Formel-1-Beben: Markenboss weg, Hockenheimring ohne Hoffnung
London/Hockenheim –
Paukenschlag in der Formel 1. Marketing-Boss Sean Bratches (60) verlässt überraschend die Königsklasse und geht in die USA zurück.
Der Vertrag des für den kommerziellen Erfolg der im September 2016 vom US-Medienkonzern Liberty Media erworbenen Rennserie verantwortlichen Bratches wird Ende Januar beendet. Der in Berlin geborene Vermarktungsprofi soll Geschäftsführer Chase Carey (66) aber als Berater erhalten bleiben.
Sean Bratches organisierte das Fan-Village
Bratches verpasste der unter Ex-Boss Bernie Ecclestone (89) angestaubten Königsklasse in den vergangenen drei Jahren eine Verjüngungskur.
Der zuvor lange Jahre für den US-Sportsender ESPN erfolgreiche Manager tat viel für die Anhänger, organisierte das Fan-Village und viele neue Social-Media-Aktivitäten. Auch die Netflix-Dokumentation „Drive to Survive“ war ein Novum in der Formel 1 und kam auch bei Nicht-Fans sehr gut an.
Formel-1-Boss bedankt sich bei Sean Bratches
Carey sagte: „Ich möchte Sean im Namen aller in der Formel 1 für seine Führungsqualitäten, seine Leidenschaft und sein Fachwissen über das Geschäft in den letzten drei Jahren danken. Sean hat die kommerzielle Seite der Formel 1 verändert und ein Testament für seine Arbeit zeigt sich in unserer Dynamik und unserem Wachstum als Unternehmen. Ich freue mich, dass Sean weiterhin als Berater für uns tätig sein wird. Von seiner Heimat in den USA aus wird er immer Teil der Formel 1-Familie sein und ich freue mich auf seine ständige Beratung und Rat. Ich wünsche ihm alles Gute für seine neuen Bemühungen.“
Sean Bratches kehrt zu seiner Familie zurück
Der Manager kehrt nun zu seiner Familie in die USA zurück, aber mit Wehmut: „Die letzten drei Jahre in der Formel 1 waren eine unglaubliche Reise, die ich sehr genossen habe. Ich persönlich danke dem F1-Team für seinen außerordentlichen Einsatz und sein Engagement. Sie sind die Besten der Besten, und ich bin es zuversichtlich, dass sie weiterhin den Fans dienen und die in den kommenden Jahren festgelegte Strategie umsetzen werden. Ich verlasse die Formel 1 in einer besseren Position als 2017, und ich weiß, dass wir das Fundament gelegt haben. Als Team werden wir weiterhin unseren Fans auf der ganzen Welt dienen und ein neues Publikum erreichen.“
Hockenheim plant ohne Formel 1
Mit Fürsprecher Bratches geht auch am am Hockenheimring ein weiteres Stück Hoffnung flöten. Er hatte nach den erfolglosen Verhandlungen gesagt: „Es ist frustrierend zu sehen, dass wir für ein Land mit einer so großen Rennsport-Tradition keine Lösung gefunden haben und niemand bereit ist, die Rennstrecken zu unterstützen und ihnen das finanzielle Risiko abzunehmen.“
Der Macher um Geschäftsführer Jorn Teske (52) hatten den Großen Preis von Deutschland 2019 nur dank des Titelsponsorings von Mercedes-Benz ausrichten können (Daimler zahlte drei Millionen Euro) und haben seither keinen neuen Vertrag in Aussicht.
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Porsche Experience Center am Hockenheimring
Und jetzt setzen sie im Badischen mehr auf die Industrie als auf den Motorsport. Mit dem Porsche Experience Center und der emodrom group soll ein technologieoffenes Mobilitätszentrum der Zukunft entstehen.
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Antrittsgebühr von bis zu 15 Millionen Euro
Dennoch hofft man weiterhin auf ein Formel-1-Comeback 2021. Durch die neue Formel-1-Verfassung werden nicht nur die technischen und sportlichen Regeln, sondern auch die Geldflüsse in der Königsklasse neu geregelt.
„Die Tür für die Zukunft ist aber nicht zu. Es ist nur eine Frage der finanziellen Konditionen“, weißt emodrom-Chef Thomas Reister auf die (zu hohe) Antrittsgebühr von bis zu 15 Millionen Euro hin.
Und Teske ergänzt: „Im Sinne der Fans würde ich mir das wünschen. Auch weil wir mit unserem Rennen im vergangenen Sommer unter die besten Rennen der letzten zehn Jahre gewählt wurden.“
DTM strich ein Hockenheim-Rennen
Man werde die sportliche DNA des Rings allerdings nicht komplett aufgeben. Allerdings machte auch bereits die DTM Abstriche. Nur noch das Finale steigt in Hockenheim, das Eröffnungsrennen wurde bereits abgegeben und wird nun in Zolder/Belgien gefahren.
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Dragster-Serie „Nitrolympx“ bleibt in Hockenheim
Die Dragster-Serie „Nitrolympx“ werde allerdings weiter den Asphalt zum Kochen bringen und auch das Jim-Clark-Revival bleibt in Hockenheim.
Teske: „Dass der Motorsport ein stagnierendes Feld ist, ist allgemein bekannt. Aber trotzdem wird in Hockenheim sicher noch das ein oder andere Rennsportauto unterwegs sein.“
Ein schwacher Trost für die heimischen Formel-1-Fans.