Die Top11: St. Paulis größte Spiele gegen Kaiserslautern
42 Mal trafen sich der FC St. Pauli und der 1. FC Kaiserslautern bisher zum Duell im Herrenbereich – doch selbst der Nachwuchs beider Vereine traf schon mehrfach aufeinander. Seit 2015 spielt der Kiezklub sehr gern gegen die „Roten Teufel“, von elf Partien wurden sieben gewonnen und nur eine verloren. Insgesamt hat der viermalige Deutsche Meister mit 22:12 Siegen aber noch deutlich die Nase vorn. Die MOPO blickt auf die elf größten Spiele des Nord-Südwest-Duells.
Platz 11: Das uneingelöste Versprechen (St. Pauli – Kaiserslautern 5:2, 15. Mai 2016, Millerntor)
Im letzten Spiel der Saison geht es für keinen der beiden Klubs noch um etwas. Aber für Ryo Miyaichi ist es ein besonderer Tag. Der Japaner hat sich in der Saisonvorbereitung einen Kreuzbandriss zugezogen und muss bis zum Abschlussspiel auf einen Startelf-Einsatz warten. Gegen Kaiserslautern legt der damals 23-Jährige richtig los, erzielt nach der frühen Gästeführung erst den Ausgleich, bereitet dann die Führung vor und trifft wieder selbst zum 3:1.
Nach 70 Minuten wird er unter tosendem Applaus ausgewechselt, St. Pauli siegt 5:2 – aber es ist schon der Höhepunkt für den Flügelspieler bei den Braun-Weißen. In seinen sechs Jahren beim Kiezklub hat Miyaichi immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, nach 77 Spielen mit acht Toren wechselt er 2021 nach Yokohama.
Platz 10: Fritz-Walter-Wetter (Kaiserslautern – St. Pauli 2:0, 27. Mai 1951, Ludwigshafen)
Wie bestellt kommt der Regen in Ludwigshafen, wo Kaiserslautern St. Pauli in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1951 empfängt. Fritz-Walter-Wetter! Lauterns Kapitän spielt auf nassem Untergrund groß auf und bereitet beide Treffer von Horst Eckel vor. Wochen später werden die Pfälzer zum ersten Mal Deutscher Meister – und drei Jahre später regnet es auch im WM-Finale von Bern, wo die DFB-Elf mit fünf Spielern aus Kaiserslautern Weltmeister wird. Fazit von St. Pauli-Verteidiger Hans Appel nach der Endrunden-Niederlage 1951: „Wir haben keine Stürmer, das ist der größte Kummer.“
Platz 9: Wann wird’s mal wieder Erste Liga? (St. Pauli – Kaiserslautern 1:0, 3. Dezember 2010, Millerntor)
Als St. Pauli Kaiserslautern zum bislang letzten Mal in der Ersten Liga empfängt, herrscht starkes Schneetreiben an einem Freitagabend. Holger Stanislawskis Aufsteiger warten seit sechs Spielen auf einen Sieg, zu dem es „im Kühlschrank am Millerntor“ (Kicker) dann auch tatsächlich kommt. Unter netter Mithilfe der Gäste: Kurz nach Beginn der zweiten Hälfte köpft der Lauterer Christian Tiffert einen Freistoß von Max Kruse ins eigene Tor.
Den Vorsprung verteidigt St. Paulis Abwehr um Fabio Morena bis zum Schlusspfiff weg – was am Abstieg zum Saisonende freilich nichts ändert.
Platz 8: Hungrige Talente (St. Pauli – Kaiserslautern 0:1, 4. Juli 1981, Millerntor)
Mit seinem Live-Kommentar zum Wembley-Tor 1966 („Das wird jetzt wieder Diskussionen geben“) ist Rudi Michel in die TV-Geschichte eingegangen. Als Sportchef des Südwestfunks schickte er anderthalb Jahrzehnte später einen Übertragungswagen ans Millerntor, um vom Viertelfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft zu berichten. Fazit des Reporters, der einige der 5450 Zuschauer befragt hat: „Viele wollen die satten Bundesliga-Profis nicht mehr sehen, sondern hungrige Talente.“ Zu denen zählen auf St. Paulianer Seite die späteren Bundesliga-Kicker Volker Ippig und Jürgen Gronau. Kaiserslauterns Nachwuchs zieht durch einen 1:0-Sieg ins Halbfinale ein, weil Ippig einen Schuss von Hans-Peter Rinner passieren lassen muss und Gronau zwar einen Elfmeter rausholt, der aber von Torsten Klauck verschossen wird. „Leider hat sich die Schufterei nicht gelohnt“, ärgert sich Ralf Brunnecker, der danach unter einigen Misstönen zum HSV wechselt.
Platz 7: Sprecher ans Telefon (Kaiserslautern – St. Pauli 1:1, 20. Oktober 1989, Betzenberg)
In Fernsehen und Radio ist viel davon zu hören, wie die Berliner Mauer bröckelt. Aber von einem Freitagabend-Spiel der Bundesliga wird 1989 nur ausschnittsweise berichtet, vielleicht alle 20 Minuten erfolgt eine Radio-Schalte ins Stadion. St. Paulis 1:1-Ausgleich durch Dirk Zander in der 72. Minute ist über den Äther gelaufen, doch danach verdrängt wieder Dudelmusik den Informationsauftrag des Senders. Guter Rat ist teuer für den Fan. Oder kostet er doch nur 23 Pfennig? Statt kurzerhand das Internet für Alle zu erfinden (oder Videotext zu gucken), beschließt der damals 16-Jährige Autor dieser Zeilen, im Minutentakt den Stadionsprecher des 1. FC Kaiserslautern anzurufen und sich nach dem Spielstand zu erkundigen. Ja, das war damals noch möglich. Und anstrengend. Zumindest für den Menschen in der Kaiserslauterer Kabine, der den Hörer seines Festnetztelefons bis zum Schluss nicht zur Seite gelegt hat. Sein „Immer noch 1:1“ klang zwar zunehmend genervt aus der Muschel. Aber für mich ist er dadurch bis heute mein Lauterer Lieblingsfunktionär.
Platz 6: Der erste Auswärtssieg (Kaiserslautern – St. Pauli 1:2, 19. Mai 2013, Betzenberg)
Für Kaiserslautern ist das letzte Punktspiel ein Vorbereitungsspiel – nach der Saison stehen noch die Bundesliga-Aufstiegsspiele gegen Hoffenheim an. Zur Einstimmung soll ein lockerer Heimsieg gegen die Jenseits-von-Gut-und-Böse-Gäste her – doch da haben die Pfälzer ihre Rechnung ohne Robin Himmelmann gemacht.
St. Paulis Torwart hält bei seinem Profidebüt überragend, weshalb die beiden Ersthalbzeit-Treffer von Dennis Daube und Daniel Ginczek zum überraschenden ersten Auswärtssieg überhaupt auf dem „Betze“ reichen. Für Himmelmann folgen 178 weitere Einsätze im St. Pauli-Tor. Und Kaiserslautern verpatzt dann auch die Relegation mit 1:3 und 1:2 gegen Hoffenheim.
Platz 5: Verlängerung an der Weser (St. Pauli – Kaiserslautern 1:1 n.V., 12. Juni 1949, Bremen)
Das erste Aufeinandertreffen beider Vereine geht gleich in die Verlängerung. Zwar werden die Bundesrepublik und die DDR erst noch gegründet, aber eine Deutsche Meisterschaft wird schon wieder ausgespielt. Und da begegnen sich St. Pauli und Kaiserslautern im Viertelfinale. Der DFB hat es dem norddeutschen Vizemeister nicht gerade leicht gemacht: Erst muss St. Pauli Rot-Weiss Essen 4.1 bezwingen, dann räumt die braun-weiße „Wunderelf“ um Harald Stender auch einen gewissen FC Bayern München in dreieinhalb Stunden (1:1 n.V., 2:0) aus dem Weg. Südwest-Meister Kaiserslautern kann in aller Ruhe warten – und geht bei der Partie in Bremen durch Otmar Walter früh in Führung. Kurz vor der Pause gelingt Günter Woitas das 1:1, das auch nach 120 Minuten Bestand hat. Im fälligen Wiederholungsspiel eine Woche später in Düsseldorf fehlt St. Pauli die Kraft, Lautern zieht durch ein 4:1 ins Halbfinale ein.
Platz 4: Dank Dröge nach Dortmund (St. Pauli – Kaiserslautern 5:3 n.E., 21. Juni 1998, Sternschanzenpark)
49 Jahre später hat St. Pauli das bessere Ende für sich – und erreicht nach Elfmeterschießen das Halbfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft. Der legendäre braun-weiße Jahrgang mit Ivan Klasnic, Zlatan Bajramovic und Christian Rahn hat im Hinspiel auf dem Nebenplatz „Betzenberg 4“ ein 2:2 erreicht, das Rückspiel auf dem Polizeisportplatz im Sternschanzenpark endete 1:1. Die „hochgezüchteten Bullen“, wie St. Paulis Jugendtrainer Joachim Philipkowski die großgewachsenen Lauterer Talente nannte, waren ebenbürtige Gegner. Vor 1500 Zuschauern wurde Torwart Frank Dröge bei der „Entscheidung von der Strafstoßmarke“ aber zum Helden. St. Pauli musste sich erst im Halbfinale gegen den damaligen Jugendserienmeister Borussia Dortmund (1:3, 1:5) geschlagen geben.
Platz 3: Lieber Rot als tot (St. Pauli – Kaiserslautern 1:0, 6. Oktober 1990, Millerntor)
Drei Tage nach der deutschen Einheit machte Kaiserslautern als Tabellenführer seine Aufwartung am Millerntor. St. Pauli spielt stark, Leonardo Manzi und Jürgen Gronau verpassen die braun-weiße Führung, Stefan Kuntz scheitert auf der Gegenseite. In der zweiten Hälfte liegt St. Paulis Abwehrrecke Dieter Schlindwein nach einer Lauterer Ecke auf einmal am Boden – und Gegenspieler Demir Hotic fliegt für seine Tätlichkeit vom Platz.
„Er fällt um wie ein Toter und ich krieg’ eine Rote Karte“, empört sich der Sünder – und behauptet: Wenn ich ihn geschlagen hätte, hätte er nicht mehr weitergespielt.“ Schlindwein spielt weiter – und sieht, wie Frank Wolf in der Nachspielzeit auf Vorlage von André Golke zum 1:0-Sieg trifft. Das einzige St. Pauli-Tor des Mittelfeldspielers, der vom VfB Kiel gekommen war. Immerhin gegen den späteren Deutschen Meister – was Monate später dann auch Hotic’ Zorn verrauchen lässt.
Platz 2: Die schönste Niederlage (Kaiserslautern – St. Pauli 4:2, 7. März 1995, Betzenberg)
In guten Momenten des Fußballs verlässt man als Verlierer den Platz und weiß doch: Hier gehören wir hin! Das Los hat dem FC St. Pauli 1995 ein DFB-Pokal-Viertelfinale am Betzenberg beschert. Undankbar für einen Zweitliga-Spitzenklub. Aber auch die Chance zu beweisen, dass man für höhere Aufgaben bereit ist. Die Partie wogt hin und her, Yuriy Savichev gleicht für St. Pauli zum 1:1-Pausenstand aus. Nach dem Wechsel schlägt Olaf Marschall zweimal für die Gastgeber zu, doch André Trulsen verkürzt noch einmal auf 2:3. Schließlich muss sich St. Pauli geschlagen geben, hat aber auch eine 90-minütige Bewerbung für die Erstklassigkeit abgegeben. Tatsächlich steigt die Mannschaft von Uli Maslo wenige Wochen später auf und feiert 1996 als bislang letztes St. Pauli-Team den Bundesliga-Klassenerhalt.
Platz 1: Klassenerhaltskapitän Kalla (Kaiserslautern – St. Pauli 0:2, 9. Mai 2015, Betzenberg)
Mehr David gegen Goliath geht nicht: Drei Runden vor Schluss ist Kaiserslautern als Tabellenzweiter auf Bundesliga-Kurs und zu Hause noch ungeschlagen. St. Pauli ist das auswärtsschwächste Team der Zweiten Liga und würde bei einer Niederlage auf einen Abstiegsplatz stürzen. Bis zum Halbzeitpfiff erzittern sich die Kiezkicker das 0:0. Nach Wiederanpfiff kommt es zu zehn Minuten, ohne die der FC St. Pauli heute vermutlich nicht da stünde, wo er steht.
Das könnte Sie auch interessieren: Zukunft bei St. Pauli? Das rät Stefan Kuntz seinem Trainer-Kollegen Hürzeler
Jan-Philipp Kalla fällt ein Ball unverhofft vor die Füße, der Kapitän erkennt die Situation und zieht ab – 1:0 für St. Pauli in der 47. Minute! Als Christopher Buchtmann im Strafraum zu Fall gebracht wird, schnappt sich Marcel Halstenberg den Ball und verwandelt den Elfmeter zum 2:0 nach 55 Minuten.
Die Sensation ist perfekt – und die Grundlage dafür, dass St. Pauli zwei Wochen später den Klassenerhalt feiert, während Kaiserslautern sogar die Relegationsspiele gegen den HSV dem Karlsruher SC überlassen muss. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.