Das Schach-Team des FC St. Pauli am Millerntor

Das Schach-Team des FC St. Pauli am Millerntor Foto: Oliver von Wersch

Pferdestärke nach Stolperer! Darum kann St. Pauli beruhigt nach Bayern reisen

Partystimmung am Millerntor. Zwar waren nicht ganz so viele Fans da wie beim jüngsten Sieg der braun-weißen Fußballer gegen Hoffenheim (1:0) – aber dafür kamen die Schachspieler des Kiezklubs dem Klassenerhalt am Sonntag noch näher als die Profis. 

Nach dem schwer erkämpften 4,5:3,5-Erfolg gegen die Schachfreunde Deizisau kann der Aufsteiger praktisch für sein zweites Bundesliga-Jahr planen. „Dass die Dinge sich so perfekt entwickeln, kommt selten vor und ist umso schöner“, freute sich St. Paulis Spitzenbrett David Howell nach gut fünf Stunden Mannschaftskampf, Auf und Ab inklusive.

Bartosz Socko brachte St. Pauli in Führung, doch an zwei anderen Brettern hatten die Gäste die Nase vorn. So stand es bei drei weiteren Remisen 2,5:3,5 aus St. Paulianer Sicht, als vor 400 Zuschauer:innen nur noch die Partien von Howell und Aljoscha Feuerstack liefen –7 beide mit vorteilhafter Stellung für Braun-Weiß. 

Howell feiert seinen Premieren-Sieg für St. Pauli

Howell, der zwischendurch ein Remisangebot abgelehnt hatte, verwertete sein positionelles Plus am Spitzenbrett mit starker Technik zum Ausgleich – immerhin gegen das einstige Wunderkind Gata Kamsky (50), der 1996 um den FIDE-Weltmeistertitel gespielt hat. Howells Randbauer lief unaufhaltsam der Umwandlung in eine Dame entgegen. „Ich war es leid, die Mannschaft hängen zu lassen“, freute sich der 34-Jährige über seinen ersten Sieg im vierten Einsatz für St. Pauli.

Denn das Wochenende hatte für ihn alles andere als gut begonnen. Auf den Stufen zum Spielsaal geriet Howell am Samstag ins Stolpern, kurz darauf wurde er von der deutschen Nummer eins Vincent Keymer (20) auseinander genommen. Es blieb nicht der einzige Ausrutscher aus braun-weißer Sicht, gegen das Spitzenteam Baden-Baden setzte es eine deutliche 1,5:6,5-Niederlage. „Als ich am Samstag verloren hatte, hätte ich mir die Zuschauer weggewünscht, aber jetzt bin ich umso glücklicher“, sagte Howell nach seinem Premieren-Sieg gegen Kamsky.

David Howell am Spitzenbrett gegen Vincent Keymer. Neben ihm spielt Bartosz Socko an Brett drei. Folke Havekost
David Howell am Spitzenbrett gegen Vincent Keymer. Neben ihm spielt Bartosz Socko an Brett drei.
David Howell am Spitzenbrett gegen Vincent Keymer. Neben ihm spielt Bartosz Socko an Brett drei.

Und es kam noch besser, denn Deizisau am Sonntag war St. Paulis Kragenweite. Nach Howells Partiegewinn lag alles an Feuerstack, dem der erfahrene Rustem Dautov (59) gegenüber saß, ein ehemaliger Jugendmeister der Sowjetunion. Der 36-jährige Hamburger trat nach einem Qualitätsopfer mit einem Springer gegen Dautovs Turm an, hatte dafür aber gleich sechs Bauern auf seiner Seite – Dautov nur drei. 

Dautov nimmt einen „vergifteten“ Bauern

Ein kompliziertes Endspiel, in dem Feuerstack zu einem starken Zusammenwirken von König, Springer und Bauern fand. Zwischendurch hätte Dautov sich in ein Remis retten können, aber schon Großmeister Savielly Tartakower (1887-1956) wusste: „Der vorletzte Fehler gewinnt.“ Und den letzten machte Dautov mit seinem 51. Zug, als er einen „vergifteten“ Bauern des St. Paulianers schlug. Nach einem Springerzug Feuerstacks auf das Feld e6 gab er sich wenig später geschlagen – und St. Pauli hatte nach der Entscheidung durch Pferdestärke das Match 4,5:3,5 gewonnen. 



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Mit 10:12 Punkten liegt St. Pauli in der Bundesliga-Tabelle nun auf Platz neun, Ende April finden die letzten drei Runden bei einem langen Abschlusswochenende im bayerischen Deggendorf statt. Dort müssten noch fünf Vereine den Kiezklub überholen, damit er absteigt. Rechnerisch möglich, praktisch so gut wie ausgeschlossen – drei Mannschaften haben erst sechs Punkte auf ihrem Konto. Der FC St. Pauli, dessen Fußballer übrigens schon am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) beim großen FCB gastieren, kann also ziemlich beruhigt nach Bayern reisen.

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Ebenso wie der Hamburger Schachklub, der am Millerntor gegen Bayern München 5,5:2,5 gewann und gegen Deggendorf 4:4 spielte. Mit 11:13 Punkten steht der Bundesliga-Dino sogar etwas besser da als Aufsteiger St. Pauli.

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