Kritik: Das fordern Schweinsteiger, Ballack und Co. jetzt von Jogi
Dem Wundenlecken folgt ab heute die Vorbereitung auf den nächsten EM-Ritt. Nach dem 0:1 gegen Frankreich steht das DFB-Team am Samstag gegen Portugal schon mächtig unter Druck – und hat seine erste heftige Diskussion des Turniers. Mehrere deutsche Altstars fordern Jogi Löw dazu auf, seine Taktik zu verändern. Folgt der Bundestrainer dem Rat? Oder bleibt er stur bei seiner Dreierkette?
Es hätte nur noch gefehlt, dass er sein Gesicht verzogen hätte, so sehr ist ihm diese Diskussion zuwider. Doch Löw riss sich zusammen. Kaum war die Niederlage gegen den Weltmeister besiegelt, da ploppten sie in jedem Interview auf, die Fragen, die der Bundestrainer so sehr liebt. War Deutschland zu ängstlich? Muss Löw zurück zur Viererkette? Zumindest die landläufige Meinung scheint klar zu sein.
Bastian Schweinsteiger (36) war einer der Ersten, der aus der Deckung ging. „Dem DFB-Team hat der Punch gefehlt und es ist zu wenig ins Risiko gegangen“, monierte der Weltmeister von 2014 kurz nach dem Spiel via Twitter. Michael Ballack (44) wurde noch deutlicher. „Vielleicht sollte man auch über das System nachdenken“, erklärte der frühere Capitano bei „Magenta TV“. Man habe gesehen: „In der Dreierkette fühlen sich noch nicht alle wohl. Mit einer Viererkette kann man in Zukunft auch andere Möglichkeiten haben, um dann auch mehr Durchschlagskraft zu erzielen.“ Auch Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus (60) bemängelte bei Sky: „Wenn man so viele Spieler von Bayern München hat, könnte man auch das 4-2-3-1-System von Bayern München spielen.“
Alt-Stars fordern Taktik-Wechsel von Jogi Löw
Drei Top-Experten, eine klare Meinung. Schon gegen Portugal muss Schluss sein mit dem Angsthasenfußball. Das Entscheidende aber wird sein: Wie denkt Löw darüber?
Der Bundestrainer ist bekannt dafür, dass er vor allem einer Meinung komplett vertraut – seiner eigenen. Im Laufe seiner 15 Jahre langen Amtszeit hat er sich nicht umsonst den Ruf einer gewaltigen Sturheit erarbeitet. Vielleicht sogar verständlich, angesichts von 80 Millionen potenziellen Bundestrainern im Land, die Löw im Nacken sitzen.
Nach EM-Auftakt: Schluss mit Angsthasenfußball
Entsprechend ging er bei der Systemfrage in die Vorwärtsverteidigung „Wir haben genug offensiv ausgerichtete Spieler auf dem Platz gehabt“, ließ der 61-Jährige nach dem Frankreich-Spiel wissen und wehrte sich gegen den Vorwurf, nicht genug ins Risiko gegangen zu sein: „Das haben wir gemacht, wir hatten ja nur drei statt vier Verteidiger auf dem Feld.“
Löws Tendenz, der Dreierkette treu zu bleiben, scheint klar zu sein. Auch Ballack vermutet, „dass er an seinem System festhalten wird“. Die Entscheidung für die Dreierkette sei ja keine kurzfristige, „sondern schon etwas, was er für das ganze Turnier im Hinterkopf hat“.
Seiner Mannschaft würde Löw allerdings wohl einen Gefallen tun, wenn er bereits gegen Portugal umbaut. Weil die meisten seiner Stars auch im Verein ein 4-2-3-1 spielen und sich dort am wohlsten fühlen. Joshua Kimmich etwa könnte ins Mittelfeld gezogen werden, Thomas Müller auf der Zehn als hängende Spitze agieren, Kai Havertz und Leroy Sané Seite an Seite die Offensive beflügeln. Keine Alternative von Beginn an ist zunächst noch Leon Goretzka. Der Münchner kommt nach überstandener Verletzung laut Löw aber als Einwechselspieler in Frage.
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Löw wird sich in den kommenden Tagen mit seinen Führungsspielern austauschen um sich ein Bild von der Meinung des Teams zur Systemfrage zu machen. Schon einmal bewies er, dass er durchaus in der Lage ist, gegen seine eigene Überzeugung zu handeln. Bei der WM 2014 wollte er Philipp Lahm auf Teufel-komm-raus zentral-defensiv spielen lassen, doch der Kapitän fand dort nie zu seiner Normalform. Erst als sich auch die Mannschaft für eine Versetzung Lahms auf die rechte Abwehrseite stark machte, reagierte Löw. Der Rest ist Geschichte: Deutschland wurde Weltmeister und Löw für seine Einsichtigkeit gefeiert. Und diesmal?