Der Kolumbianer Andres Escobar
  • Der kolumbianische Innenverteidiger Andres Escobar wurde 1994 nach einem Eigentor bei der WM ermordet.
  • Foto: imago/WEREK

Als Drogenbosse die Aufstellung diktierten: So kam es zum Mord an Andres Escobar

Auch 30 Jahre nach dem feigen Mord an Andres Escobar ist der 2. Juli kein normaler Fußballtag. Nicht damals, als bei der WM in den USA das Achtelfinale Deutschland gegen Belgien (3:2) mit einer Schweigeminute begann. Nicht heute, wenn bei der Copa América an gleicher Stätte ausgerechnet am Dienstag (Ortszeit) Kolumbien auf Brasilien trifft. Die Tat bleibt unbegreiflich, die Schüsse hallen nach.

Zehn Tage, bevor ihn sechs Kugeln jäh aus dem Leben rissen, hatte Kolumbiens damaliger Kapitän die 1:2-Niederlage gegen WM-Gastgeber USA mit einem Eigentor eingeleitet. Die hoch gewetteten Cafeteros scheiterten anschließend in der Gruppenphase. Der 27-Jährige wurde zum Sinnbild eines nationalen Desasters.

Kolumbien war als Geheimfavorit zur WM gereist

Drogenkartelle und bewaffnete Milizen hielten damals Kolumbien im Würgegriff. Der Fußball war für das Volk zwischen Karibik und Pazifik ein Ventil, die Nationalelf, die 1993 in 18 Spielen ungeschlagen blieb, der ganze Stolz. Und Idole wie Carlos Valderrama mit seiner Löwenmähne oder Faustino Asprilla, immerhin Sechster bei der Weltfußballer-Wahl, fanden auch jenseits der Landesgrenzen Anerkennung.

So reiste die Seleccion als Geheimfavorit zur WM – und mit Escobar als Kapitän. Der Innenverteidiger, wegen seiner eleganten und stets fairen Spielweise „El Caballero“ (Gentleman) genannt, hatte für 1994 die Hochzeit mit seiner langjährigen Freundin geplant, ein Wechsel nach Italiens war ausgehandelt. Doch dann lief schon beim 1:3 zum Auftakt gegen Rumänien alles falsch.

Morddrohungen im Spielerhotel

Und das Chaos nahm seinen Lauf. Drogenbosse riefen bei Nationaltrainer Francisco Maturana an, wollten Akteure ihrer Klubs in der Startelf sehen. Im Spielerhotel trafen Morddrohungen ein. Als Escobar zu seinem 50. Länderspiel auflief, war die ganze Anspannung in seinem Gesicht abzulesen.

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Dann brach im Glutofen Rose Bowl in Pasadena die 34. Minute an. Die USA eroberten den Ball im Mittelfeld, ein Flachpass rauschte von links in den Strafraum. Escobar grätschte dazwischen, lenkte den Ball unglücklich vom Elfmeterpunkt ins eigene Netz ab.

Escobar schrieb: „Das Leben endet nicht hier“

„La vida no termina aqui.“ Das Leben endet nicht hier, schrieb Escobar nach dem unerwarteten WM-Aus, das auch ein abschließendes 2:0 gegen die Schweiz nicht verhindern konnte, in einer Zeitungskolumne. Aber er irrte sich.


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In den frühen Morgenstunden des 2. Juli 1994 verließ er eine Diskothek am Stadtrand Medellins, wurde bereits im Auto sitzend von zwei Männern zur Rede gestellt, ehe eine dritte Person herbeieilte und sofort sechs Schüsse aus kurzer Nähe abgab.

Mord wurde von einem Chauffeur begangen

Das blutige Ende eines Wortgefechts. Der Täter war Chauffeur zweier Brüder, auf deren Beschimpfung Escobar reagiert hatte und die eng mit Drogenkartellen verbandelt waren. Aber auch über einen Racheakt der Wettmafia, die mit den WM-Pleiten viel Geld verloren hatte, wurde spekuliert.

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Immerhin: Kolumbiens Fußball begann eine Säuberungsaktion. Ohne Drogenbarone im Hintergrund erfüllen heute Stars wie James Rodriguez (einst Real Madrid und Bayern München) und Luis Diaz (FC Liverpool) die Nation wieder mit Stolz. Am Dienstag spielt gegen Brasilien dann auch Andres Escobar wieder mit. (sid/bv)

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