„Ohrläppchen kraulen“: Blessins skurrile Karten-Taktik gegen Gladbach
Startet der FC St. Pauli eine kleine Auswärtsserie? Nach dem Sieg in Hoffenheim und einem Heimspiel gegen den großen FC Bayern (0:1), in dem zwar nicht das Ergebnis, aber die Leistung stimmte, wollen die Kiezkicker auch von der Reise nach Mönchengladbach am Sonntag (Anstoß 17.30 Uhr, live bei Sky) etwas mit zurück nach Hamburg nehmen. Trainer Alexander Blessin nimmt seine Spieler in die Pflicht und fordert den gleichen Einsatz wie gegen den Rekordmeister – und in der Offensive „noch mehr“. Weniger Emotionen sind dagegen bei ihm selbst gefragt. Blessin hat bereits drei Gelbe Karten auf dem Konto. Bei der nächsten wäre er für ein Spiel gesperrt – und verrät, welche spezielle Taktik er sich überlegt hat, um das zu verhindern.
In der Fremde tun sich die Braun-Weißen leichter, das sieht auch der Chefcoach so. Wenn der Gegner das Spiel machen und auch mal mehr Risiko muss, woraus sich Räume ergeben, die seine Spieler nutzen können, dann sind die Chancen auf Tore und damit Punkte größer. So geschehen bei den Auswärtssiegen in Freiburg (3:0) und Hoffenheim (2:0), den bislang einzigen Dreiern der Saison. Entscheidend in beiden Partien: dass St. Pauli in Führung ging.
St. Pauli will in Mönchengladbach „eklig und griffig“ sein
Um auch bei der heim- und zuletzt formstarken Borussia etwas zu holen, müssen die „Boys in Brown“ wie schon gegen Bayern an die Leistungsgrenze gehen und dürfen keinen Prozentpunkt weniger machen, nur weil es diesmal nicht der mit Superstars gespickte Spitzenreiter ist.
„Wir wollen in erster Linie griffig und eklig sein“, betont Blessin im Vorfeld der Partie. Maxime bleibt, so lange wie möglich hinten die Null zu halten, am besten bis zum Ende. Aber nach vorne kann mehr kommen und muss auch mehr kommen. Die St. Paulianer rechnen sich gegen die „Fohlen“ mehr Gelegenheiten aus als gegen das brutal gute Gegenpressing der Bayern. „Wir werden hoffentlich ein paar mehr Momente offensiv haben“, so Blessin.
Zu wenig Tore: Kiezkicker müssen „noch mehr zeigen“
St. Pauli darf aber nicht darauf warten, sondern muss etwas dafür tun. „Da müsse sich die Jungs noch mehr zeigen“, fordert der Coach. Heißt: Noch mutiger, gradliniger, konzentrierter, konsequenter. Immer wieder zu Tiefenläufen starten, freie Räume besetzen, in den Strafraum vordringen, häufiger anspielbar sein, den Ball fordern, sich freilaufen und auch mal freikämpfen. Konzentrierter und präziser beim vorletzten und letzten Pass sein, insgesamt handlungsschneller und auch durchsetzungsstärker. Die Liste der Dinge, bei denen Luft nach oben ist, ist lang.
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Den Gladbachern bescheinigt Blessin eine „brutale Qualität“ und warnt davor, sich nur auf den Stürmer der Stunde zu fokussieren. „Das ist nicht der FC Kleindienst“, sagt der 51-Jährige über den deutschen Nationalspieler Tim Kleindienst, der beim furiosen 7:0-Sieg der DFB-Elf gegen Bosnien-Herzegowina zwei Tor erzielt hat – sehr zum Leidwesen von St. Pauli-Keeper Nikola Vasilj.
St. Pauli bangt um Einsatz von Karol Mets
Ob Innenverteidiger Karol Mets am Sonntag mit von der Partie sein kann, ist noch ungewiss. Der Este ist mit Patellasehnenproblemen von seiner Länderspielreise zurückgekehrt. Einsatz in Gefahr! Eric Smith und Philipp Treu sind dagegen wieder fit, konnten zuletzt voll mittrainieren und dürften im Borussia-Park auflaufen
Auch der Coach selbst ist gefährdet. Blessin hat in dieser Saison schon drei Gelbe Karten gesehen, war den Schiedsrichtern zu emotional. Er selbst sagt: „Ich finde es wichtig, dass Trainer auch Emotionen zeigen“ und wünscht sich „bisschen mehr „Fingerspitzengefühl“ der Referees. Aber er will auch an sich arbeiten und an der Seitenlinie etwas ruhiger werden, berichtet er, denn: „Ich will keinen Rekord brechen.“
Blessin droht Gelb-Sperre: wie er sich beruhigen will
Den Bundesliga-Gelb-Rekord für Trainer hält Bo Svensson, derzeit Coach von Union Berlin, der bislang saisonübergreifend zehn Kartons gesammelt hat. Der Däne ist auch der erste Trainer, der eine Gelb-Sperre verbüßen musste, 2022 war das. Der Zweite: Fabian Hürzeler, Blessins Vorgänger bei St. Pauli.
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Blessins Rezept für heiße Phasen des Spiels und emotionale Momente: „Ich werde mich vielleicht am Ohrläppchen kraulen und dann zur Wasserflasche greifen. Wenn man trinkt, kann man nicht reden“, sagt er schmunzelnd. Man kann davon ausgehen, dass er nach Spiele gut hydriert sein wird – und die Ohrläppchen sehr gut durchblutet.