Dreifach-Schock für den FC St. Pauli in der Schlussphase: „Es fühlt sich fies an“
Lange sah es so aus, als würde der FC St. Pauli trotz dürftiger Leistung in einem wenig erquickenden Spiel gegen den SC Freiburg immerhin einen Punkt am ausverkauften Millerntor behalten. Doch in den Schlussminuten brach das geballte Unglück über den Kiezklub herein, der die Partie noch mit 0:1 verlor. Aber nicht nur die.
Es lief bereits die 89. Minute, als die eigentlich durchgehend einen Hauch aktiveren Breisgauer noch einmal einen Angriff nach Ballgewinn im Mittelfeld starteten. Kapitän Christian Günter brach auf der linken Bahn durch, wollte den Ball mit Wucht ins Zentrum pieken. St. Paulis Ex-Freiburger Philipp Treu wollte exakt dieses verhindern und fälschte das Spielgerät dabei so bitter ab, dass es über den machtlosen Nikola Vasilj im Tor in die Maschen flog. „Es fühlt sich fies an“, gestand Hauke Wahl später in den Katakomben.
St. Paulis James Sands verletzt sich schwer
Ein später Schock also, aber längst nicht der letzte. Bei der allerletzten Ausgleichschance in der dreiminütigen Nachspielzeit brachte Eric Smith die Kugel aus dem Halbfeld scharf vors SC-Gehäuse, wo neben viel Feind und Freund auch der hereinspringende James Sands verpasste – und sich bei der Landung so schwer verletzte, dass er von zwei Physios gestützt vom Feld geführt werden musste.
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Kurz darauf war Schluss, was Alexander Blessin dazu veranlasste, noch einmal den Dialog mit Referee Benjamin Brand zu suchen. Der war gewiss kein Heim-Schiri gewesen, hatte aber auch keine groben Fehler gemacht. In jedem Fall passte dem Unparteiischen die Wortwahl Blessins nicht. Der sah Gelb, seine vierte Verwarnung. Er fehlt im kommenden Auswärtsspiel in Mainz.
St. Pauli-Trainer Blessin fehlt in Mainz gesperrt
Ganz schön happig unterm Strich. Dabei war es noch halbwegs schwungvoll losgegangen beim Duell der beiden Eggestein-Brüder. Startelf-Rückkehr Elias Saad hatte nach Solo den ersten Abschluss der Partie (6.), auf der Gegenseite verhinderte Nikola Vasilj mit einer Glanzparade gegen den frei vor ihm auftauchenden Ritsu Doan einen möglichen Rückstand (13.). Es sollten lange, lange, lange die einzigen Höhepunkte bleiben.
Freiburg stellte die Hausherren mit hohem Pressing vor enorme Probleme im Aufbau. St. Pauli bekam die erste Linie eigentlich nie überspielt, was auch an viel zu vielen Ungenauigkeiten und Missverständnissen lag. Mit den zeitweise weit über 60 Prozent Ballbesitz wussten die Hamburger nichts anzufangen. „Wir haben keinen guten Mix gefunden zwischen kurzen und langen Bällen“, befand Nikola Vasilj und bekam Zuspruch von Noah Weißhaupt. „Es war schwierig mit den langen Bällen, wir sind da vorne alle nicht die Größten“, sagte die Freiburg-Leihgabe und urteilte ehrlich: „Zum Angucken war es kein schönes Spiel.“
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Andererseits ließen die Kiezkicker aber auch gar nichts zu, was nicht einfach war angesichts der flexiblen Tiefenläufe und vielen langen Bälle der Gäste. So plätscherte die Nummer gen Pausenpfiff, aber es wurde völlig überraschend noch mal dramatisch. Zunächst setzte Vincenzo Grifo einen Freistoß aus 18 Metern zentraler Position deutlich daneben (42.) – und stand drei Minuten später wieder im Mittelpunkt.
Kiezklub-Keeper Nikola Vasilj hält Grifos Elfmeter
Referee Benjamin Brand hatte nach einem Ellbogeneinsatz von Jackson Irvine gegen den zwei Köpfe kleineren Doan im Kopfballduell auf Strafstoß entschieden. Eine viel diskutierte Nummer (Bornemann: „Armeinsatz gehört zum Springen schon dazu“), über die sich auch Irvine massiv echauffierte. Aus Schiedsrichter-Sicht hingegen war der Pfiff nachvollziehbar. Es gab also Elfer. Wie im Hinspiel. Auch da schoss Grifo, Vasilj hielt – und wiederholte das Kunststück. Den in die Mitte gelupften Panenka-Versuch fing Vasilj unter dem Jubel der Mitspieler und Fans locker auf (45.+2).

Wer nach der Pause auf prompte Besserung hoffte, wurde enttäuscht. Es ging fehlerbehaftet weiter auf Seiten der Hausherren, und auch das Privatduell zwischen Grifo und Vasilj hatte immer denselben Sieger. Jetzt fischte der Schlussmann einen weiteren Freistoß aus dem rechten Eck (57.). Beim nächsten Gäste-Versuch durch Merlin Röhl musste er nicht eingreifen, der Ball flog knapp über den Querbalken (64.).
Johannes Eggestein: „Sehr, sehr bittere Minuten für uns“
Spätestens jetzt hatte sich der Eindruck verfestigt, dass St. Pauli an diesem Tag mit einem Punkt hervorragend würde leben können. Und daran änderte sich auch in der Folge nichts mehr. „Nach vorne“, räumte Johannes Eggestein ein, „war es schon dünn.“ Dennoch wäre für Sportchef Andreas Bornemann „ein Punkt für uns nicht unverdient gewesen, weil wir einfach gut verteidigt haben und so die ganz klaren Chancen nicht zugelassen haben“. Eine nachvollziehbare Sichtweise, die aber obsolet war nach den Ereignissen der Schlusssequenzen.
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„Es waren sehr, sehr bittere Minuten für uns“, stöhnte Johannes Eggestein. „Es ist schwer, Worte dafür zu finden.“ Oder gar schon den Blick in die Zukunft zu richten. Alexander Blessin versuchte es trotzdem. „Es tut weh“, sagte der 51-Jährige, „aber wir müssen uns schnellstmöglich schütteln. Letztlich wirft uns das nicht um und es gilt, positiv nach vorne zu schauen.“
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