Andreas Bornemann am Elbstrand
  • Andreas Bornemann hat als Sportchef des FC St. Pauli ein neues Team aufgebaut, auch bei Gegenwind Spaß am Job und fühlt sich in Hamburg richtig wohl.
  • Foto: WITTERS

„Wichtiges Signal“: Das steckt hinter Bornemanns Verlängerung bei St. Pauli

Vier Transferperioden. Die brauche es, um einen Kader umzubauen, einer Mannschaft ein anderes Gesicht zu geben und sie neu auszurichten. So hat es Sportchef Andreas Bornemann in den ersten Tagen und Wochen nach seinem Dienstantritt beim Kiezklub mehrfach betont. Derzeit befindet er sich mitten in der Transferperiode Nummer fünf als Sportchef des FC St. Pauli, der jetzt den Vertrag verlängert hat. Vorzeitig. Ein Signal.

Er hätte auch gut damit leben können, wenn die langfristige Weiterbeschäftigung still und leise vonstatten gegangen wäre, denn Bornemann ist keiner, der es darauf anlegt, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Er macht lieber in Ruhe und im Hintergrund seinen Job. Und der ist in diesem Sommer noch nicht erledigt.

FC St. Pauli: Andreas Bornemann geht in fünfte Transfer-Periode

Aus Sicht des Vereins ist es jedoch mehr als nachvollziehbar, die vorzeitige Vertragsverlängerung per Pressemeldung zu verkünden, denn in den vergangenen Jahren betrafen offizielle Verlautbarungen zur Zukunft von Sportlichen Leitern meistens deren vorzeitigen Abschied. Es ist also eine Erfolgsmeldung.

Präsident Oke Göttlich bezeichnet die Vertragsverlängerung als „ein wichtiges Signal, dass wir den eingeschlagenen und ambitionierten Weg mit Andreas Bornemann fortsetzen möchten“. Der Sportchef habe in seiner gut zweijährigen Amtszeit „eine Entwicklung vorangetrieben, die während anspruchsvollster Zeiten in vielen Bereichen unseres Profibereichs positiv Einfluss“ nehme. Der Verein sei „von Andreas Bornemann und seiner inhaltlichen Arbeit und Einstellung überzeugt“.

Der ursprüngliche Kontrakt des 49-Jährigen, der seit Juli 2019 im Amt ist, aber schon ab April in alle Planungen involviert war, wäre bis 2022 gelaufen. Die Laufzeit des neuen Arbeitspapiers hat der Kiezklub nicht bekanntgegeben, sie dürfte sich aber vor dem Hintergrund der gewünschten Kontinuität und personellen Stabilität im Verein an der nächsten Amtsperiode des Präsidiums (vier Jahre) orientieren, das sich auf der nächsten Mitgliederversammlung zur Wiederwahl stellt.

Andreas Bornemann hat Kaderumbruch bei St. Pauli hinter sich

Unter Bornemanns Regie hat es einen der größten Kaderumbrüche der jüngeren Vereinsgeschichte gegeben. Von der Mannschaft, die er bei seinem Start bei St. Pauli vorgefunden hat, gehören nur noch Philipp Ziereis, Finn Ole Becker, Rico Benatelli, Luca Zander, die beiden Christophers Buchtmann und Avevor, Marvin Knoll sowie die Youngster Luis Coordes und Christian Viet dem aktuellen Kader an, wobei Knoll auf Klubsuche ist.

Tragende Rollen spielte aus diesem Kreis mit Ziereis, Becker, Benatelli und mit Abstrichen Zander in der vergangenen Saison nur ein Quartett. Aber die umgebaute Mannschaft kickte unter Neu-Trainer Timo Schultz so erfrischend und phasenweise furios und erfolgreich wie lange nicht.

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„Wir sind schon ein gutes Stück vorangekommen, aber noch lange nicht am Ende der Entwicklung“, zieht Bornemann im Gespräch mit der MOPO Zwischenbilanz. „Aber wenn man sich den Kader anschaut, dann kann man sehen, wo wir hinwollen.“

Andreas Bornemann: „Ich mache meinen Job bei St. Pauli wirklich gerne“

Ob er mit seiner bisherigen Arbeit bei St. Pauli zufrieden ist? „Zufriedenheit ist das falsche Wort“, sagt der gebürtige Schwarzwälder, der mit Lebensgefährtin Nadja und Sohn Luis im Hamburger Westen heimisch geworden ist. „Man sollte nie zufrieden sein, denn es geht immer weiter.“

Bei allem Ehrgeiz kommt die Freude nicht zu kurz. „Ich mache meinen Job bei St. Pauli wirklich gerne. Es macht Spaß – und natürlich noch mehr, wenn man Spiele gewinnt“, sagt Bornemann, der beim Kiezklub auch schon Krisenzeiten (die vorzeitige Trennung von Trainer Jos Luhukay, der sportliche Absturz im vergangenen Winter) erlebt und bewältigt hat. „Ich habe auch in den schwierigen Phasen nie die Lust verloren, sondern sie als Herausforderung und auch Ansporn gesehen“, berichtet Bornemann. „Das gilt auch für gelegentlichen Gegenwind.“

Der war im Januar dieses Jahres besonders heftig, als sich St. Pauli geräuschvoll vom langjährigen Stammkeeper Robin Himmelmann trennte. Viele Fans liefen Sturm, Bornemann geriet zur Zielscheibe. Im Rückblick erwies sich diese harte, aber konsequente Entscheidung – nicht nur nach Meinung von Göttlich – als inhaltlich richtig.

FC St. Pauli: Ohne Corona wäre der Kader noch mehr verändert worden

Auch bei Neuverpflichtungen bewies der nüchterne, manchmal auch etwas spröde wirkende Planer bislang ein gutes bis sehr gutes Händchen. Die Spieler, die er holte, passten in der Regel nicht nur sportlich, sondern auch charakterlich ins Team, was auch für die Leihgeschäfte gilt.

Ohne Corona hätte die aktuelle Mannschaft wohl noch mehr neue Gesichter. „Natürlich hat die Pandemie den Prozess der Kaderumstrukturierung ein stückweit gebremst“, sagt Bornemann und gibt zu bedenken: „Transfererlöse wie die für Mats Möller Daehli oder Henk Veermann konnten wir nicht direkt in neue Spieler investieren.“ Sie haben aber dem Verein in der Krise enorm geholfen.

Jetzt steht die nächste „stärkste zweite Liga aller Zeiten“ in den Startlöchern. „Die kommende Saison wird sportlich eine enorme Herausforderung, der wir uns gerne und sehr motiviert stellen“, so Bornemann. Mit ein, zwei Spielern will sich der Kiezklub noch verstärken. Sein Job.

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