Johannes und Maximilian Eggestein im Zweikampf

Verbissener Zweikampf: Johannes (l.) und Maximilian Eggestein während des Hinspiels in Freiburg, das St. Pauli 3:0 gewann Foto: IMAGO/Steinsiek.ch

„Man tut ihm Unrecht“: Was Maxi Eggestein an Bruder Jojo schätzt – und was ihn nervt

Für den FC St. Pauli ist es ein wichtiges Spiel, für Stürmer Johannes Eggestein auch ein besonderes. Zum zweiten Mal in dieser Saison tritt er gegen seinen Bruder Maximilian an. Im Hinspiel hatten der „kleine“ Bruder und die Kiezkicker den SC Freiburg auch in der Höhe überraschend mit 3:0 besiegt – der ersehnte erste Dreier des Aufsteigers in dieser Bundesligasaison. Jetzt steht die Neuauflage am Millerntor an, der die ganze Familie Eggestein entgegenfiebert. Vor dem zweiten Bruder-Duell spricht der zwei Jahre ältere Maximilian (28) exklusiv in der MOPO über das besondere Verhältnis, familiäre Parteinahme, Vertrauen und harte Worte – und verrät, wie die Brüder ticken und miteinander umgehen.

MOPO: Welche Frage zum Bruder-Duell können Sie nicht mehr hören?

Maximilian Eggestein: Die Frage, wie oft wir in den Tagen davor telefoniert haben – oder ob überhaupt. Wir telefonieren sehr regelmäßig, fast täglich, und da macht diese Woche keine Ausnahme.

Was ist größer: die Freude auf das sportliche Wiedersehen mit Jojo oder der Wunsch nach Revanche?

Meine Revanche-Gelüste sind nicht so groß, ehrlich gesagt. Wir wollen einfach das Spiel gewinnen, weil es eine wichtige Phase der Saison ist – für beide Mannschaften. St. Pauli kann sich mit einem Sieg unten weiter absetzen, wir uns oben festbeißen. Wir beide können die drei Punkte gut gebrauchen.

Sie haben noch kein Pflichtspiel am Millerntor absolviert. Sorgt die anstehende Premiere für besondere Vorfreude oder ist Ihnen der Rahmen egal?

Das ist definitiv ein schöner Nebenaspekt und etwas, auf das ich mich freue. Die Atmosphäre bei St. Pauli, die Fans – das ist schon sehr besonders. Und ich mag es auch, wenn Stadien mitten in der Stadt sind. Das hat was.

„Wir sind keine großen Rivalen“

Hat die Niederlage im Hinspiel weniger wehgetan, weil es gegen den eigenen geliebten Bruder war – oder genau deshalb noch mehr?

Ich sehe es so: wenn man schon verliert, dann wenigstens gegen den eigenen Bruder. So hat wenigstens einer in der Familie richtig gute Laune (lacht).

Hand aufs Herz: Wie sehr sind Sie auch Konkurrenten?

Wir sind keine großen Rivalen, die unbedingt besser sein wollen als der andere und sich immer überbieten wollen. Natürlich wollen wir mit unseren Teams gewinnen, ist doch klar. Dann sind wir Gegner. Aber wir sind Brüder, haben ein sehr enges Verhältnis und sind, das kann man schon so sagen, auch beste Freunde.

Es gibt eine TV-Doku-Serie über die Basketball-Brüder Moritz und Franz Wagner, die ebenfalls eine besondere Beziehung und einen gemeinsamen Karriereweg haben. Es gibt einige Parallelen. Kennen Sie die „Wagner Brothers“-Serie?

Die Doku haben wir tatsächlich angeschaut und uns auch ein Stück weit darin wiedererkannt. Das liegt zum einen an unserer gemeinsamen Zeit bei Werder, wo wir zwar nicht in einem Haus, aber im Internat Tür an Tür gewohnt haben. Zum anderen am Elternhaus, das in unserem Fall – wie bei den Wagners auch – ein großes Augenmerk auf ein gutes Miteinander und die Vermittlung von Werten gelegt hat.



MOPO

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:

  • Das Kreuz mit dem Kreuz: Hamburger verraten, wen sie wählen
  • Ist es wirklich „fünf vor 1933“? Historiker über die Angst vor rechts außen
  • Vorwürfe gegen „Pulverfass“: Jetzt spricht die Gründer-Tochter
  • Drogen-Politik: Was St. Georg von Zürich lernen kann
  • Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
  • 20 Seiten Sport: St. Pauli-Helden Asamoah und Saad exklusiv & Alidou zurück im Volkspark
  • 20 Seiten Plan7: Roland Kaiser und Désirée Nick im Interview, die besten Kultur-Events der Woche



Fällt es angesichts ihrer engen Bindung nicht besonders schwer, auf dem Rasen in Zweikämpfe zu gehen, dem anderen wehzutun, wenn es sein muss?

Das ist für Außenstehende wahrscheinlich ein größeres Thema als für uns. So viele Gedanken sollte man sich selbst auch gar nicht machen, sondern einfach spielen. Es ist ja auch nicht so, dass wir nie gegeneinander gekickt haben. Das war früher bei Werder in Trainingsspielen so oder auch als Kinder zu Hause im Garten. Da sind wir auch in Zweikämpfe gegangen, haben uns nichts geschenkt und den anderen auch mal umgecheckt. Das gehört dazu.

Ihr Bruder hat erzählt, dass am Samstag die Mama, Oma und Opa wohl eher St. Pauli die Daumen drücken, weil der Kiezklub die Punkte im Kampf um den Klassenerhalt dringender braucht.

Ich weiß. Es ist schon okay. Außerdem ist Jojo der Jüngere – und die werden ja eher mal in Schutz genommen… Im Ernst: ich habe damit überhaupt kein Problem.

Jetzt mal ehrlich: Gibt man den eigenen Teamkollegen Tipps, wie man den Bruder am besten stoppen kann, was der nicht mag und welche Schwächen er hat?

Für so etwas gibt es doch Videoanalysten (grinst). Natürlich kommt die ein oder andere Frage, weil ich deutlich mehr Spiele von St. Pauli in dieser Saison gesehen habe als meine Mitspieler, aber die zielen eher allgemein auf die Spielweise von St. Pauli ab, auch wenn es hier und da auch mal um Jojo geht, weil der eben sehr wichtig für deren Spiel ist.

Ihr Bruder ist wie sie bei Freiburg ein Stammspieler und Leistungsträger. Diese Rolle auch in der Bundesliga zu spielen, hat ihm nicht jeder zugetraut. Wie bewerten Sie seine bisherigen Auftritte?

Jojo spielt eine sehr gute Saison – und das sage ich nicht nur als Bruder. Bei unseren Videoanalysen, die wir zum Spiel machen, ist er immer wieder Thema, weil er eine der zentralen Figuren im Spiel von St. Pauli ist. Das sagt schon einiges. Man tut ihm Unrecht, wenn man ihn nur an Toren und Assists misst, was bei Stürmern ja immer der Maßstab ist. Jojo ist im Spiel mit oder gegen den Ball sehr fleißig und extrem mannschaftsdienlich, hält und verteilt Bälle. Über ihn läuft sehr viel.

„Jojo ist schon ein ziemlicher Dickkopf“

Reden Sie eigentlich vorwiegend über Fußball und fachsimpeln bei Ihren regelmäßigen Telefonaten?

Natürlich ist Fußball ein großes Thema, weil er einfach unseren Alltag bestimmt. Was einen erfreut oder auch belastet, hat oft mit Fußball zu tun. Aber wir reden auch über andere Dinge, die uns interessieren oder uns bewegen, ganz normale Sachen, Alltagsthemen oder was so los ist in der Welt.

Was schätzen Sie besonders an Ihrem Bruder – und was nervt Sie am meisten?

Was wir gegenseitig schätzen, ist die Offenheit und auch das ehrliche Feedbacking. Wir können uns die Meinung sagen, auch wenn das mal ungemütlich ist. Wir sprechen Dinge klar an, ohne dass einer beleidigt ist, weil es nie darum geht, den anderen zu verletzen. Da gibt es ein großes Vertrauen. Was mich am meisten nervt? Jojo ist schon ein ziemlicher Dickkopf.

Das hat er in einem Gespräch mit der MOPO sogar selbst von sich gesagt.

Er neigt dazu, recht haben zu wollen und kann dann sehr stur sein. Da ist es manchmal besser, ihn in dem Glauben zu lassen … (schmunzelt).

Das könnte Sie auch interessieren: Vertrag bis 2110: St. Pauli und Stadt einigen sich über neues Trainingszentrum

Welches wäre das perfekte Szenario für die Familie Eggestein am Ende der Saison?

St. Pauli bleibt relativ problemlos in der Liga und wir haben es geschafft, in der darauffolgenden Saison wieder international zu spielen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp