Knackpunkt-Spiel gegen Kiel: St. Pauli erstmals unter Druck – Das sagen die Profis
Schon in der Stunde der Niederlage war das nächste Spiel Thema. Noch einige Tage entfernt und doch schon präsent. Kein Wunder. St. Pauli empfängt am Freitagabend am Millerntor den Mitaufsteiger Holstein Kiel. Ein Sieg muss her, dazu das erste Saisontor im eigenen Stadion – besser zwei oder drei. Ein offensiver Befreiungsschlag ist nötig. Eine Niederlage hätte wiederum schwerwiegende Konsequenzen für das Punktekonto, die Tabellensituation, das Selbstvertrauen und die Stimmung bei den Fans und im Umfeld. Verdammt viel Druck. Der Umgang damit wird ebenso schwierig wie entscheidend sein – und ist ganz unterschiedlich. Das leidige Tore-Thema macht es nicht einfacher.
Es ist ein Schlüsselspiel, ein Knackpunkt-Spiel – in dem die St. Paulianer entweder endlich den Knoten platzen lassen und auch im eigenen Stadion mit dem Toreschießen anfangen, oder bei einem weiteren Misserfolg einen Knacks bekommen könnten. Schon ein Remis wäre zu wenig in der aktuellen Situation, in der die Braun-Weißen mit acht Punkten auf Platz 16 rangieren, drei Zähler vor Kiel und sechs vor Bochum.
Seit sechs Spieltagen pendelt St. Pauli zwischen Relegationsplatz und Rang 15. Mit einem Dreier hielte die Mannschaft von Trainer Alexander Blessin immerhin Anschluss an das untere Mittelfeld. Grundsätzlich ist der Status Quo für einen Liga-Neuling okay, aber das Rest-Programm nach Kiel hat es mit Spielen bei Meister Leverkusen, gegen Bremen und bei Vize-Meister Stuttgart in sich – und im neuen Jahr kommt mit Frankfurt direkt ein weiteres Topteam ans Millerntor.
Eggestein ist Wichtigkeit des Kiel-Spiels bewusst
Auf dem Papier ist das bevorstehende Duell gegen Kiel das Spiel, das St. Pauli gewinnen muss, was nicht bedeutet, dass St. Pauli in den anderen Partien nichts holen kann.
Ketzerisch ließe sich aber fragen: wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht gegen die „Störche“, die doppelt so viele Gegentore kassiert haben, wie die „Boys in Brown“, gegen wen dann?
Johannes Eggestein weiß um die Drucksituation. „Das wird uns in der ganzen Saison immer verfolgen, dass du Spiele hast, in denen ein Dreier her muss, damit wir auch den Anschluss an die anderen Mannschaften halten. Das ist uns bewusst und dem werden wir auch begegnen. Keine Frage, dass gegen Kiel ein Sieg kommen muss.“
Irvine will nicht nur auf Kiel gucken
Kapitän Jackson Irvine weiß natürlich auch um die Bedeutung der Partie. „Da steht einiges auf dem Spiel“, so der Australier. Aber er warnt vor einer Überhöhung des Duells der Aufsteiger, von denen St. Pauli bislang die klar bessere, weil stabilere Figur gemacht hat, aber eben nur drei Punkte vor Holstein steht. „Die Saison ist noch lang und wir dürfen den Schwerpunkt nicht zu sehr auf ein Spiel legen.“
Es gilt, nicht nur spielerisch, sondern auch mental die richtige Balance zu finden zwischen Fokus, Motivation, die nicht in Übermotivation kippen oder zu Nervosität und Verkrampfung führen darf. „Die halbe Stunde, die wir heute hatten, dürfen wir uns da nicht leisten. Da wollen wir da sein und es ist trotzdem nur ein drei Punkte-Spiel, wir wissen aber um die Wichtigkeit des Spiels“, sagt Blessin.
Blessin will den ersten Heimsieg
Auf die Frage, ob er Druck spüre, antwortete der Coach: „Irgendwann musst du auch wieder punkten, das ist klar. Aber wir werden es ganz normal angehen wie jedes Spiel. Jedes Spiel ist wichtig, es geht in jedem Spiel um drei Punkte. Die Tabellenkonstellation ist natürlich nochmal etwas anderes, aber es ist trotzdem erst der zwölfte Spieltag.“ Aber, wie er selbst anmerkte, ein Duell von größerer Tragweite als die Partie bei favorisierten Gladbachern. „Die Jungs wissen das, wir wissen das und wir wollen mit unseren Fans den ersten Heimsieg feiern.“
Hauke Wahl dagegen spielt die Bedeutung herunter. „Es ist ein genauso wichtiges Spiel wie jedes andere in der Bundesliga“, sagt der Innenverteidiger. Die Motivation ist aber enorm groß: „Wir wollen endlich das erste Tor und den ersten Heimsieg.“
Dafür ist ein eigener Treffer am Millerntor zwingend notwendig – mindestens einer. Darauf deutet allerdings nicht gerade alles hin, um es diplomatisch auszudrücken. In Mönchengladbach waren die Kiezkicker lange Zeit total harmlos, konnten mit dem Ball kaum Druck aufbauen, geschweige denn gefährliche Situationen kreieren. „Das hat uns heute leider gefehlt“, sagte Eggestein selbstkritisch. Erst in der Schlussviertelstunde und damit zu spät kamen die Gäste zu Chancen – die wie so oft nicht genutzt wurden.
St. Pauli: Sieben Spiele ohne eigenes Tor
Es sagt einiges, wenn selbst der FC St. Pauli auf seiner eigenen Homepage den Bericht zum Spiel in der Headline mit den Worten „Kein Durchkommen“ überschreibt.
Zum siebten Mal in dieser Saison waren die Kiezkicker ohne eigenen Treffer geblieben und stehen nach elf Spieltagen bei sieben erzielten Toren – Liga-Minus-Wert. Kiel hat fünf Buden mehr auf dem Konto, allerdings auch 28 kassiert. Nur Bochum ist defensiv noch schlechter (32 Gegentore). Das muss St. Pauli Hoffnung machen – wenngleich Holstein auswärts weniger Treffer zugelassen hat (11) als zu Hause.
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Während Irvine die Niederlage in Mönchengladbach ganz klar an den Defiziten in der Defensive festmachte, richtete Eggestein den Fokus auf nötige Verbesserungen im Offensivspiel, die nötig seien. Die Mannschaft müsse „mehr Power nach vorne entwickeln. Das haben wir in anderen Spielen auch schon gezeigt.“ Der spielende Stürmer, der gegen Gladbach abgemeldet war und kaum Akzente setzen konnte, ist zuversichtlich: „Das sollten wir gegen Kiel wieder besser hinkriegen.“ Sie müssen.