DHB-Team mit Galgenhumor: Hanning nach EM-Drama: „So betrunken kann man gar nicht sein“
Wien –
Liegt es am Ortswechsel von Trondheim nach Wien? An den lautstarken deutschen Fans in der Wiener Stadthalle? Oder daran, dass unsere Handballer mental und körperlich endlich im EM-Turnier angekommen sind?
So oder so: Das Team von Bundestrainer Christian Prokop (41) hat nach dem klaren 31:23-Erfolg gegen Weißrussland im Duell mit Kroatien den nächsten starken Auftritt auf die Platte gelegt – doch am Ende überwog die große Enttäuschung über die 24:25-Last-Minute-Pleite.
„Wir spielen richtig gut, ab der 45. Minute aber haben wir den Zugriff nicht mehr in der Abwehr, haben ein, zwei Abspielfehler. Und dann kippt so ein Spiel – und geht leider so aus. Zum Schluss waren wir nicht abgezockt genug“, haderte Rückraum-Kämpfer Paul Drux (24).
DHB-Team wie verwandelt gegen Kroatien
Gegen den vermeintlichen Favoriten agierte das DHB-Team von Beginn an bissig in der Abwehr. Immer wieder entnervten die Deutschen den EM-Dritten von 2016 – allerdings auch auf Kosten von vielen Zwei-Minuten-Strafen. Nach 22 Minuten musste der Lemgoer David Schmidt (26) schon zum zweiten Mal runter. „Wir haben hart gespielt, wir wollten hart spielen. Aber da müssen wir ein bisschen cleverer sein“, forderte DHB-Teammanager Oliver Roggisch (41) in der Halbzeitpause beim ZDF.
Dennoch: Dank einer kollektiv starken Abwehr hatte das DHB-Team die Kroaten in der ersten Halbzeit bei elf Treffern gehalten – auch weil Keeper Andreas Wolff (28) einen starken Tag erwischte und im ersten Spielabschnitt unter anderem zwei Siebenmeter entschärfte. Kroatiens Superstar Domagoj Duvnjak (31) vom THW Kiel blieb unterdessen blass, während die Deutschen im Angriff konzentriert blieben. Die Konsequenz: Eine 14:11-Pausenführung.
Zweite Halbzeit wird für DHB-Team zum Handball-Krimi
Im zweiten Spielabschnitt reagierte Kroatien, agierte nun mit dem siebten Feldspieler, dennoch stellten Deutschlands Kabinen-DJ Timo Kastening (24) und DHB-Kapitän Uwe Gensheimer (31) schnell auf 16:11.
Doch Kroatien war nicht geschockt: Dank eines Zwischenlaufs kam der Olympia-Sieger von 2004 wieder auf 16:18 heran (40.), nach 45 Minuten lief dann auch 2,01-Meter-Hüne Luka Stepancic (29) im kroatischen Rückraum heiß. DHB-Vize Bob Hanning (51) – diesmal im ausgefallenen Orientalik-Sweater in der Halle – sah es mit Sorgen. Und die wurden noch größer: David Mandic (22) traf zum 22:22-Ausgleich. Jetzt wurde es ein echter Krimi!
Andreas Wolff sichert DHB-Team den Sieg
Während sich die Deutschen nun im Angriff plötzlich wieder Unkonzentriertheiten leisteten, behielt einer die Nerven: Wolff entschärfte gleich drei kroatische Würfe in Folge, Tobias Reichmann (31) brachte das DHB-Team per Siebenmeter wieder mit 23:22 in Front (52.).
Anderthalb Minuten vor dem Ende der Schock: Erst kassierte Deutschlands Hendrik Pekeler (28) eine unglückliche Zwei-Minuten-Strafe, dann traf der starke Igor Karacic (31) zum 25:24 für Kroatien – die erste Führung für den Weltmeister von 2003. Auf der Gegenseite scheiterte Jannik Kohlbacher (24) mit dem letzten Wurf frei vor dem Tor. das Spiel war aus, der bittere Last-Minute-K.o. besiegelt.
Christian Prokop: „Total bitter“
„Das ist total bitter. Jeder hat für jeden gefightet. Wir waren in der zweiten Halbzeit dann aber gefühlt auch sehr oft in Unterzahl. Die Kroaten machen es sehr clever, die eine oder andere Show-Einlage dabei“, spielte Prokop auf die eine oder andere theatralische Aktion des Gegners an. Der Bundestrainer meinte: „Am Ende zählt das Ergebnis. Und da müssen wir uns ankreiden lassen, dass wir in der zeiten Halbzeit etwas nachgelassen haben.“
„Wir haben einen Riesenkampf auf die Platte gelegt. Wir haben es am Ende auch nicht wirklich verdient, so dann zu verlieren. Leider haben wir in den letzten zehn Minuten zu viele kleine Fehler gemacht“, meinte ein enttäuschter Kapitän Gensheimer. Die deutschen Chancen auf das Halbfinale sind bei zwei verbliebenen Partien nun nur noch theoretischer Natur.
„Das tut ganz, ganz weh“, sagte auch ein enttäuschter Hanning. Ob er noch an das Halbfinale glaube, wurde der DHB-Vize gefragt. Seine vielsagende Antwort: „So betrunken kann man gar nicht sein.“