„Wut im Bauch“, dann „gefühllos“: St. Paulis Saad über sein Tor, Musiala und Ribéry
Es waren gemischte Gefühle, mit denen Elias Saad die Heimreise aus München nach Hamburg antrat. Neben der Enttäuschung über die 2:3-Niederlage des FC St. Pauli beim FC Bayern und den Ärger über die eiskalt bestraften Fehler der Mannschaft hatte auch noch die Freude über sein Tor-Comeback Platz, mit dem er einen Wunsch seines eigenen Coaches erfüllt und es zugleich seinem Nationaltrainer gezeigt hatte – und das auf dem Rasen, auf dem einst sein großes Vorbild gewirbelt hatte, eine Bayern-Legende. Saads Treffer macht Hoffnung für den heißen Liga-Endspurt, nicht nur ihm.
Auf „so 50:50“ bezifferte der Stürmer das emotionale Mischverhältnis. „Nach dem Spiel, was wir abgeliefert haben, oder wie wir auch die Gegentore bekommen haben, ist natürlich traurig, dass wir das Spiel verlieren“, meinte der 25-Jährige. „Aber ich bin natürlich glücklich, dass ich wieder ein Erfolgserlebnis feiern konnte. Für mich persönlich, für uns hier treffen konnte, ist nicht selbstverständlich und das bringt mich natürlich weiter und ich hoffe, dass ich jetzt so richtig wieder angekommen bin.“
Elias Saad freut sich über sein Tor gegen Bayern
Sein zwischenzeitlicher Ausgleich zum 1:1, perfekt vorbereitet von Manolis Saliakas, war der erste Treffer nach seinem Comeback und der zuvor monatelangen Verletzungspause. Saisontor Nummer drei für den gebürtigen Hamburger, der seine ersten beiden Buden in der Bundesliga Ende September beim Auswärtssieg in Freiburg erzielt hatte.

Irritiert war Saad über die Emotionen im Moment des Treffers und in den Sekunden danach, wie er verriet, denn: sie waren zunächst gar nicht da, wenngleich er jubelte und auch dabei auch kurz die Zunge herausstreckte.
„Irgendwie war das so gefühlslos“, berichtete der Offensiv-Wirbelwind „Ich kann mich noch erinnern, wo ich beim HSV das erste Tor geschossen habe, das war so ähnlich, dass ich irgendwie nicht so realisieren konnte, was eigentlich gerade passiert ist. Aber ich glaube, wenn ich später auf mein Handy gucke, dann merke ich, was passiert ist heute.“
Saad über Vorbild Franck Ribéry und sein Herz für Bayern
Möglicherweise war der Moment zunächst zu groß, um ihn zu erfassen, denn in der Allianz-Arena ein Tor zu schießen, ist für Durchstarter Saad immer noch näher an seinen Kindheitsträumen als an Erstliga-Alltag. Surreal dürfte das passende Adjektiv sein. Das hat auch mit Franck Ribéry zu tun, dem französischen Ausnahmespieler, der von 2007 bis 2019 für den deutschen Rekordmeister wirbelte.
„Ribéry ist mein Lieblingsspieler. Schon seitdem ich klein bin. Und deswegen ist Bayern auch so ein kleiner Herzensverein für mich als Kind gewesen“, erzählte Saad. „Dass man dann hier treffen konnte, ist schon sehr, sehr schön.“ Und auch gegen ein Team aktueller Weltstars wie Jamal Musiala, über dessen Fähigkeiten Saad nur Staunen kann. Es sei „brutal“ gewesen, das aus nächster Nähe zu erleben. „Da merkt man einfach, was der Unterschied zwischen solchen Weltklassespielern und einem selber ist und wo man hinkommen möchte.“
Frust beim Nationalteam war für Saad Motivation
Neue Motivation, Stolz über den Treffer, aber auch Genugtuung, denn Saad hatte auf seiner Länderspielreise keine einzige Minute gespielt, war in den beiden WM-Qualifikationsspielen der tunesischen Nationalmannschaft gegen Liberia (1:0) und Malawi (2:0) nur tatenloser Zuschauer gewesen, was ihn frustriert und verärgert hatte, wie er freimütig zugab.

Diesen Ärger, hatte St. Pauli-Trainer Alexander Blessin vor der Partie bei Bayern gesagt, solle Saad als Antrieb nutzen, als emotionalen Treibstoff.
„Er hat das schon gut beschrieben“, sagte Saad auf MOPO-Nachfrage zu dem Thema. „Natürlich ist man nicht glücklich, wenn man nach der Natio zurückkommt und keine Minute gespielt hat. Da war auf jeden Fall Wut im Bauch, aber man muss natürlich immer rational ins Spiel gehen.“
Blessin erhofft sich einen „Push“ für St. Paulis Endspurt
Dennoch wollte der Angreifer auch ein Zeichen setzen mit einem guten Startelf-Aufritt gegen den mit Weltklassespielern gespickten Rekordmeister und Königsklassen-Riesen. „Ich wollte einfach zeigen, dass ich auch bei der Natio spielen kann und ich auch jetzt hier gegen Bayern spielen kann und dass sie das dann hoffentlich verfolgen“, beschrieb Saad seine Herangehensweise und Hoffnungen vor dem Auswärtsspiel auf der ganz großen Bühne. „Um mir dann nächstes Spiel ein bisschen mehr Zeit zu geben.“ Spielzeit. Seinem Nationaltrainer Sami Trabelsi, der erst seit Februar im Amt ist, dürfte Saads großer Auftritt nicht entgangen sein.

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Sein Vereinstrainer wiederum erhofft sich einen positiven Effekt für die Kiezkicker. Das Tor bei Bayern solle Saad „auch einen Push geben“ und sei dann „eine schöne Sache“, meinte Blessin. „Er soll es seinem Nationaltrainer zeigen und das haben wir ja gesagt. Das hat er mit der Leistung.“ Dennoch spielt Tunesien nur eine Nebenrolle. „Oberste Prämisse ist natürlich St. Pauli und wie wir ihn natürlich in dieser Form dann auch brauchen. Und am besten nächste Woche, dass er das dann gleich wieder bestätigt.“ Im immens wichtigen Heimspiel gegen Mönchengladbach.
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Der Weg zum Klassenerhalt werde „auf jeden Fall schwierig“, weiß Saad. „Es wird ein enges Rennen, aber wir sind sehr überzeugt von uns und wir wissen, dass wir das schaffen werden und schaffen können. Es liegt alles eigentlich nur in unserer Hand und wir dürfen nicht so viel auf andere gucken.“ Seine Fähigkeiten werden dabei dringend benötigt, insbesondere Tore.
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