„Verpiss dich!“ Hertha-Trainer Dardai schmeißt Profi vom Platz
Pal Dardai will, dass die Profis des Tabellenletzten den Ärger über ihre schlechten Leistungen endlich in Kampfgeist umwandeln. „Da, wo wir jetzt sind, hoffe ich, dass der Frust rauskommt. Dieser Frust soll diese Blockade lösen, weil du dann richtig anfängst zu fighten. Da muss etwas passieren“, sagte der 47-Jährige nach dem 2:4 gegen Werder Bremen am Samstag.
Nun platzte dem Trainer der Kragen. „Geh weg! Tschüs, verpiss dich!“, schimpfte der Coach beim Auslaufen in Richtung Ersatzspieler Ivan Sunjic und schickte ihn vorzeitig in die Kabine. Laut „Bild“ brüllte Dardai dem Kroaten noch hinterher: „Was denkst du dir?“. Sunjic, der gegen Bremen nicht im Kader stand, stapfte mit verzogener Miene allein vom Platz und wollte sich auf Nachfrage anwesender Reporter zunächst nicht äußern. Die Zeit der Nettigkeiten in Berlin scheint endgültig vorbei zu sein, Dardai duldet keine Disziplinlosigkeiten mehr.
Dardai wird deutlich: „Teamgeist sehe ich nicht.“
„Es geht nicht um Irgendwas. Es geht ums Überleben““ sagte er noch kurz vor dem großen Knall am Sonntagmorgen. Kein Kampf, kein Wille, keine Qualität: Der lange blutleere Auftritt seiner Herthaner hatte ihm die Schwierigkeit seiner dritten Retter-Mission in Berlin vor Augen geführt. Die Mängelliste ist lang. „Es gibt viele Dinge, die man diskutieren muss“, sagte Dardai und kritisierte unter anderem das Abwehrverhalten („Kindergarten!“) und die fehlende taktische Disziplin: „Wir fangen mit den Basics an.“
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Ein weiteres Problemfeld ist der offenbar fehlende Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. „Teamgeist sehe ich nicht“, sagte Dardai. Die Sanktion gegen Sunjic durfte vor diesem Hintergrund auch als Zeichen an die Spieler gewertet werden: Für Egoismen ist im Abstiegskampf kein Platz. Er sei, sagte Dardai schon am Samstag, „kein Zauberer“ – und doch muss der Rückkehrer dringend Magisches vollbringen, um den Berliner Absturz in die Zweitklassigkeit noch abzuwenden.
Boateng versteht Fans: „Ich würde auch pfeifen“
Die Mannschaft habe eine „Blockade“, betonte neben Dardai auch der emotionale Leader Kevin-Prince Boateng: „Ich bin jemand, der immer viel reden kann und Antworten hat – aber jetzt gerade ist es schwer.“
Den Unmut der Anhänger könne Boateng nachvollziehen, der 36-Jährige sei „selber Fan“, und ihm „tue es auch weh: Ich würde auch pfeifen“, so Boateng, den Dardai zur zweiten Halbzeit ins Spiel gebracht hatte.
„Die Probleme in den Köpfen sind größer, als ich gedacht habe. Der Druck war ein Riesenproblem, wir müssen dringend etwas tun, um die Blockade zu lösen“, sagte Dardai, dem in seiner dritten Amtszeit (zuvor 2015 bis 2019 und 2021) als Hertha-Coach nur wenig Zeit bleibt, um den ersten Abstieg seines geliebten Traditionsklubs seit elf Jahren zu verhindern.
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Dabei ist für die Berliner noch nicht alles verloren, am kommenden Wochenende geht es zum taumelnden Rekordmeister Bayern München, spätestens das Heimspiel gegen den VfB Stuttgart in zwei Wochen ist ein Endspiel. Der Rückstand auf den VfB beträgt aktuell drei Zähler. „Wir probieren endlich die Null zu halten, nur dann kannst du Spiele gewinnen. Ob das gegen Sandhausen oder Bayern ist, ist ganz egal“, sagte Boateng flapsig, und betonte: „Wir sind noch nicht abgestiegen.“ Dardai gibt sich realistisch: „Bei Bayern München, das weiß jeder, das kann mal eine Riesenklatsche sein, das kann mal knapp sein. Mit einer Überraschung rechne ich nicht.“ (sid/dpa/lmm)