Deutschlands Rekord-Pfeife hört auf: Wie Felix Brych zum Star-Schiri wurde
Es war der 18. Oktober 2013. An diesem Freitagabend in Sinsheim unterlief Felix Brych jener unglückselige Fehler, der ihn schlagartig über den Fußball hinaus bekannt machte: Noch nicht mit Torlinientechnik und VAR ausgestattet, erkannte der Schiedsrichter das Phantomtor von Stefan Kießling an. Ob diese ominöse Szene aus der „Schiri-Steinzeit“ in den Gesprächen mit seiner Frau über das Karrierende auch vorkam, hat Brych nicht verraten.
Sicher ist dennoch, dass vom Rekord-Unparteiischen der Bundesliga nach dem Abpfiff am Saisonende viel mehr bleibt als die Erinnerung an jenen Herbstabend im Kraichgau. „Ich blicke auf eine überragende Zeit zurück und gehe mit ausschließlich positiven Gefühlen“, sagte Brych, der seine Karriere an der Pfeife nach über einem Vierteljahrhundert in Diensten des DFB beenden wird: „Als Sportler spürt man, wenn es zu Ende geht.“
Felix Brych ist Rekordhalter in der Champions League
Ganz zu Ende wird es allerdings auch im Frühsommer nicht sein. Der 49-Jährige will zwar im Gegensatz zu einigen seiner „Rentner-Kollegen“ wohl nicht als Video-Assistent weitermachen, dennoch möchte er seine Erfahrung weitergeben. „Daran sind wir natürlich interessiert“, ließ der DFB am Montag mit Blick auf Brychs Zukunft beim Verband wissen und kündigte Gespräche an.
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Schließlich hat Brych mehr Erfahrungen gesammelt als jeder deutsche Referee zuvor. Schiedsrichter-Chef Knut Kircher würdigte die „glanzvolle Weltkarriere“ des Juristen, der seit 1999 DFB-Schiedsrichter ist – seine Liste an Meilensteinen ist lang:
Brych leitete seit 2004 bisher 352 Spiele in der Bundesliga, dazu kommen 42 Partien im DFB-Pokal. Von 2007 bis 2021 war er Schiedsrichter des Weltverbands FIFA. Er kam bei zwei Weltmeisterschaften (2014 und 2018) zum Einsatz und war bei zwei EM-Endrunden (2016 und 2021) dabei. Brych pfiff bei Olympia 2012, er leite das Europa-League-Finale 2014 und das Endspiel in der Champions League 2017 – mit 69 Einsätzen ist Brych Rekordhalter in der Königsklasse.
Brych erlitt Kreuzbandriss
Der sechsmalige DFB-Schiedsrichter des Jahres stand zweimal beim Pokalfinale (2015 und 2021) auf dem Platz, vor zwei Jahren pfiff er sogar das Endspiel des griechischen Cup-Wettbewerbs. Selbst in Südkorea und Saudi-Arabien leitete der Münchner Partien.
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Beim DFB durfte Brych auch nach Erreichen der früher gültigen Altersgrenze von 47 Jahren weitermachen. Am 25. November 2023 erlitt er allerdings einen Kreuzbandriss – ausgerechnet im 344. Bundesligaspiel seiner Karriere, bei dem er die Bestmarke von Wolfgang Stark einstellte. Erst im September 2024 kehrte Brych zurück und stieg zum alleinigen Rekordhalter auf.
Brych verließ 2021 die internationale Bühne
Viel mehr Partien werden nicht hinzukommen. „Ich merke einfach, dass ich mittlerweile über Grenzen gehen muss“, sagte Brych, der aktuell wegen einer Verletzung pausieren muss: „Jetzt ist das letzte Ziel, mich würdevoll und in guter Verfassung zu verabschieden.“
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Genau das ist Brych schon einmal gelungen. Nach der missglückten WM 2018 mit viel Zoff um sein Vorrundenspiel zwischen Serbien und der Schweiz verließ er 2021 die große internationale Bühne mit überragenden Leistungen bei der EM.
Vielleicht wiegen diese Erinnerungen sogar mehr als jene an den Abend in Sinsheim. (aw/sid)
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