Das emotionalste Comeback der EM: Stürmer nach schweren Depressionen zurück
Josip Ilicic, in seiner Heimat von allen nur liebevoll „Jojo“ genannt, freute sich wie ein kleines Kind. Ausgelassen feierte der Slowene mit seinen Teamkollegen den Einzug ins EM-Achtelfinale und rutschte nach dem torlosen Remis gegen England wild auf dem Rasen herum. Dabei ist für den 36-Jährigen eigentlich schon die EM-Teilnahme ein Triumph.
Der große Gänsehautmoment war in der 75. Minute des England-Spiels gekommen. Ilicic wurde eingewechselt und feierte damit sein EM-Debüt. Er half mit, das 0:0 über die Zeit zu bringen – zum ersten Mal in ihrer Geschichte schafften es die Slowenen in die K.o.-Runde. Doch für Ilicic war der Meilenstein noch wesentlich größer: Nach 955 Tagen absolvierte der Stürmer, der lange Zeit mit großen psychischen Problemen zu kämpfen hatte, wieder ein Pflichtspiel für sein Heimatland – es war ein Sieg über sich selbst.
In Bergamo war Ilicic in der Form seines Lebens
Der Fall ins tiefe Tal der Depression begann vor über vier Jahren. Ilicic war bei Atalanta Bergamo in der italienischen Serie A in der Form seines Lebens, als die Corona-Pandemie sein Leben schlagartig veränderte. Der im bosnischen Prjedor geborene Offensivspieler hatte gerade erst alle vier Tore beim 4:3 im Achtelfinale der Champions League beim FC Valencia erzielt, da wurde er im lombardischen Seuchen-Hotspot aus der Bahn geworfen.
Die Corona-Toten setzten dem Slowenen zu
Die Bilder von den ständig abtransportierten Toten setzten Ilicic, der schon zwei Jahre zuvor schwer unter dem Tod seines Ex-Teamkollegen Davide Astori als Folge eines Herzstillstands gelitten hatte, massiv zu. Seine Erfolge aus den Jahren zuvor im Trikot von US Palermo (20 Tore in 98 Spielen) und AC Florenz (29 Treffer in 105 Partien) verblassten ebenso wie der Höhenflug mit Atalanta (47 Tore in 136 Spielen) und die Wahl zu Sloweniens Fußballer des Jahres.
2022 schien seine Karriere zu Ende zu sein
Im Kampf gegen die Depression wurde Ilicic zur Erholung in die Heimat geschickt. Doch alle Comeback-Versuche scheiterten. 2022 verabschiedete sich Ilicic tränenreich und unter großer Anteilnahme der Tifosi aus Bergamo. „Wir werden immer für ihn da sein“, sagte Atalantas Trainer Gian Piero Gasperini damals: „Das sind Dinge, die über den Fußball hinausgehen. Unser Kopf ist ein Dschungel.“
Nach seinem Abschied aus Italien startete Ilicic einen letzten Fußball-Versuch. In der Heimat schloss er sich seinem Ex-Klub NK Maribor an. „Ich wollte das Spielen wieder genießen“, sagte Ilicic, der beim Vizemeister in der abgelaufenen Saison zum Leistungsträger aufstieg. Neun Tore und zwölf Vorlagen standen für den bulligen Angreifer zu Buche: „Ich wollte mir beweisen, dass ich noch immer auf hohem Niveau spielen kann.“
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Das erkannte auch Nationaltrainer Matjaz Kek. „Dafür möchte ich mich bedanken. Es bedeutet mir wirklich sehr viel“, kommentierte Ilicic seine EM-Nominierung: „Ich hoffe auf das Beste.“ Und vielleicht steht Ilicic das Beste noch bevor: am Montag im Achtelfinale gegen Portugal mit Superstar Cristiano Ronaldo.