Fluch und Segen: Diesen verletzten Bundesliga-Stars kam die Corona-Pause recht
Köln –
Bei den meisten Fußball-Fans und Profi-Kickern herrscht Frust pur über die derzeitige Zwangspause. Ein kleiner Kreis von Bundesliga-Stars kann der Corona-Krise aber auch etwas Gutes abgewinnen: die Langzeitverletzten und Reha-Patienten. Denn sie haben nun die Möglichkeit, ihre schwerwiegenden Verletzungen und Blessuren vollständig auszukurieren – und ihrem Team womöglich noch in dieser Saison wieder auf dem Rasen zu helfen.
Sollte die Spielzeit bis weit in den Juni hinein verlängert werden, könnten unter Umständen einige Akteure wieder eins Geschehen eingreifen, denen bereits das Aus für diese Saison bescheinigt worden war. Die prominentesten Fälle im Überblick.
Niklas Süle (24, FC Bayern München)
Den 19. Oktober wird der 1,95-Meter-Hüne in Diensten der Bayern nie vergessen. Nicht, weil seine Münchner an diesem Tag nur 2:2 gegen Augsburg spielten, sondern weil die Partie für ihn schon nach etwas mehr als zehn Minuten vorbei war. Bei einem Laufduell kam Süle unglücklich auf, sank nieder und hielt sich sofort das linke Knie – die Diagnose anschließend: Kreuzbandriss! Der zweite seiner jungen Karriere. Für den unangefochtenen FCB-Stammspieler und bei der EM als Abwehrchef der DFB-Elf eingeplanten Innenverteidiger schienen in diesem Moment alle Saison-Träume geplatzt zu sein.
Mittlerweile wurde die EM ins kommende Jahr verschoben, womit Süles Ausfall nicht zu dem bitteren Fiasko wurde, welches alle befürchtet hatten. Aber auch in einem möglichen Saisonendspurt könnte er den Bayern wieder helfen: Seit Anfang März trainiert die Abwehr-Kante wieder mit dem Ball am Fuß, tastet sich Stück für Stück wieder heran.
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Süles Vorteil: Sollten bis in den Juni Spiele stattfinden, hätte der Abwehr-Spezialist nicht mehr den Druck, vor dem eigentlich geplanten Saisonende am 16. Mai Spielpraxis sammeln zu müssen – was eigentlich sein erklärter (EM-)Plan war.
Robert Lewandowski (31, FC Bayern München)
Beim FC Bayern waren sie Ende Februar schon in leichte Nervosität verfallen. Der Grund: Nach dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Chelsea (3:0) klagte der eigentlich „unkaputtbare“ Lewandowski über Schmerzen im Bein. Und die Diagnose hatte dann auch tiefe Sorgenfalten bei Coach Hansi Flick (55), Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge (64) & Co. zur Folge: Anbruch der Schienbeinkante im linken Sprunggelenk. Eine Verletzung, die nicht wirklich dramatisch war – aber dennoch bedeutete: Für eine Handvoll Spiele, darunter das Kracher-Duell am 4. April beim Titel-Rivalen BVB, würde der polnische Torjäger (39 Treffer in 33 Pflichtspielen) dem Rekordmeister wohl nicht helfen können.
Mittlerweile sind die Sorgenfalten bei den Bayern-Bossen wieder gewichen. Denn: Lewandowski kickt schon wieder im heimischen Garten und befindet sich auf dem Weg zu alter Stärke. Sollte die Bundesliga im Mai ihren Spielbetrieb fortsetzen, wird der Pole wohl topfit zur Verfügung stehen – und Lewandowski dürfte hoch motiviert sein, seinem FCB mit weiteren Toren zur Meisterschaft zu ballern und seinen bislang 25 Liga-Treffern noch einige hinzuzufügen. „Ich werde bald zurück sein und werde bereit sein zu kämpfen“, hatte der Stürmer vor einem Monat gesagt. Dennoch: Die Corona-Pause spielte Lewandowski dabei definitiv in die Karten.
Marco Reus (30, Borussia Dortmund)
Am 4. Februar erlebte der BVB einen doppelt bitteren Abend: Nicht nur wurde das Pokal-Achtelfinale bei Werder Bremen mit 2:3 verloren, sondern es verletzte sich dabei auch noch Kapitän Marco Reus (30). Und der Nationalspieler zog sich eine solch schwerwiegende Oberschenkelblessur zu, dass er bislang noch nicht wieder ins Mannschaftstraining zurückkehren konnte. Manch einer befürchtete schon, Reus könnte womöglich sogar das EM-Aus ereilen.
Doch nun hat auch der Offensiv-Star der Schwarz-Gelben mehr Zeit, um wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Sollte der Spielbetrieb in der Bundesliga wieder aufgenommen werden, würde es gleich mit dem Kracher zwischen dem BVB und den Bayern losgehen. Da wäre ein fitter Reus für die Borussia Gold wert – und womöglich noch der entscheidende Faktor im Titelrennen.
Omar Mascarell (27, FC Schalke 04)
Der bissige Spanier hat es auf Schalke mit Einsatzwillen und Kampfgeist mittlerweile zum Anführer gebracht, nach der Degradierung von Keeper Alexander Nübel (23) ist er sogar Kapitän. Beim 0:3 im Auswärtsspiel gegen den 1. FC Köln am 29. Februar zog er sich dann einen Sehnenabriss im Adduktorenbereich zu – das Saison-Aus schien besiegelt. Doch Mascarell macht Fortschritte – und könnte plötzlich im Endspurt wieder eine wertvolle Alternative werden.
Ohnehin zählten die Königsblauen vor der Saison-Unterbrechung zu den gebeuteltsten Klubs. Mit Daniel Caligiuri (32, Innenbandanriss) und Salif Sané (29, erlitt Anfang November einen Außenbandriss) stehen zwei weitere Leistungsträger nun vor einer Rückkehr.
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Und auch Jungspund Ozan Kabak (20), der sich ebenfalls im Spiel gegen Köln mehrere Wirbel brach, könnte womöglich im Mai wieder ins Training einsteigen.
Kevin Volland (27, Bayer Leverkusen)
Der Angreifer war bis zu seinem Syndesmoseriss im Europa-League-Spiel gegen den FC Porto (2:1) mit elf Treffern und neun Vorlagen Top-Scorer bei Bayer. Dann folgte die bittere Prognose: drei Monate Pause. Saison-Aus. Nun allerdings könnte Volland Ende Mai zurückkehren – und Bayer im Kampf um die Champions-League-Plätze vielleicht wieder helfen.
„Ich denke, dass ich Anfang Mai bereit wäre, um mit der Mannschaft auf dem Platz zu trainieren“, meinte Volland gegenüber der „Sport Bild“. Der Leverkusener Offensiv-Star sagte: „Ich will diese Saison noch richtig eingreifen. Durch die neue Situation mache ich mir etwas weniger Druck.“ Der Reha-Prozess verlaufe gut. Volland: „Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, dass ich sechs Wochen an Krücken gehen muss. Die konnte ich aber schon nach vier Wochen beiseitelegen.“
Willi Orban (27, RB Leipzig)
Schon seit November fällt der Leipziger Abwehrchef aus, damals ließ er sich bei einer Arthroskopie ein Gelenkkörperchen im Knie entfernen und den Knorpel glätten. Wenn die Sachsen das Teamtraining wieder aufnehmen werden, wird der Innenverteidiger nun wohl wieder dabei sein – und könnte auch in den ausstehenden Liga-Spielen wieder auf dem Platz stehen. Ebenfalls positiv für Orban: Die EM-Playoffs mit Ungarn hätte er im März sicher verpasst, nun kann er sich im Juni im Duell gegen und anschließend gegen Island oder Rumänien womöglich doch noch den Traum von der Europameisterschaft erfüllen.
Positiv für RB-Coach Julian Nagelsmann (32): Auch Kevin Kampl (29, nach Knöchel-OP) und Ibrahima Konaté (20, Riss im Hüftbeuger) haben ihren schweren Verletzungen mittlerweile auskuriert.
Jiri Pavlenka (27, Werder Bremen)
Die abstiegsbedrohten Bremer waren in der Hinrunde das Lazarett der Liga, 18 von 30 Profi-Spielern standen zwischenzeitlich nicht zur Verfügung. Anfang März dann die nächste Hiobsbotschaft: Stamm-Keeper Pavlenka zog sich im DFB-Pokal-Viertelfinale bei Eintracht Frankfurt (0:2) einen Muskelfaserriss im Adduktorenbereich zu.
Ersatzmann Stefanos Kapino (26) stand so im bis dato letzten Saisonspiel am 7. März bei Hertha BSC (2:2) zwischen den Pfosten. Pavlenka war zuvor mit dem Versuch eines Blitz-Comebacks gescheitert. Der Tscheche hat seine Blessur mittlerweile aber auskuriert – und wird Werder in der Schlussphase der Saison beim Kampf um den Klassenerhalt wieder unterstützen können.
Christian Clemens (28, 1. FC Köln)
Vor elf Monaten, am 26. April 2019, hatte den Kölner Offensiv-Spieler der Verletzungs-Schock ereilt: In der Zweitliga-Partie gegen Darmstadt (1:2) zog er sich einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu. Es folgte eine lange Leidenszeit.
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Im Februar kehrte „Chrille“ beim FC nach neun Monaten Pause ins Mannschaftstraining zurück. Auf sein Pflichtspiel-Comeback wartet er aber noch. Geplant war ein erster Testlauf im Regionalliga-Team. Vielleicht allerdings könnte Clemens bei den Kölnern schon bald wieder eine ernsthafte Alternative für den Bundesliga-Kader sein.
Auch Rafael Czichos (29), der sich im Spiel bei Hertha BSC (5:0) am Karnevalswochende bei einem bösen Crash mit Gegenspieler Marko Grujic (23) einen Wirbelbruch zugezogen hatte, wird im Endspurt der Saison womöglich doch noch mal ein Thema beim FC.