Erstes Bundesliga-Geisterspiel

Am 11. März 2020 gab es das erste Bundesliga-Geisterspiel zwischen Gladbach und Köln. Foto: IMAGO / Mika Volkmann

„Gegen jede Logik“: Erstes Corona-Geisterpiel vor fünf Jahren – Folgen bis heute

Der frühere DFL-Boss Christian Seifert blickt fünf Jahre nach dem ersten Geisterspiel in der Geschichte der Bundesliga mit gemischten Gefühlen auf die Corona-Zeit zurück.

In den damaligen Debatten sei es schnell „um Zeichen und nicht mehr nur um Inhalte“ gegangen, sagte der Medienunternehmer im „kicker“-Interview und ergänzte: „Manches war gegen jede Logik. Aber es ist mir relativ schnell gelungen, das auszublenden, weil es einfach zu viel Energie gekostet hätte.“

Am 11. März 2020 fand zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln (2:1) erstmals ein Spiel im deutschen Oberhaus vor leeren Rängen statt, kurz zuvor hatte die Bundesregierung verschärfte Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus verhängt. „Diese laute Stille im Stadion gehört zu den Eindrücken, die sich tief bei mir eingeprägt haben“, sagte Seifert. Nach der Partie ruhte der Bundesliga-Spielbetrieb bis Mitte Mai, ehe mithilfe eines Hygienekonzepts ein Restart vor leeren Tribünen ermöglicht wurde.

Christian Seifert war bis 2021 Geschäftsführer der DFL. imago/Kirchner-Media
Christian Seifert auf der Spobis
Christian Seifert war bis 2021 Geschäftsführer der DFL.

Seifert: „Eindruck, dass uns viele scheitern sehen wollten“

Einerseits ist der frühere Liga-Geschäftsführer stolz auf das damals entwickelte Hygienekonzept. Andererseits haben die emotionalen Debatten in Politik und Gesellschaft tiefe Spuren beim heute 55-Jährigen hinterlassen. „Dass der Profifußball polarisiert, war klar. Das Ausmaß der Häme, die über ihn hereingebrochen ist, hat mich dann aber doch verwundert“, sagte Seifert. In den Diskussionen vermisste Seifert „die Bereitschaft zum Tiefgang. So etwas wirkt bei mir bis heute nach.“ Er hatte „den Eindruck“, ergänzte er, „dass uns sehr viele scheitern sehen wollten“.

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Seifert ist überzeugt, dass das damalige Hygienekonzept auch auf andere Bereiche hätte angewendet werden könnten, etwa Altersheime. „Zahlreiche ältere Menschen hätten dann vielleicht nicht allein hinter Plastikfolien sterben müssen“, sagte Seifert und ergänzte: „Doch danach hat kaum einer gefragt. Stattdessen wurde allzu oft die Neidkarte gespielt: Kinder dürfen nicht auf den Spielplatz, aber die Fußballmillionäre dürfen spielen.“

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Die fehlende Aufarbeitung der Politik wirke bis heute nach, glaubt der Gründer von Dyn Media. „Einiges von dem, was wir momentan in der öffentlichen Debatte sehen, was sich auch in den Wahlergebnissen niederschlägt, hat seinen Ursprung in der Corona-Zeit. Und darin, dass diese Corona-Zeit nicht aufgearbeitet wurde. Ich fürchte, wir sehen heute noch Bremsspuren davon“, sagte Seifert, der 2021 als Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) aufgehört hatte. (sid/mb)

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