Ex-St. Pauli-Profi Julian Koch: „Ich wartete wie ein Süchtiger auf die Schmerzpumpe“
Lange Zeit galt Julian Koch als eines der größten Talente im deutschen Fußball. Unter Jürgen Klopp wurde er bei Borussia Dortmund ausgebildet, bereits mit 19 Jahren debütierte der ehemalige St. Pauli-Profi in der Bundesliga. Doch dann stoppte eine Horror-Verletzung seine Karriere.
Am 25. Februar 2011 wurde Koch in einem Zweikampf das Kreuzband, das Außenband und der Meniskus zertrümmert. Er war damals gerade 20 Jahre alt und an den MSV Duisburg ausgeliehen. „Ich bin früh morgens mit extremen Schmerzen aufgewacht. Das Knie war so dick, dass man die Umrisse davon kaum mehr gesehen hat“, erzählt Koch in einem Interview mit „Spox“ und „Goal“.
Ex-St. Pauli-Profi Julian Koch erlitt Horror-Verletzung
Einen OP-Termin hätte er an diesem Nachmittag gehabt, aber sein Vater habe nicht mehr warten wollen. „Mein Vater meinte, das wäre nicht normal und er wird jetzt Dortmunds Mannschaftsarzt Doktor Braun anrufen. Ich habe ihm den Vogel gezeigt, weil der BVB an diesem Tag beim FC Bayern spielte und der Doc bestimmt andere Sachen als einen Leihspieler wie mich im Kopf hatte. Mein Vater hat es trotzdem versucht und ihn um halb 8 morgens erreicht. Er meinte, das würde sich wie ein Kompartmentsyndrom anhören, wir sollten lieber ins Krankenhaus fahren“, erinnert sich Koch.
BVB-Arzt hilft Julian Koch: „Hätte mein Bein verloren“
Das sei auch notwendig gewesen, weiß der heute 29-Jährige: „Um halb 9 kamen wir dort an und die Notärzte sagten sofort, dass eine Not-OP vonnöten wäre. Als ich davon aufgewacht bin, war quasi die erste Information, die ich erhielt, dass ich mein Bein verloren hätte, wenn wir erst zum eigentlichen Termin um 15 Uhr gekommen wären.“
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In den darauffolgenden zwei Wochen wurde Koch sieben Mal unter Vollnarkose operiert. „Es war surreal für mich“, sagt er. „In dieser Zeit war das Bein fast täglich offen, das war unglaublich schmerzhaft. Ich wartete wie ein Süchtiger darauf, dass die Schmerzpumpe wieder funktionierte, weil ich es nicht ausgehalten habe. Es war, als würde ich meine Würde verlieren.“
Julian Koch: Verletzung kam ihm endlos vor
Es habe eine ganze Weile gedauert, bis er sich an die Situation gewöhnen konnte, sagt er. „Es dauerte, bis ich mich damit abgefunden hatte, in eine Ente pinkeln zu müssen. Als das Bein geschlossen war, reduzierten sich die Schmerzen zum Glück deutlich. Nach den ersten drei, vier Wochen kam es mir jedoch so vor, als hätte ich ein halbes Jahr im Krankenhaus gelegen.“
Koch schafft das Wunder: Er kann wieder Fußball spielen
Nach über einem Jahr Reha kämpfte sich Koch schließlich zurück und schaffte das Wunder, noch einmal im Profifußball auflaufen zu können: „Nach der Zeit im Krankenhaus standen weitere OPs an. Schließlich fand ich einen Arzt, der meinte, wir könnten das hinkriegen, so dass ich vielleicht wieder kicken kann. Es hat mich total gepusht, das auch einmal von außen zu hören.“
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Am 3. November 2012, mehr als eineinhalb Jahre später, feierte Koch schließlich sein Comeback in der 2. Liga für Duisburg. Später wechselt er zu Mainz 05, in der Rückrunde der Saison 2014/15 wurde er ein halbes Jahr zum FC St. Pauli ausgeliehen. Inzwischen ist Koch Co-Trainer beim VfL Bochum – und sieht sich nicht als Pechvogel. „Ich hadere kein bisschen mit meinem Schicksal, auch wenn ich das zwischendurch immer mal wieder getan habe. Es ist so gekommen, wie es gekommen ist.“
Stattdessen hatte seine Verletzung sogar eine gute Seite: „Privat hat mir die lange Ausfallzeit aber auch andere wichtige Seiten eröffnet: Ich habe damals im Krankenhaus meine heutige Frau kennengelernt, weil sie eines Tages zufällig auf meiner Station aushelfen musste.“