x
x
x
Josip Ilcic bekam es bei seinem EM-Debüt mit dem Engländer Marc Guehi zu tun.
  • Josip Ilcic bekam es bei seinem EM-Debüt mit dem Engländer Marc Guehi zu tun.
  • Foto: imago/Uwe Kraft

Das emotionalste Comeback der EM: Stürmer nach schweren Depressionen zurück

Josip Ilicic, in seiner Heimat von allen nur liebevoll „Jojo“ genannt, freute sich wie ein kleines Kind. Ausgelassen feierte der Slowene mit seinen Teamkollegen den Einzug ins EM-Achtelfinale und rutschte nach dem torlosen Remis gegen England wild auf dem Rasen herum. Dabei ist für den 36-Jährigen eigentlich schon die EM-Teilnahme ein Triumph.

Der große Gänsehautmoment war in der 75. Minute des England-Spiels gekommen. Ilicic wurde eingewechselt und feierte damit sein EM-Debüt. Er half mit, das 0:0 über die Zeit zu bringen – zum ersten Mal in ihrer Geschichte schafften es die Slowenen in die K.o.-Runde. Doch für Ilicic war der Meilenstein noch wesentlich größer: Nach 955 Tagen absolvierte der Stürmer, der lange Zeit mit großen psychischen Problemen zu kämpfen hatte, wieder ein Pflichtspiel für sein Heimatland – es war ein Sieg über sich selbst.

In Bergamo war Ilicic in der Form seines Lebens

Der Fall ins tiefe Tal der Depression begann vor über vier Jahren. Ilicic war bei Atalanta Bergamo in der italienischen Serie A in der Form seines Lebens, als die Corona-Pandemie sein Leben schlagartig veränderte. Der im bosnischen Prjedor geborene Offensivspieler hatte gerade erst alle vier Tore beim 4:3 im Achtelfinale der Champions League beim FC Valencia erzielt, da wurde er im lombardischen Seuchen-Hotspot aus der Bahn geworfen.

Die Corona-Toten setzten dem Slowenen zu

Die Bilder von den ständig abtransportierten Toten setzten Ilicic, der schon zwei Jahre zuvor schwer unter dem Tod seines Ex-Teamkollegen Davide Astori als Folge eines Herzstillstands gelitten hatte, massiv zu. Seine Erfolge aus den Jahren zuvor im Trikot von US Palermo (20 Tore in 98 Spielen) und AC Florenz (29 Treffer in 105 Partien) verblassten ebenso wie der Höhenflug mit Atalanta (47 Tore in 136 Spielen) und die Wahl zu Sloweniens Fußballer des Jahres.

2022 schien seine Karriere zu Ende zu sein

Im Kampf gegen die Depression wurde Ilicic zur Erholung in die Heimat geschickt. Doch alle Comeback-Versuche scheiterten. 2022 verabschiedete sich Ilicic tränenreich und unter großer Anteilnahme der Tifosi aus Bergamo. „Wir werden immer für ihn da sein“, sagte Atalantas Trainer Gian Piero Gasperini damals: „Das sind Dinge, die über den Fußball hinausgehen. Unser Kopf ist ein Dschungel.“


MOPO

Die neue WochenMOPO – ab Freitag wieder überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
– Fragwürdige OP-Methoden? UKE-Pfleger warnen vor ihrem Chefarzt
– Jung und einsam: Warum sich immer mehr Menschen allein fühlen – und wo es Hilfe gibt
– Rotlicht-Report: Darum spielen Kiez und Luden keine Rolle mehr
– 20 Seiten Sport: Trainer mit Gewinner-Gen: Was Sie über St. Paulis neuen Coach Alexander Blessin wissen müssen
– 28 Seiten Plan7: Die Hamburgerin, der die größten Musik-Stars vertrauen. Welche Filme jetzt laufen – endlich auch wieder unter freiem Himmel!


Nach seinem Abschied aus Italien startete Ilicic einen letzten Fußball-Versuch. In der Heimat schloss er sich seinem Ex-Klub NK Maribor an. „Ich wollte das Spielen wieder genießen“, sagte Ilicic, der beim Vizemeister in der abgelaufenen Saison zum Leistungsträger aufstieg. Neun Tore und zwölf Vorlagen standen für den bulligen Angreifer zu Buche: „Ich wollte mir beweisen, dass ich noch immer auf hohem Niveau spielen kann.“

Das könnte Sie auch interessieren: Blamage von Berlin! Die Schweiz schickt Titelverteidiger Italien nach Hause

Das erkannte auch Nationaltrainer Matjaz Kek. „Dafür möchte ich mich bedanken. Es bedeutet mir wirklich sehr viel“, kommentierte Ilicic seine EM-Nominierung: „Ich hoffe auf das Beste.“ Und vielleicht steht Ilicic das Beste noch bevor: am Montag im Achtelfinale gegen Portugal mit Superstar Cristiano Ronaldo.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp