Bernd Neuendorf auf dem Podium bei einer Pressekonferenz des Deutschen Fußballbundes
  • DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagt, die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien sei „nichts, das wir beschönigen“.
  • Foto: WITTERS

DFB-Boss kann „noch in den Spiegel schauen“ und trifft Saudi-Entscheidung

Leicht hat sich Bernd Neuendorf sein aufsehenerregendes „Ja“ zu Saudi-Arabien nicht gemacht. Immer wieder, versicherte der DFB-Chef, habe er sich die Frage gestellt: „Ist das für dich vertretbar? Hält man das durch bei der Kritik, die kommen wird?“ Eine Woche vor der wahrscheinlichen, aber umstrittenen Vergabe der WM 2034 an den schwerreichen Wüstenstaat ist klar: Er habe eine „Entscheidung getroffen“, betonte Neuendorf, bei der er „noch in den Spiegel schauen“ könne.

Und die lautet: Das DFB-Präsidium beschloss „einstimmig“ am Freitag, „dass wir der Vergabe 2030, aber auch 2034 nach Saudi-Arabien zustimmen werden“, sagte Neuendorf: „Das wurde einhellig so gesehen, es gab keine einzige Stimme, die gesagt hat, dass wir hier falsch unterwegs sind. Die Entscheidung wird vom gesamten Verband unterstützt.“ Auch die Ligavertreter im Präsidium hätten sich „ausdrücklich“ hinter die Linie gestellt – mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke „an der Spitze“.

Die Vergabe an Saudi-Arabien beim FIFA-Kongress am kommenden Mittwoch gilt als Formsache. Über die WM 2034 wird „en bloc“ mit dem Turnier 2030 entschieden – dem Vernehmen nach per Akklamation. Sollte der DFB also Saudi-Arabien die Zustimmung verweigern, würde er damit automatisch der Bewerbung seiner UEFA-Partner Spanien und Portugal mit Marokko, Uruguay, Argentinien und Paraguay für das Turnier vier Jahre vorher eine Absage erteilen.

WM-Doppelvergabe 2030 und 2034 unter Kritik

Es ist in gewisser Weise ein sportpolitisches Dilemma für den größten Einzelsportverband der Welt.
Auf dieses Verfahren hatte sich das FIFA-Council um Neuendorf, der in dem Gremium jährlich 250.000 US-Dollar erhält, im Oktober einstimmig verständigt. Widerspruch hätte aus Sicht des DFB-Chefs „nichts verändert“. Kritiker sehen die Doppelvergabe als Abkehr von den Reformen, die infolge des FIFA-Skandals 2015 eingeführt worden waren.

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Würde der DFB sich gegen Saudi-Arabien stellen, „hätten wir uns aus dem Spiel genommen“, argumentierte Neuendorf: „Wir müssen mit der FIFA darauf hinwirken, dass sich die Situation in Saudi-Arabien, was Menschenrechte und Nachhaltigkeit betrifft, verbessert.“ Der DFB-Präsident bezeichnete die Menschenrechtslage in dem Königreich als „kritisch“ und als „nichts, das wir beschönigen“.

Er sei mit Blick auf das Abstimmungsverhalten aber „nicht dafür, dass wir uns als DFB international isolieren“. Zudem müsse sich der Verband fragen: „Was können wir in unserem Kosmos leisten? Wir dürfen uns nicht überheben.“ Eine Ablehnung der Bewerbung aus Saudi-Arabien sei „reine Symbolpolitik“. Und: Man müsse sehen, dass es „in weiten Teilen der Welt“ einen anderen Blick auf das Land gebe als in Deutschland. „Damit müssen wir klarkommen.“

Menschenrechtslage immer wieder Gesprächsstoff

Insbesondere die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien sorgt für Diskussionen. Erst in dieser Woche erhob Human Rights Watch in einem neuen Bericht erneut schwere Vorwürfe. Darin geht es um Zwangsarbeit, exorbitante Anwerbegebühren, grassierenden Lohndiebstahl oder unzureichenden Schutz vor extremer Hitze. Auch Beschränkungen bei der Verlegung von Arbeitsplätzen und nicht untersuchte Todesfälle von Arbeitern werden dokumentiert. Die Situation in dem Land, dem der Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 vorgeworfen wird, wird teilweise noch kritischer als vor der WM 2022 in Katar beschrieben.

Die FIFA bescheinigt Saudi-Arabien dagegen eine „einmalige, innovative und ambitionierte Vision”, im jüngsten Prüfbericht wird von einem „mittleren Risiko“ beim Blick auf die Menschenrechte ausgegangen. Dabei beruft sich die FIFA auch auf eine Bewertung einer in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad ansässigen Kanzlei, die von Menschenrechtlern als „künstlich eingeschränkt, irreführend und übermäßig positiv“ bezeichnet wird.

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Das „Ja“ des DFB sei eine Entscheidung, „die einen emotional sehr beschäftigt“, dies wühle ihn „innerlich auf“, räumte Neuendorf ein, er sieht vor allem die FIFA in der Pflicht. Für ihn ist jedenfalls klar: Das Votum in der kommenden Woche werde „eindeutig“ sein. (sid/tm)

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