BVB-Hassfigur und WM-Held: Das ist der neue Frauen-Bundestrainer Wück
Die Aktion des 18-jährigen Christian Wück würde dem heute 50-jährigen Christian Wück wohl gar nicht gefallen. Dass das Bundesliga-Startelfdebüt des damaligen Angreifers des 1. FC Nürnberg durch eine Schwalbe in Erinnerung blieb, passt schließlich gar nicht zu jenen Werten, die Wück 31 Jahre später auf dem Weg zum WM-Triumph der deutschen U17-Fußballer verkörperte – und mit denen er die DFB-Frauen als neuer Bundestrainer zurück in die Weltspitze führen will.
Ob er 1992 im Laufduell mit BVB-Verteidiger Günter Kutowski hätte fallen müssen, um so einen Elfmeter herauszuholen? Nein. Er hätte „weiterlaufen können. Das hätte man nicht pfeifen müssen“, erinnerte sich Wück im vergangenen Jahr im „Spox“-Gespräch an die Szene, die Borussia Dortmund im Frankenland am 31. Spieltag die Tabellenführung und somit entscheidende Punkte im Meisterrennen kostete.
BVB-Fans machten Christian Wück zum Feindbild
Der folgende Strafstoß jedenfalls ebnete den Weg zum späteren 2:1, Wück erzielte das zweite FCN-Tor selbst. In Dortmund, am Ende der Saison nur Vizemeister hinter dem VfB Stuttgart, war ein neues Feindbild geboren. „Wück, du Sau!“ – hartgesottene BVB-Fans haben dem gebürtigen Wernecker dessen „Schwächeanfall“ bis heute nicht verziehen.
Rund drei Jahrzehnte später ist der Aufreger längst in den Bundesliga-Geschichtsbüchern verschwunden und Wück bundesweit für seine Qualitäten neben dem Feld bekannt. Mit dem Gold-Coup bei der WM in Indonesien löste der Unterfranke eine Begeisterung im ganzen Land aus, nach dem Olympia-Sommer ist er als neuer Bundestrainer das Gesicht des Neustarts vor der anstehenden EM-Mission.
Dass Wück als Trainer bislang keinerlei Berührungspunkte mit dem Frauenfußball hatte, soll dabei nicht stören. Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch hatte vor seinen erfolgreichen Rettermissionen schließlich ebenfalls keine Erfahrung vorzuweisen. Vielmehr überzeugte Wück mit seinen Qualitäten als Förderer und Entwickler.
DFB: Wück trainierte U17-Weltmeisterteam
„Er ist ein Trainer, der Spielerinnen und Spieler entwickeln und individuell besser machen kann, ist dabei stets sehr kommunikativ, vermittelt Siegermentalität und weiß, wie man aus einzelnen Persönlichkeiten ein Team gestaltet, um gemeinsam erfolgreich zu sein“, sagte DFB-Sportdirektorin Nia Künzer.
Zweifellos: Wück bringt neben dem beim DFB beliebten „Stallgeruch“ sehr viel Expertise mit. Seit 2012 war er für verschiedenste Juniorenmannschaften beim DFB tätig, feierte kleinere Erfolge – die größten dann im vergangenen Jahr, als vor dem WM-Triumph auch noch der Gewinn der U17-Europameisterschaft gelang. Zuvor hatte er als Vereinstrainer unter anderem Rot Weiss Ahlen mit den A-Jugendlichen Marco Reus und Kevin Großkreutz in seiner ersten Saison als Chefcoach in die 2. Bundesliga geführt.
Christian Wück beendete Karriere mit 29
Wück war da erst 33 Jahre alt, seine Karriere hatte der Offensivspieler bereits mit 29 beenden müssen. Das Knie spielte nicht mehr mit. Auch der implantierte Meniskus eines Toten – Wück war damals der erste Profisportler, der sich den Knorpel eines Verstorbenen einsetzen ließ – konnte die Karriere des Rechtsfußes nur um etwa drei Jahre verlängern.
So schärfte Wück schon früh sein Profil als Taktgeber an der Seitenlinie. Die Anfänge machte er in der Westfalenliga beim SV Enger-Westerenger, wo er auch als Helene-Fischer-Fan auf sich aufmerksam machte. „Wenn Schlagermusik lief, dann ist er aus sich herausgegangen“, berichtete Ex-Spieler Kevin Lucius dem SID lachend. Wenn gerade keine Feierlichkeiten anstanden, sei die Professionalität Wücks aber jederzeit spürbar gewesen.
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Wücks Fußball prägen die „Basics“, insbesondere die Liebe am Verteidigen. „Ich weiß ja, wofür der deutsche Fußball international angesehen ist, und da wollten wir wieder hinkommen“, sagte Wück im Rahmen der U17-WM und zielte auf Attribute wie Wille, Mentalität und Teamgeist. Er wolle nicht nur „gute Fußballer“ ausbilden, „sondern auch Verteidiger, die verteidigen können“ und im „Zweikampf unschlagbar sind“. (aw/sid)