„Sonst sage ich was Dummes …“: St. Paulis Schiri-Ärger – und was dran ist
Es war keine Frage und gab auch keine Diskussion, dass sich der FC St. Pauli die Niederlage bei Mainz 05 selbst zuzuschreiben hatte, sich beim 0:2 im Fastnachts-Spiel nicht für eine starke erste Stunde belohnte und die Niederlage mit eigenen Fehlern einleitete. Dennoch gab es auch Kritik an der Schiedsrichterleistung – dabei hatte mit Felix Zwayer ein absoluter Top-Referee die Partie geleitet. Was ist dran am braun-weißen Schiri-Ärger?
Bei einem Remis oder gar Sieg, was in Anbetracht der vollen 95 Minuten verdient beziehungsweise nicht unverdient gewesen wäre, hätte wahrscheinlich kein Kiezkicker das Thema auf den Tisch gebracht. Einfach, weil es keine Rolle gespielt hätte, nicht maßgeblich gewesen wäre. So aber fand es Platz auf der Liste der Unzulänglichkeiten und auch Widrigkeiten, mit denen sich St. Pauli in letzter Zeit konfrontiert sieht.
Hauke Wahl kritisiert: „Einige Entscheidungen gegen uns“
„Manchmal hat man einfach so Phasen, wo es nicht läuft und dann gehen auch mal die Schiedsrichterentscheidung gegen uns“, sagte Hauke Wahl, ein kluger Kopf und reflektierter Typ, der nicht dazu neigt, unbedacht Sätze rauszuhauen, zu übertreiben oder von eigenen Fehler abzulenken. Er hatte aber den Eindruck, dass „einige“ Entscheidungen von Zwayer „gegen uns waren.“
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Ein Vorwurf: Der Unparteiische aus Berlin habe den Gastgebern eine harte bis zu harte Gangart durchgehen lassen. „Ich fand, die Mainzer konnten jedes Mal in unseren Körper springen. Das wurde nicht abgepfiffen“, sagte Wahl, beeilte sich aber gleich zu betonen, dass seine Einschätzung richtig einzuordnen sei. Er wolle mit seiner Kritik nicht sagen, „dass die Schiedsrichter Schuld an der Niederlage sind, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber es ist einfach sehr, sehr viele Dinge, die momentan sehr gegen uns laufen.“
Eric Smith: „Das ist nicht wirklich ausgeglichen“
Auffällig, dass es keine subjektive Wahrnehmung eines einzelnen Spielers war. Auch Eric Smith, der diesmal nicht in der Abwehrzentrale, sondern davor gespielt hatte, sah Zwayers Spielleitung kritisch. „Natürlich ist es schwierig, wenn wir viele Entscheidungen gegen uns bekommen. Das ist nicht wirklich ausgeglichen“, monierte der Schwede, biss sich dann auf die Zunge. „Aber ich sollte darüber jetzt nicht reden, sonst sage ich etwas Dummes.“
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Was sorgte in den Reihen der St. Paulianer für so großen Unmut?
Bei der Elfmeter-Szene lag Zwayer zunächst falsch, weil er auf Strafstoß für St. Pauli entschieden und auf den Punkt gezeigt hatte (21. Minute). Elias Saad war nach einer scharfen Hereingabe von Treu im Strafraum im Duell um den Ball mit Gegenspieler Moritz Jenz zu Boden gegangen und Zwayer hatte sofort auf den Punkt gezeigt. Nach Intervention des VAR und Ansicht der Bilder am Monitor nahm der Referee den Strafstoß jedoch zurück.
Elfer-Rücknahme war richtig, Gelb gegen Treu ein Witz
Die Zeitlupe zeigte, dass Jenz Saad nicht berührt hatte, was in Echtzeit nicht zu sehen war. Die Revision war eine korrekte Entscheidung von Zwayer, auch wenn sie den Kiezkickern wehtat. Immerhin hatte Zwayer Saad nicht Gelb gezeigt für eine Schwalbe, was Jenz übrigens nach dem Spiel beklagte.
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Apropos Gelb. Die Zahl der Verwarnungen war ausgeglichen: Drei Kartons für die Hamburger (Philipp Treu, Siebe van der Heyden und David Nemeth), drei Kartons für Mainz (Kaishu Sano, Paul Nebel und – wer sonst? – Dominik Kohr).
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Aber: die Hamburger ärgerten sich besonders über die Gelbe Karte gegen Treu kurz nach der Elfer-Szene. St. Paulis Außenverteidiger hatte bei einer Grätsche klar den Ball gespielt, war danach mit Nebel kollidiert. Zwayer verwarnte den Hamburger, was mehr als fragwürdig war.
Kiezkicker fühlten sich insgesamt benachteiligt
Letztlich steht diese Entscheidung stellvertretend für den Ärger der Gäste. Zwayer machte keine Fehler bei den spielentscheidenden Szenen, aber die Hamburger hatten das Gefühl, dass über die gesamte Spielzeit die Mehrheit der 50:50-Entscheidungen zugunsten der Gastgeber ausgelegt, offensichtliche oder versteckte Fouls nicht ausreichend geahndet und gleiche Vergehen auf beiden Seiten unterschiedlich ausgelegt worden waren. Bei einer Niederlage – das liegt in der Natur der Sache – verstärkt sich diese Wahrnehmung. Bei einer Niederlagen-Serie noch viel mehr, nach dem Motto: alles ist gegen uns.
Wichtig wird es sein, dass Gefühl der Benachteiligung schnell wieder aus den Köpfen zu bekommen und den Fokus auf das zu legen, was die Kiezkicker beeinflussen können.
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