Ein Trainer mit Dynamit!: Darum hat sich der HSV für Tim Walter entschieden
Die wichtigste Personalie des Sommers ist geklärt. Bereits am Dienstag will der HSV Tim Walter als seinen neuen Trainer präsentieren, der 45-Jährige soll einen Zweijahresvertrag erhalten. Damit steht fest, mit welcher Marschroute der Verein in seinem anstehenden vierten Zweitliga-Jahr wieder ans Tor zur Bundesliga klopfen will: Walter soll die HSV-Profis mit seiner Emotionalität dauerhaft zu Höchstleistungen pushen.
Der Durchbruch erfolgte am Wochenende. Da war klar, dass der HSV mit Walter in die neue Saison gehen möchte. Vorangegangen waren Gespräche mit mehreren Trainern, keiner aber passte aus Sicht der HSV-Entscheidungsträger so gut wie Walter zu dem, was dem Verein vorschwebt: Ein Trainer, der permanent antreibt und die Profis unaufhörlich aus der Komfortzone holt.
HSV: Tim Walter wurde mit Bayerns U17 Deutscher Meister
Walter soll es richten. Seit seiner Entlassung beim VfB Stuttgart Ende 2019, übrigens einen Tag vor Heiligabend, ist er ohne Job. Was er drauf hat, stellte er davor unter Beweis. Mit der U17 von Bayern München wurde er 2017 Deutscher Meister, Kiel führte er 2019 auf den guten sechsten Platz in Liga zwei.
Stuttgart feuerte ihn auf Rang drei stehend. Er propagiert Offensivfußball und eine knallharte Bereitschaft, gegen den Ball zu arbeiten. Was alle Weggefährten betonen: Walter brennt wie Dynamit! Nicht zuletzt in der Kabine.
Auch deshalb hat es die Personalie Walter für den HSV durchaus in sich. Der in Bruchsal nahe des Kraichgaus geborene Trainer hat sich auch dadurch einen Namen gemacht, dass er mit seiner Meinung eigentlich nie hinter dem Berg hält – weder nach außen, noch intern. Walter gilt als extrem selbstbewusst, scheut keinen Meinungsaustausch und mag es überhaupt nicht, wenn seine Arbeit nicht wertgeschätzt wird.
HSV: Mangelnde Wertschätzung mag Tim Walter gar nicht
Als Paradebeispiel hierfür dienen Szenen aus einer Pressekonferenz, in der der HSV eine wesentliche Rolle spielte. Nachdem Walters Kieler den Spitzenreiter HSV im Dezember 2018 mit 3:1 bezwangen, prasselten Fragen auf den damaligen Hamburger Trainer Hannes Wolf ein.
Der immer gleiche Tenor: Wie konnte das passieren? Was hatte der HSV nur falsch gemacht? Walter, eigentlich der strahlende Sieger, empfand dies als Respektlosigkeit. Während Wolf antwortete, wurde Walters Laune sekündlich schlechter, bis seine Mundwinkel beinahe den Fußboden berührten. „Also, ein bisschen Fußball können wir auch spielen“, entfuhr es ihm schließlich ungefragt, nachdem Wolf fertig war.
So ist Tim Walter. Er brennt. Genau das will sich der HSV nun zu Nutze machen. Auf der Suche nach Erklärungen, warum die Profis zum dritten Mal in Folge einen Aufstieg einfach wegwarfen und nur Vierter wurden, landeten die Entscheidungsträger schnell beim Thema Gier und Heißblütigkeit.
Der nicht ausgesprochene aber vorhandene Vorwurf in Richtung des vor drei Wochen beurlaubten Daniel Thioune laute auch, der Trainer sei im Umgang mit den Spielern etwas zu nett gewesen. Das soll sich durch Walter ändern. Er scheue sich nicht, den Spielern in den Hintern zu treten, heißt es.
HSV: Tim Walter über sich: „Ich bin nicht 0-8-15!“
Wie weit Walter gehen kann, ohne sich selbst zu sehr zu verbrauchen, wird sich zeigen. Vor wenigen Monaten sagte er der „Welt“: „Ich stehe hinter meiner Mannschaft – und wehre die Dinge, die gegen sie laufen oder ich als ungerecht empfinde, ab. Zu 1000 Prozent. Das kommt vielleicht manchmal schroff rüber, soll es aber nicht sein.“ Und weiter: „Jeder schreit nach Typen, ich bin nicht 0-8-15.“
Heute soll die Ära Walter beim HSV beginnen. In den kommenden Tagen werden sich der neue Coach und die sportliche Führung dann mit voller Wucht in die Kaderplanung stürzen. Walter wird ein wesentliches Wort darüber mitreden, wie es etwa mit Aaron Hunt (Vertrag läuft aus) oder dem zuletzt suspendierten Jeremy Dudziak weitergehen soll.
Mit Walter will der HSV den vierten Anlauf Richtung Aufstieg nehmen
Vor allem aber soll er den Profis dauerhaft Beine machen. Damit der HSV in der nun folgenden stärksten Zweiten Liga aller Zeiten eine Schlüsselrolle im Kampf um den Aufstieg einnimmt.