Erster EM-Punkt überhaupt! Georgiens Fans lassen den Volkspark beben
Es bleibt auch nach dem dritten Spiel dabei: Wer sich EM-Spiele in Hamburg anschaut, bekommt reichlich was geboten. Im ersten Länderspiel überhaupt zwischen Georgien und Tschechien holte der Außenseiter beim 1:1 (1:0) den ersten EM-Zähler seiner Geschichte und machte damit rund zwei Drittel der 49.000 Fans im Volksparkstadion glücklich.
Bedeutend ruhiger ging es zu am Samstagnachmittag, jedenfalls vor der Partie. Rund um den S-Bahnhof Eidelstedt, wo schon Stunden vorm Anpfiff der Partien Niederlange gegen Polen und Albanien gegen Kroatien das pure Leben tobte, deutete noch gegen 13.30 Uhr nicht darauf hin, dass 90 Minuten später nur wenige hundert Meter entfernt ein EM-Spiel stattfinden würde. In der Arena indes ging es gewohnt Dezibel-lastig zur Sache, wobei vor allem die „Willis” den Ton angaben: Der georgische Anhang war deutlich temperamentvoller und wahrnehmbarer.
Chakvetadze für Georgien zunächst nur auf der Bank
Der einzige Spieler, der sich im und rund um den Volkspark bestens auskennt, nahm zunächst auf der Bank Platz. Giorgi Chakvetadze, einst beim HSV unter Vertrag, fand bei seiner Rückkehr an die Elbe unter Coach Willy Sagnol keine Berücksichtigung in der Startelf des Außenseiters, der unter der Leitung von EM-Debütant Daniel Siebert (Berlin) gleich mächtig unter Druck geriet. Keeper Mamardashvili hatte nach vier Minuten schon drei Paraden zu verzeichnen, klärte gegen die Leverkusener Hlozek (3.) und Schick (3., 4.).
Tschechien war gegen beherzte, aber bisweilen auch arg wilde Georgier die deutlich strukturiertere Mannschaft, und nach 23 Minuten lag der Ball dann in den Maschen. Hlozek war aus wenigen Metern erst an Mamardashvili gescheitert, bekam den Abpraller ins Gesicht, von wo das Runde ins Eckige rollte. Allerdings meldete sich VAR Marco Fritz – zurecht. Hlozek war zwar unbeabsichtigt, aber zuletzt mit dem Arm am Ball, der Treffer zählte nicht.
An den Gegebenheiten auf dem Platz änderte das zunächst nichts. Erst nach gut einer halben Stunde kamen die technisch versierten, aber viel zu verspielten und offensiv harmlosen Georgier bis an oder gar in den gegnerischen Strafraum, für einen Abschluss aber reichte es nicht. Napoli-Star Kvaratskhelia fand nur sporadisch, aber nie in Tornähe statt, auch seine Standards verpufften wirkungslos.
Mikautadze erzielt erste EM-Führung für Georgien
Bis in die Nachspielzeit hinein. Da rutschte einer seiner Freistöße aus dem Halbfeld bis zu Kashia durch, der blank vor Keeper Stanek stand und an diesem scheiterte. Aber wieder hatte Fritz Einwände, wieder waren sie berechtigt. Bei der Flanke war der Ball an den ausgestreckten Arm von Verteidiger Hranac gesprungen, Strafstoß die einzig logische Folge. Den verwandelte Mikautadze traumhaft sicher zur ersten EM-Führung überhaupt in der Geschichte des Landes (45.+4), und auf den Tribünen brach die Hölle los!
Bitter für die deutlich besseren Tschechen, zumal es dabei nicht hätte bleiben müssen. Noch vorm Pausenpfiff hatte Schick die Riesenchance auf den Ausgleich, fand aber im überragend reagierenden Mamardashvili erneut seinen Meister (45.+5).
Das alles ging nicht spurlos am Favoriten vorbei, der zu Beginn des zweiten Durchgangs sichtlich wankte und bei einem Konter durch Mekvabishvili fast das 0:2 kassiert hätte (57.). Doch dann kehrte das Glück nach Tschechien zurück. Der just eingewechselte Lingr köpfte einen Eckball an den Pfosten, von wo der Ball gegen Schicks Brust und von dort zum Ausgleich ins Netz prallte (59.).
EM-Neuling Georgien: Lobjanidze verpasst Last-Minute-Sieg
Kurz darauf kam Chakvetadze (63.). Und Georgien brauchte dringend frische Kräfte, war plötzlich völlig von der Rolle. Tschechien drückte auf die Führung, musste aber das verletzungsbedingte Aus von Schick verkraften (68.). Der für ihn eingewechselte Chytil hatte die nächste gute Chance (77.), nur eine Minute später scheiterte Lingr an Hexer Mamardashvili.
Und während Referee Siebert in einem keinesfalls unfairen Spiel ziemlich inflationär Gelbe Karten verteilte (am Ende waren es neun), schleppten sich die Georgier mit jeder weiteren Spielminute immer kraftloser über den Rasen, kamen kaum noch über die Mittellinie, wollten diesen einen historischen Punkt aber mit jeder Faser ihrer Körper ins Ziel retten.
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Und es wären fast noch drei geworden! Die letzte Aktion der fünfminütigen Nachspielzeit war ein Überzahl-Konter der Georgier, Lobjanidze hatte den Matchball auf dem Fuß – und setzte ihn knapp über den Querbalken.
„Wir sind insgesamt glücklich, hätten natürlich gewinnen und mehr machen können“, sagte Giorgi Kvilitaia bei RTL: „Wir haben einen Punkt, immerhin. Mal sehen, was er wert ist.“