Husarenstück! Bravouröses St. Pauli schenkt Coach Alex Blessin seinen „Heimsieg“
Ein arg ersatzgeschwächter FC St. Pauli hat seinem Trainer Alexander Blessin seinen „Heimsieg“ unter den Weihnachtsbaum gelegt. Die Kiezkicker gewannen in der Geburtsstadt des 51-Jährigen mit 1:0 (1:0) beim VfB Stuttgart und überholten dadurch in der Tabelle auch noch die TSG Hoffenheim. Rang 14 nach dem ersten Sieg des Klubs am Neckar in der Geschichte überhaupt zum Fest – was für eine tolle Bescherung! Einziges Haar in der Suppe: „Wir hätten es uns am Ende ein bisschen einfacher machen können“, wie es Carlo Boukhalfa formulierte.
Weil auch Eric Smith (Wade) passen musste, ging es fast schon mit dem vielbesungenen letzten Aufgebot in die Partie, von der Hauke Wahl später sagte: „Wir haben ein super Spiel abgeliefert, eine Benchmark gesetzt.“ Die personelle Situation merkte man den Gästen zunächst nicht an, vielmehr hatte Johannes Eggestein die frühe Führung auf dem Fuß (9.), sein Abschluss verfehlte das Ziel nur um Zentimeter. Nachdem auch Morgan Guilavogui eine brauchbare Gelegenheit bekommen hatte (11.), verschob sich das Geschehen aber zusehends in die andere Richtung.
Nikola Vasilj bewahrt St. Pauli vor einem Rückstand
Enzo Millot forderte Nikola Vasilj mit einem Kopfball zuerst heraus (12.), fand auch beim zweiten Versuch im Bosnier seinen Meister (18.). Kurz darauf traf Jeff Chabot den Ball freistehend nicht (19.), und auch Yannick Keitel scheiterte an Vasilj (20.). Mitten in diese Phase dann plötzlich die Führung für St. Pauli: In der Folge eines Aufbaufehlers beim VfB schoss Angelo Stiller Jackson Irvine an, vom Oberschenkel des Kapitäns prallte die Murmel zu Johannes Eggestein, der – leicht abgefälscht von Maximilian Mittelstädt – aus sieben Metern in die Maschen traf (21.).
Johannes Eggestein bringt den Kiezklub in Front
Ein Treffer, der den Kiezkickern Rückenwind verlieh und Stuttgart zunächst ausbremste. Erst nach 37 Minuten hatte Nick Woltemade mal wieder eine Chance für die Hausherren, köpfte die Kugel aber Vasilj in die Arme. Und Sekunden vorm Pausenpfiff blockte Hauke Wahl den ersten Abschluss des gebürtigen Hamburgers Ermedin Demirovic, so dass es mit dem knappen Vorsprung in die Kabine ging.
Nach Führung hatte St. Pauli in dieser Saison immer gewonnen – und kurz nach Wiederbeginn bot sich die Mega-Chance, den Abstand zu vergrößern. Nach Foul von Anrie Chase an Oladapo Afolayan auf der Strafraumlinie gab es Strafstoß für Braun-Weiß. Eggestein stellte sich der Verantwortung, entschied sich für die Tormitte – genau wie VfB-Keeper Alexander Nübel. Der parierte entsprechend, auch Irvines Nachschuss verpuffte ertraglos (54.).
Eggestein scheitert mit Foulelfmeter an VfB-Keeper Nübel
Ein Moment, der ein Spiel drehen kann. Passierte aber nicht. St. Pauli ließ weiterhin vergleichsweise wenig zu, erst nach 66 Minuten kam Demirovic aus spitzem Winkel mal wieder zum Schuss, verzog aber. Drei Minuten später lag dann der Ausgleich sprichwörtlich in der Luft, aber Millots Volleyabnahme aus zehn Metern landete abermals auf den Fäusten des bärenstarken Vasilj (69.). „Wir standen stabil, diesmal ein bisschen tiefer, weil wir nicht so hoch gepresst haben wie in den letzten Spielen“, befand Carlo Boukhalfa und räumte ein: „Wir hatten natürlich auch das Quäntchen Glück, das man braucht.“
Bei allem Druck, den St. Pauli aushalten musste – die Hamburger standen prima, warfen sich mit letzter Kraft in jeden Schussversuch, hatten immer wieder irgendein Körperteil dazwischen. „Die St. Paulianer haben sich in jeden Ball geworfen und ihr Torwart hat gut gehalten“, bilanzierte VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth. „Und man muss auch sagen, dass uns Alexander Nübel vor einem höheren Rückstand bewahrt hat.“
St. Pauli mit Rückenwind ins neue Jahr
Nach 80 Minuten war auch der machtlos, aber Afolayan setzte die Murmel bei seiner Großchance nur an den Pfosten. Der nächste vergebene Matchball – aber das machte nichts mehr. St. Pauli brachte den knappen Vorsprung mit Mann und Maus über die Ziellinie, beim Abpfiff sackten fast alle Hamburger völlig ausgepumpt, aber überglücklich auf den Boden.
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„Bei der Art und Weise, wie wir gespielt haben, wie wir über 90 Minuten einen Fight abgeliefert haben, kann man vielleicht von einem verdienten Sieg sprechen“, analysierte Hauke Wahl. „Und wir hatten auch zwei Möglichkeiten, das Spiel zu killen.“ Punktetechnisch, sagte er, wäre man trotzdem immer noch nicht im Soll, es wäre mehr möglich gewesen. „Und das ist das Wichtigste fürs neue Jahr, dass wir mehr Punkte holen in den Spielen, in den wir gut sind.“ Und in eben dieses neue Jahr geht der FC St. Pauli definitiv mit reichlich Rückenwind.