Hakan Calhanoglu bejubelt sein Tor gegen Tschechien
  • Raus mit der Freude: Ex-HSV-Star Hakan Calhanoglu nach seinem Treffer gegen Tschechien
  • Foto: IMAGO/Ulrich Hufnagel

EM-Krimi im Volkspark! Türkei im Achtelfinale – Traum-Rückkehr für Calhanoglu

EM-Spiele in Hamburg ohne Krimi? Gibt es nicht! Ex-HSV-Star Hakan Calhanoglu feierte bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte einen dramatischen 2:1 (0:0)-Sieg seiner Türken gegen lange zu zehnt spielende Tschechen. Die Entscheidung fiel erst nach Ablauf der regulären Spielzeit zugunsten der Türkei, die nun im Achtelfinale auf Österreich trifft. Für die Tschechen ist das Turnier hingegen beendet.

Über die Mehrheitsverhältnisse im Volkspark gab es wenig überraschend keine zwei Meinungen. Die rote Flagge mit dem Mondstern dominierte das Bild auf den Tribünen derart deutlich, dass einem der tschechische Anhang ob der krassen Unterzahl fast schon leidtun konnte. Laut war’s, schon weit vorm Anpfiff, stimmungsvoll – und glasklar, dass den Türken ein Remis fürs Achtelfinale sicher reichen würde. Tschechien hingegen war zum Siegen verdammt.

Tschechiens Barak sieht früh Gelb-Rot

Und nach 20 intensiven, aber chancenarmen Minuten wurde das Unterfangen bereits zu einem kaum mehr möglichen, weil die Tendenz hin zum nahezu körperlosen Sport immer krudere Züge annimmt. Ein Trikotzupfer gegen Kadioglu (11.), ein zugegebenermaßen deftiger Tritt auf den Fuß von Özcan (20.), und schon war der Arbeitstag für Tschechiens Barak beendet. Für beide Aktionen erhielt er von Referee Kovacs (Rumänien) jeweils Gelb, in der Summe also Gelb-Rot. Regelkonform, gewiss, aber ob solche Regeln Sinn machen, zumal in Spielen, in denen es um so viel geht, ist mindestens diskutabel.

Unmittelbare Folge der Entscheidung: Bis auf Arda Gülers folgenlosen Seitfallzieher (27.) geriet der Fußball jetzt völlig in den Hintergrund. Kleinere bis mittlere Fouls, immer wieder Unterbrechungen, Behandlungspausen, Hektik – schön geht wahrlich anders. Und eigentlich hätte Kovacs für Gleichzahl sorgen müssen, als der frisch verwarnte Yildiz im Luftduell den Ellbogen gegen Coufal auspackte (38.). Der erst 19-jährige gebürtige Regensburger durfte aber weitermachen.

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Natürlich hatten die Türken mehr Ballbesitz, aber je näher es dem gegnerischen Tor ging, desto weniger zielstrebig wurden die Aktionen. So plätscherte die Partie dem Pausenpfiff entgegen, bis sich urplötzlich aus dem Nichts die Riesenchance für beherzt verteidigende Tschechen ergab: Nach einer Balleroberung tief in der eigenen Hälfte setzte Provod zum Konter an, legte im Sechzehner quer zu Jurasek, der allerdings an Keeper Günok scheiterte (45.).

Ex-HSVer Calhanoglu bringt Türkei in Führung

Und man kann nicht wirklich behaupten, dass der Abend für die Tschechen besser geworden wäre. Bei der ersten dicken Chance der Türken durch Yildiz fuhr Schlussmann Stanek den Arm aus, parierte bärenstark, verletzte sich dabei aber an der Schulter. Der Ball blieb im Spiel, und Calhanoglu stanzte das Spielgerät mit der ihm so eigenen Schusstechnik und voller Wucht ins lange Eck (52.). Und während die Fans eskalierten, wurde klar, dass Staneks Blessur so schwerwiegend war, dass er raus musste.

Mehr, als eine Mannschaft wegstecken kann. Sollte man meinen. Aber Tschechien behielt die Köpfe oben – im wahrsten Sinne des Wortes: Einen langen Einwurf von Coufal verlängerte Soucek per Kopf in Richtung Chory, der vor Günok hochsprang, den Torhüter beim Fangversuch am Arm erwischte, so dass der Ball frei blieb, und dann abzog. Im Nachschuss war wieder Soucek zur Stelle, drückte die Kugel ins Netz. Und trotz aller Proteste und langem VAR-Check stand es nach 66 Minuten plötzlich 1:1.

Tosun trifft spät, Rudelbildung nach Abpfiff

Tschechien bekam die zweite Luft und profitierte irgendwie auch davon, dass Schiri Kovacs komplett die Kontrolle über das Geschehen verlor, was die Wackelbeine der Türken nicht eben stabilisierte. Es wurde unglaublich hektisch, am Ende hatte der komplett überforderte Rumäne neben der Ampelkarte noch 15 Mal Gelb und einmal Rot (bei den Rudelbildungen und Handgemengen nach Spielende gegen Chory) verteilt. Nur Chancen wollten für die verzweifelt anrennenden Tschechen nicht mehr herausspringen, derweil die Türkei gruselig schlecht konterte. Bis der eingewechselte Cenk Tosun die Seinen in der Nachspielzeit mit dem Siegtreffer erlöste.

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