Geisterspiel-Plan: St. Paulis Sportchef Bornemann: „Der Fußball will keine Sonderrolle“
Kann, soll, darf der Fußball schon im Mai wieder durch die großen Stadien des Landes rollen und fliegen? Deutschland diskutiert über eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes in der Corona-Krise – und ist gespalten. Nur der Fußball ist in breiter Front vereint, hat seinen Plan für Geisterspiele vorgelegt und muss dafür auch reichlich Kritik einstecken. St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann verteidigt in der MOPO das Vorgehen seiner Branche.
Wenn der FC St. Pauli heute in die Trainingswoche startet, dann wird auf dem Trainingsgelände an der Kollaustraße und im Millerntor-Stadion weiterhin in insgesamt fünf Kleingruppen trainiert.
Frühestens am Freitag, eher am Montag in einer Woche, könnte ein fußballspezifisches Mannschaftstraining aufgenommen werden, mit dem die heiße Phase in der Vorbereitung auf einen Neustart des Spielbetriebes in der 1. und 2. Liga begänne – wenn denn am Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten grünes Licht geben.
FC St. Pauli wartet auf Signal von Merkel und den Landeschefs
Der ursprünglich favorisierte und auch angepeilte 9. Mai als Termin für den ersten Spieltag (eigentlich der 26. dieser Saison) ist nicht zu halten. Nach MOPO-Informationen planen die DFL und die 36 Vereine jetzt für den 16. Mai mit drei Spieltagen im besagten Monat und sechs im Juni.
Eine Variante, die aus Liga-Kreisen zu hören ist: Die Relegation und das DFB-Pokalfinale könnten in den Juli rücken. Diese Spiele beträfen dann nur sechs von 36 Vereinen.
Liga-Neustart: DFB-Pokal und Relegation im Juli?
„Natürlich ist es das Bestreben aller Vereine, Ende Juni die Saison zu beenden, um im Rahmen der Vertragslaufzeiten zu bleiben“, stellt Andreas Bornemann im Gespräch mit der MOPO klar. Generell gelte: „Der Fußball muss flexibel sein und das Beste aus den jeweiligen Gegebenheiten und Vorgaben machen.“
Das könnte auch die physiologisch notwendige Aufbauphase vor dem ersten Spiel betreffen, für die die Vereine mindestens zwei, im besten Fall sogar drei Wochen kalkuliert hatten. „Wenn die Vorbereitungszeit auf das erste Spiel kürzer sein sollte, als ursprünglich veranschlagt, dann gilt es, sich daran anzupassen“, so Bornemann.
Andreas Bornemann: DFL-Konzept „schlüssig und umsetzbar“
Den von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vorgelegten detaillierten, überaus komplexen und auch komplizierten Plan zur Durchführung von Geisterspielen bezeichnet St. Paulis Sportchef für „durchdacht, schlüssig und umsetzbar.“
Kritiker, darunter Politiker, Virologen, aber auch Fan-Vertreter, sehen das anders. Moniert wird unter anderem, dass der Fußball zu viele Corona-Tests (nach DFL-Berechnungen etwa 20.000) benötige, die an anderer Stelle fehlen könnten, dass die DFL kein schlüssiges Konzept für den Fall einer Erkrankung eines Spielers habe und insgesamt mit dem vorgelegten Plan eine Sonderbehandlung beanspruche, die gesamtgesellschaftlich in diesen Krisenzeiten nicht vertretbar sei.
Bornemann verteidigt Vorgehen der Vereine gegen Kritik
Bornemann hält dagegen. „Der Fußball will gar keine Sonderrolle. Niemand fordert eine solche, auch wenn das immer mal wieder als Vorwurf zu hören ist“, sagt der 48-Jährige vehement und verteidigt das Vorgehen von Verbänden und Vereinen. „Es ist doch nur nachvollziehbar, dass in dieser Krise alle versuchen, ihr Unternehmen am Leben zu erhalten und da ist der Fußball keine Ausnahme. Ich halte den Weg des Fußballs für richtig und maßvoll.“
Ob dieser zum Erfolg und dann auch zum Ziel, dem 34. Spieltag, führt, muss sich zeigen.