„Die werden sich für immer daran erinnern“: St. Pauli feiert gigantische Kiez-Party
Nicht am Sonntag beim Saisonfinale in Wiesbaden, nicht am Montagmittag auf dem Rathausbalkon, erst auf dem Spielbudenplatz war es soweit. Um 17.54 Uhr nahm St. Paulis Kapitän Jackson Irvine entgegen, worauf der FC St. Pauli die ganze Saison hingearbeitet hatte: die Meisterschale der zweiten Liga.
Roter Rauch stieg empor, Flammen schossen aus dem Boden der Bühne, auf der die Spieler sich den Zehntausenden Fans präsentierten. Kinder reckten Meisterschalen-Replika in die Höhe, wenn auch solche aus der ersten Liga. Aber wer weiß schon, was noch kommt. Zunächst einmal jedenfalls: viel Party. Und wer nicht schon am Nachmittag auf der Reeperbahn war, hatte kaum mehr eine Chance, überhaupt nur in die Nähe des Party-Epizentrums zu gelangen.
Ohne jede Frage Hit des Tages war ein Schlachtruf, den die Spieler schon am Mittag beim Bürgermeister-Besuch angestimmt hatten: „Wir holen die Meisterschaft, und schießen Rostock ab, der DFB-Pokal ist uns scheißegal“, grölten Fans und Spieler immer wieder gemeinsam. Ein Gruß an den Erzrivalen FC Hansa, der am Sonntag unter hässlichen Begleiterscheinungen in die 3. Liga abgestiegen war.
„Bambule, Randale, St. Pauli hat die Schale!“
Ebenfalls zu hören, nachdem Irvine die Meistertrophäe für die Übergabe der Medaillen wieder abgestellt hatte: „Bambule, Randale, St. Pauli hat die Schale!“ Und: jede Menge kreativer Zuschreibungen für seine Kollegen vom verletzten Philipp Treu, der bei der Siegerehrung den Einpeitscher gab. Connor Metcalfe nannte er „die größte Partysau hier in unserem Verein“, Etienne Amenyido „den Mann mit dem besten Style im Team“, Adam Dzwigala den Innenverteidiger, „der im Training gefühlt jeden Zweikampf gewinnt“ – und Ersatztorhüter Sascha Burchert denjenigen, der jeden Morgen 120 Kilo auf der Bank drücke.
Den erwartungsgemäßen Stimmungs- und Dezibelhöhepunkt brachte der Aufruf von Jackson Irvine. Die Übergabe seiner Medaille glich dem Auftritt eines Rockstars. Der Kiez bebte, Seismologen in der Region dürften Ausschläge verzeichnet haben. „Wir danken euch von ganzem Herzen“, sagte der Australier. „Was wir geschafft haben, wird immer bleiben, wir sind für immer verbunden.“ Akustisch kaum nach stand dem Irvine-Moment allerdings die Ehrung von Trainer Fabian Hürzeler, begleitet von „Hü-, Hü-, Hürzeler“-Rufen. „Der beste Trainer der Welt! Der beste Trainer, den St. Pauli je hatte!“, schrie Treu.
Besagter Trainer bedankte sich zum x-ten Mal und das natürlich völlig zu Recht bei den Fans, die sich auf dem Spielbudenplatz kaum vor und zurück bewegen konnten. Das tue zwar jeder Verein nach jeder Saison, sagte Hürzeler. „Aber was Ihr diese Saison geleistet habt – Ihr seid dafür verantwortlich, dass diese Mannschaft aufgestiegen ist.“
Irvine hebt die Meisterschale gleich nochmal
Und weil das mit der Schale zunächst ja so lange gedauert hatte und dann so schön war, wiederholte Irvine das Prozedere einfach noch einmal und stemmte die Trophäe um 18.15 Uhr noch einmal nach oben. Diesmal auch so, wie es das Protokoll vorgesehen hatte.
Und dann? Sollte es weitergehen mit der Feier – auf dem Spielbudenplatz für die Fans und im Schmidts Tivoli für die Spieler und geladene Gäste. „Wir haben die letzten Tage schon gut Gas gegeben“, sagte Philipp Treu, der Einheizer auf Krücken. „Aber heute ist Open End, da lassen wir es noch mal krachen.“
Eggestein nach Aufstieg: „So viel Freude in den Gesichtern“
Vor der Party auf dem Spielbudenplatz waren Spieler und Fans nach ihrem Besuch bei Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in einem Demonstrationszug für Demokratie und Clubkultur vom Rathausmarkt in Richtung Kiez gezogen.
„Es ist einfach ein mega schönes Gefühl, kaum mit Worten zu beschreiben“, sagte Stürmer Johannes Eggestein mit Blick auf die feiernden Menschenmassen. „Man konnte so viel Freude aus den Gesichtern herauslassen.“
Das könnte Sie auch interessieren: Von Bornemann bis Göttlich: St. Paulianer schwärmen in der MOPO von Hürzeler
Sänger Thees Uhlmann erinnerte angesichts der großen Emotionen der Fans daran, was ihnen der Erfolg des Vereins bedeutete. „Man darf das nicht vergessen, die Leute führen ein hartes Leben, manche wissen nicht, wie sie ihre Miete bezahlen. Es existieren Ängste und Sorgen. Und es gibt Leute, die lieben den Fußball und St. Pauli. Und die werden sich für immer daran erinnern.“