Kiez-Krise: „Gefährlich“: Was die Spieler über den Absturz des FC St. Pauli denken
Abwärts. Runter. Hinab. Das ist der Kurs des FC St. Pauli im neuen Fußballjahr. Nach dem 1:2 (0:1) im Nord-Derby bei Holstein Kiel sind die Kiezkicker im freien Fall. Nur ein Punkt aus den ersten drei Spielen 2020, 2:6 Tore, Tabellenplatz 15, nur ein Zähler Vorsprung auf den Relegationsrang 16 und zwei auf Platz 17. Willkommen im Abstiegskampf!
Es ist eine brenzlige Situation für den Kiezklub und am Freitag steht schon das nächste brisante Spiel an, wenn Schlusslicht Dynamo Dresden mit Ex-St.Pauli-Trainer Markus Kauczinski ans Millerntor kommt. Ein echtes Kellerduell – am 22. Spieltag, nach zwei Dritteln der Saison.
Auch ein Punkt in Kiel, der nur ein paar Zentimeter entfernt war, hätte an der bedrohlichen Lage nichts geändert, aber die Moral gestärkt. So aber hatten die Kiezkicker nach dem in der Nachspielzeit verschossenen Elfmeter von Henk Veerman mal wieder nichts im Gepäck auf der Rückfahrt.
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Es war die fünfte Auswärtsniederlage in Serie und das 15. Spiel der Kiezkicker in der Fremde ohne Sieg. Dass mit der bitteren Niederlage in Kiel auch die schöne Montagsspiel-Erfolgsserie gerissen ist, gerät dabei zur Nebensache.
„Wir stehen wieder mit leeren Händen da und sind nach den Ergebnissen auf den anderen Plätzen nach unten durchgereicht worden“, zieht Torhüter Robin Himmelmann ernüchtert Bilanz. „Wir sind mit einem Punkt aus drei Spielen gestartet. Man muss niemandem erklären, wie die Situation ist.“
Unter Kauczinski sah es besser aus
Krass ist der Gegensatz zum Vorjahr: Unter Luhukays Vorgänger Kauczinski hatte St. Pauli nach 21 Spieltagen 37 Punkte auf dem Konto und damit 15 mehr als jetzt. Damals lag der Kiezklub nach einer Auswärtsniederlage (1:4 in Köln) noch punktgleich mit dem Tabellendritten auf Rang fünf. 369 Tage später steckt der FC St. Pauli im Keller.
„Natürlich ist das gefährlich“, sagt Sturm-Riese Henk Veerman zur aktuellen Situation. Er sei aber optimistisch, dass sich die „Boys in Brown“ aus dem Loch herauskämpfen. „Ich glaube, dass wir eine gute Mannschaft haben. Wir müssen es besser machen.“
FC St. Pauli muss Mentalitätswandel hinlegen
Ob sich jeder Spieler der Gefahr bewusst ist? Gegen Kiel schien lange das nötige Feuer und die angemessene Aggressivität für ein solches Derby und angesichts der prekären Tabellensituation zu fehlen. Unerklärlich.
„Wir wollten ein mutiges Auswärtsspiel machen und den Gegner bekämpfen“, berichtete Himmelmann. „Wir haben uns das anderes vorgestellt.“ Erst nach der Halbzeit waren die Gäste wirklich griffig. Auch deshalb trifft es nicht ganz zu, wenn der Keeper von einer „Ergebniskrise“ spricht.
Mit dem Rücken zur Wand
Die Mannschaft muss einen kollektiven Mentalitätswandel hinlegen. Das ist vielleicht die größte Herausforderung für das Trainerteam. Nach zwei Siegen zum Jahresende und einer guten Vorbereitung hatte man sich zum Neustart in Fürth am Beginn einer großen Aufholjagd gewähnt. Stattdessen steckt St. Pauli nach zwei Niederlagen und einem Remis in einem gefährlichen Abwärtsstrudel, der ein spürbarer Stimmungskiller ist.
„Ein Punkt nach der Pause ist definitiv zu wenig“, stellt Kapitän Daniel Buballa klar. Es gebe „keinen Grund, jetzt nervös zu werden“, findet der Innenverteidiger, räumt aber auch ein: „Vom Gefühl ist es jetzt: wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“
Himmelmann hat begriffen, was Sache ist
Ein heißer Tanz gegen Dresden am Millerntor ist garantiert, ein Sieg dabei Pflicht, um Druck vom Kessel zu nehmen. Denn dann folgt schon das große Derby beim HSV, welches (an dieser Stelle ein kollektiver braun-weißer Seufzer) auswärts steigt.
Himmelmann hat längst begriffen, was Sache ist, schließlich kennt er diese Krisensituationen aus den vergangenen Jahren nur allzu gut. „Nach oben geht nicht mehr viel. Wir müssen schleunigst Punkte holen. Um nichts anderes geht es in den nächsten Wochen!“