Fünf Spiele ohne Sieg: Diese Delle tut St. Pauli richtig weh
Es ist fast schon verrückt. Nur ein Tor mehr gegen den SC Paderborn – und der FC St. Pauli wäre jetzt wieder Tabellenführer der Zweiten Liga und einer der strahlenden Gewinner des 21. Spieltages. Die Kiezkicker stehen als Zweiter zwar immer noch hervorragend da und haben im Aufstiegskampf weiter alle Chancen, doch das fünfte Liga-Spiel in Serie ohne Sieg nagt am Selbstvertrauen, strapaziert das braun-weiße Nervenkostüm, erhöht den Druck.
Wieder kein Dreier. Wieder zwei Gegentore. Immerhin ein Punkt. Besser als gar nichts. Könne noch ganz wichtig werden in dieser engen Liga, sagte Trainer Timo Schultz nach dem 2:2 am Samstagabend am Millerntor. Aber war es nicht Schultz, der im Verlauf der Hinrunde mal gesagt hatte, mit Unentschieden komme man nicht voran?
Keine Krise – aber St. Pauli ist im Formloch
„Gefühlt haben wir ein Spiel verloren“, bekannte Leart Paqarada nach dem dritten Remis im fünften Spiel. Wer den Linksverteidiger und seine Mitspieler nach dem Anpfiff beobachtete, der sah die Körpersprache von Fußballern nach einer Niederlage – was im Übrigen auch auf den ein oder anderen Verantwortlichen zutraf.
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Das Wort Krise will nach wie vor niemand in den Mund nehmen. In Fankreisen wird darüber diskutiert, wie die aktuelle Lage denn nun zu bewerten sei. Es gibt die Kirche-im-Dorf-lassen-Fraktion, die darauf verweisen, dass St. Pauli Tabellenzweiter sei, einen Punkt hinter Platz eins, und obendrein im Viertelfinale des DFB-Pokals stehe, ergo: alles besser als in den vergangenen zehn Jahren. Das ist nicht falsch.
In den letzten fünf Spielen gab es nur drei Punkte
Der Blick auf die Tabelle darf andererseits nicht darüber hinwegtäuschen, dass St. Pauli ein echtes Problem hat. Aktuell. Noch zehren die Braun-Weißen von ihrer überragenden Hinrunde. Doch das Polster ist weg. Fünf Spiele ohne Sieg – nur Düsseldorf (Platz 15) und Aue (17.) blieben in dieser Zeitspanne ebenfalls ohne Dreier. In der Formtabelle der Zweiten Liga ist St. Pauli Drittletzter. Fünf Spiele, drei Punkte, 6:10 Tore.
Trainer Schultz spricht von einer „Delle“ und räumte, anders als noch nach dem 1:2 im Derby, erstmals ein: „Uns ist ein bisschen die Leichtigkeit abhandengekommen, das kann man nicht wegdiskutieren.“ St. Pauli spielt längst nicht mehr so rasant und auch dominant wie in der Hinrunde auf, leistete sich gegen Paderborn ungewohnt viele Fehlpässe und leichte Ballverluste. Ganz zu schweigen von den sich wiederholenden Unzulänglichkeiten beim Verteidigen des eigenen Tores.
Timo Schultz: „Haben die Leichtigkeit verloren“
Das fast unbändige Selbstvertrauen der Hinrunde ist angeknackst, wie Paqaradas Worte deutlich machen. „Wir sind eine Mannschaft, die marschieren will und dafür braucht man Selbstvertrauen. Das haben wir uns monatelang geholt und das müssen wir uns jetzt wiederholen.“ Das geht nur über Erfolgserlebnisse. St. Pauli braucht dringend einen Sieg – für den Kopf noch dringender als für das Punktekonto. Die Trendwende ist jetzt viel wichtiger als der aktuelle Tabellenplatz, weshalb nicht Rang zwei Priorität hat, sondern drei Punkte.
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Auch wenn nach außen Ruhe und Zuversicht demonstriert und fast schon trotzig auf die weiter gute Ausgangslage verwiesen wird: Intern sind sich alle darüber im Klaren, das dies eine verdammt ernste Situation und eine ganz entscheidende, wegweisende Phase der Saison ist, die es zu meistern gilt. Die Liga-Spitze ist eng zusammengerückt, Platz eins und sechs trennen derzeit nur zwei Punkte. Ein Drittel der Vereine darf sich nach zwei Dritteln der Saison Aufstiegsanwärter nennen.
„Wir haben jetzt eine Durststrecke von fünf Spielen, wo wir keinen Dreier holen konnten“, sagt Schultz. „Trotzdem: Wir sind als FC St. Pauli in einer Top-Ausgangslage und wir werden uns das auch nicht schlechtreden lassen.“ Umgekehrt kann Platz 16 in der Formtabelle nicht schöngeredet werden.