Corona-Wirbel: Saisonabbruch, Klassenerhalt, Training! Ex-Kiezkicker im Gefühls-Chaos
Europas Fußball spielt in der Corona-Krise verrückt. Während sich der FC St. Pauli und 35 weitere deutsche Profivereine auf die Fortsetzung der Spielzeit vorbereiten und auf grünes Licht der Politik bauen, ist für Ex-Kiezkicker Richard Neudecker die Saison in den Niederlanden vorzeitig beendet worden. Kurios: Trotz der vor zehn Tagen unter großen Protesten vieler Klubs verordneten Sommerpause nimmt Neudecker mit der VVV-Venlo in dieser Woche wieder das Training auf.
Es geht wieder los – obwohl es vorbei ist. „Das alles fühlt sich echt komisch an“, sagt Neudecker im Gespräch mit der MOPO. „Ich habe gemischte Gefühle in mir. Ich freue mich, dass ich jetzt wieder mit meinen Teamkollegen kicken kann, bin enttäuscht, dass die Saison nicht zu Ende gespielt wird. Anderseits ist der Klassenerhalt sicher. Das war unser Ziel. Aber die Freude darüber hält sich in Grenzen.“
Neudecker war lange bei seinen Eltern in Bayern
Seit dem Wochenende ist Neudecker, der die meiste Zeit der seit 7. März andauernden Spielpause in seiner bayrischen Heimat bei seinen Eltern verbracht hat, wieder in seinem derzeitigen Wohnort Mönchengladbach, nur 35 Minuten Autofahrt von Venlo entfernt.
Richard Neudecker: Venlo nimmt Training wieder auf
In Kleingruppen soll ab dieser Woche wieder trainiert werden, bis feststeht, wann die neue Saison startet. „Die Mannschaft soll sich fit halten, um auf einem guten körperlichen Niveau in eine kurze echte Sommerpause zu gehen“, berichtet Neudecker. „Ich freue mich auf meine Mitspieler.“
Neudecker beendet die Saison auf Platz 13
Venlo hat die nach 26 von 34 Spieltagen durch den Verband KNVB abgebrochene Saison als Tabellen-13. beendet, zwei Punkte vor dem Relegationsplatz. Aber Auf- und Abstieg sind ohnehin ausgesetzt worden. Es gibt auch keinen Meister der Eredivisie, wohl aber wurden die Europacup-Startplätze für die kommende verteilt. Das Pokal-Finale wurde ersatzlos gestrichen.
Eredevisie: Kein Meister, kein Pokalsieger, keine Ab- und Aufsteiger
Viele Klubs fühlen sich benachteiligt, auch die designierten Aufsteiger aus der 2. Liga, und drohen mit Klagen. Dem Vernehmen nach war die Mehrheit der niederländischen Profi-Klubs gegen den Saisonabbruch durch den Verband.
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„Es ist eine extrem schwierige Situation“, sagt Neudecker. „Ich verstehe die Spieler von Ajax Amsterdam, die frustriert sind, weil sie als Erster nicht Meister geworden sind.“ Andererseits sei der Tabellenzweite AZ Alkmaar punktgleich und hätte noch alle Chancen auf den Titel gehabt. Alkmaar hat zudem beide direkten Duelle gegen Ajax gewonnen.
Richard Neudecker: „Extrem schwierige Situation“
Auch in Venlo sorgt die Corona-Krise für massive Probleme. 15 (!) Verträge sind mit dem vorzeitigen Saisonende ausgelaufen, nur 13 Spieler weiterhin gebunden, darunter Neudecker (bis 2022). In dieser unsicheren Zeit eine halbe Mannschaft neu zu verpflichten, wird zur kaum kalkulierbaren Herkulesaufgabe. „Es gibt viele Fragezeichen“, sagt der Mittelfeldmann.
Auch deshalb verfolgt Neudecker die Diskussionen über eine Fortsetzung des Spielbetriebes in Deutschland derzeit nur am Rande. Was den FC St. Pauli angeht, ist er dennoch auf dem Laufenden. „Ich telefoniere regelmäßig mit Robin (Himmelmann, d. red.)“, erzählt der 23-Jährige, der kürzlich sogar auf Stippvisite in Hamburg war. „Ich habe mit meiner Freundin ihre Familie besucht.“
FC St. Pauli: Neudecker hält Kontakt zu Robin Himmelmann
So merkwürdig und unbefriedigend das vorzeitige Saisonende auch ist – eines hat Richard Neudecker seinen ehemaligen Mitspielern beim Kiezklub voraus: Gewissheit. „Diese Hängepartie, ob es weitergeht oder nicht, die war für die Psyche nervig.“ Am kommenden Mittwoch, wenn die Politik final über den Fall des Fußballs entscheiden will, werden auch Himmelmann & Co. endlich Gewissheit haben.