollte dem Gast auch fitnesstechnische und mentale Stimuli mit auf den Weg geben. Bietet ein Wellnesshotel beispielsweise Yoga, Meditationen, geführte Atem-Übungen, Autogenes Training, Qi Gong oder Achtsamkeits-Trainings an? Und wie ist es um die Fitness-Infrastruktur eines Wellnesshotels bestellt? Können Gäste im Hotel-Gym ein intensives Cardio-Training absolvieren und ihre Muskeln gezielt aufbauen? Befindet sich das Gym im Keller oder in einem Licht durchfluteten Raum mit ansprechendem Panorama. Werden Personal Trainings angeboten? Auf welchem technischen Stand sind die Geräte des hoteleigenen Fitness-Studios? Sind im Aktivitäten-Potpourri eines Wellnesshotels auch Outdoor-Aktivitäten wie geführte Wanderungen, E-Bike-Touren oder Waldbaden enthalten? So schneiden bei Wellness Heaven die Spa-Hotels in der Kategorie Wellness besonders gut ab, die neben hervorragenden Spa-Facilities auch über ein umfassendes saisonales Aktivitätenprogramm verfügen und die ihren Gästen neben reiner Entspannung auch körperliche und mentale Anreize bieten.
Autorenprofil:
Andrea Labonte hat einen außergewöhnlichen Beruf, um den sie viele beneiden: Sie ist seit über 17 Jahren als Hoteltesterin für den Wellnesshotel Guide Wellness Heaven unterwegs. Über ihre Spa-Erlebnisse, außergewöhnliche Destinationen und die skurrilsten Begebenheiten aus ihrem Berufsalltag schreibt sie regelmäßig in ihrer Kolumne „Aus dem Leben einer Hoteltesterin“. Mit über 300 getesteten Wellnesshotels besitzt Andrea Labonte eine breite Vergleichsbasis und weiß, worauf es dem anspruchsvollen Reisenden ankommt. Ihr beruflicher Hintergrund: sie ist internationale Diplom-Betriebswirtin mit Doppeldiplom. Ihre Studien absolvierte sie an der Fachhochschule Mainz und an der Ecole Supérieure du Commerce Extérieur in Paris.