Bundestrainer Flick klärt Kimmich- und Kapitänsfrage
Mit flottem Schritt marschierte Hansi Flick durch den Stuttgarter Regen. Schnell noch ein Medientermin, dann gingen die letzten Vorbereitungen im Teamhotel weiter. Wie ein ungeduldiger Party-Ausrichter erwartete der neue Bundestrainer am Sonntag die Ankunft seiner 26 ausgesuchten Gäste. Denn auf dem Platz soll es für die Nationalmannschaft nach vielen Tiefschlägen in der Endphase der Ära Löw mit dem großen Bayern-Titelsammler schnell wieder Länderspiel-Festtage und Gründe zum Feiern geben.
„Wir wissen, dass wir nur eine kurze Zeit gemeinsam mit den Spielern zur Verfügung haben, die wollen wir optimal nutzen“, sagte Flick im Interview. Der Nachfolger von Joachim Löw will keine Zeit vergeuden. Mit Enthusiasmus und einer positiven Grundhaltung startet der 56-Jährige in den Countdown auf den ersten Länderspiel-Dreierpack seiner Amtszeit – Fernziel ist die WM 2022.
Hansi Flick freut sich auf neue Aufgabe als Bundestrainer
„Ich freue mich total drauf. Mein ganzes Team freut sich, dass wir jetzt anfangen können“, sagte Flick vor der Fortsetzung in der WM-Qualifikation gegen Liechtenstein, Armenien und Island. Dass neun Punkte zum Start Pflicht sind, hat Flick längst klar gemacht.
Einen Tag eher als zuletzt üblich versammelte er seinen 26 Spieler umfassenden Kader im Waldhotel der Schwaben-Metropole. „Um unser Programm unterzubekommen, treffen wir uns früher“, begründete Flick diesen Schachzug, der verdeutlicht, dass er bereit ist. Mit Münchner Erfolgsmentalität will er ein Vollzeit-Bundestrainer sein.
Beim DFB-Team beginnt eine neue Zeitrechnung
Schon am Samstag gab es einen lockeren Teamabend mit dem Betreuerstab plus TV-Programm mit dem 5:0 der Bayern gegen Hertha BSC und dem 1:1 zwischen dem FC Liverpool und dem FC Chelsea zur Unterhaltung. Vorher hatte sich Flick im Stadion das Freiburger 3:2 beim VfB Stuttgart live angeschaut. Fußball kann es für Flick einfach nicht genug geben.
Zwei Monate nach dem EM-Aus im Achtelfinale gegen England beginnt eine neue Zeitrechnung. Gedanken an ein mögliches Scheitern in der WM-Qualifikation will Flick nach den jüngsten DFB-Enttäuschungen wie dem 1:2 im Heimspiel gegen Nordmazedonien auf keinen Fall zulassen. „Ich bin ein Mensch, der immer positiv nach vorne schaut. Jetzt wollen wir erstmal die anstehenden drei Spiele gewinnen. Das ist unser Ziel“, sagte Flick.
Joshua Kimmich ins Zentrum und zurück zur Viererkette
Deutschland liegt auf dem dritten Platz seiner Qualifikationsgruppe. Für das direkte Ticket nach Katar muss man Gruppensieger werden. Sonst droht als Zweiter ein schwieriges Playoff-Turnier mit zwei K.o.-Spielen im März. „Daran denke ich nicht“, sagte Flick. Punkt!
Der neue Chef hat klare Ideen und macht auch kein Geheimnis daraus, dass er zuletzt ins Leere gelaufenen Entscheidungen seines Vorgängers Joachim Löw als Sofortmaßnahmen korrigieren wird. Joshua Kimmich? Für Flick gehört er nicht auf die Außenbahn, sondern wieder ins Zentrum. „Er kann beide Positionen gut spielen, aber ich sehe ihn eher auf der Sechs.“ Dreier- oder Viererkette? „Wir werden mit einer Viererkette spielen und werden stets analysieren, was wir besser machen können.“
Manuel Neuer bleibt Kapitän der Nationalmannschaft
Keine Veränderung wird es im Kapitänsamt geben. Manuel Neuer (35) wird die Nationalelf auch unter Flick – wie schon beim FC Bayern – anführen. „Ja, Manu bleibt der DFB-Kapitän. Da ist im Moment nichts anderes angedacht“, bestätigte Flick vor der Anreise von Neuer und Co. nach Stuttgart im Interview des ARD-Hörfunks. Die langjährige Nummer 1 ist seit September 2016 Spielführer. „Er ist für mich ein Weltklassespieler, aber auch ein absoluter Mensch und kann eine Mannschaft hervorragend führen. Das sind Dinge, die ich brauche von einem Kapitän“, begründete Flick die erwartete Festlegung auf Neuer.
Flick will die deutsche Mannschaft wieder besser machen. Das ist der Ansatz. Das hat er auch den Fans nach zwei Turnier-Flops versprochen. Das Nationalteam soll wieder mit Offensivfußball begeistern. Dafür hat er einige aus Bayern-Zeiten treue Wegbegleiter des Erfolgs weiter an seiner Seite. „Ich freue mich, dass ich keine Pause habe und beim Neustart und der Neuausrichtung dabei sein kann“, sagte Thomas Müller. Leroy Sané muss trotz Formkrise bei den Bayern nicht bange sein, dass er für Flick nicht mehr zu den Besten zählt.
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Für seine ersten drei Länderspiele setzt Flick auf einen Generationen-Mix. „Wir denken, dass das insgesamt ein guter, ein interessanter Kader ist und freuen uns auf das, was kommt“, sagte er. Erstmals stehen die drei U-21-Europameister Karim Adeyemi (19), Nico Schlotterbeck (21) und David Raum (23) im Kader. Mit dabei sind auch die Teenager Jamal Musiala (18) und Florian Wirtz (18).
Im Fokus steht auch Rückkehrer Marco Reus (32), für den ein Comeback im Gegensatz zu Mario Götze (29) gleich bei Flicks Start Realität wird. „Er hatte letzte Saison eine schwierige Phase, aber er hat die Vorbereitung komplett mitgemacht, deswegen ist er topfit. Er hat Lust, dabei zu sein, und auch das war für mich auch ausschlaggebend“, sagte Flick über Reus. Als der Dortmunder im Oktober 2019 letztmals im DFB-Trikot spielte, war der neue Bundestrainer noch Assistenzcoach von Niko Kovac beim FC Bayern – der folgende, nicht nur hierzulande bewunderte Sieben-Titel-Triumphzug hatte noch nicht mal begonnen. (dpa/tha)