„Nicht meinen Schaaaal“: TV-Reporter rastet bei Australiens WM-Quali völlig aus
Hin und wieder wird Journalistinnen und Journalisten (teils zu Recht) vorgehalten, sie ließen die nötige Distanz zum Objekt ihrer Berichterstattung vermissen. Von einem Spannungsfeld aus Nähe, die es ja braucht, um Informationen zu erlangen, und eben Distanz, um sich nicht vereinnahmen zu lassen, ist oftmals die Rede, besonders im Sportjournalismus. Eine Herausforderung, die mal mehr, mal weniger gut gemeistert wird. Im Falle eines australischen Reporters hat das, nun ja, eher mittelmäßig funktioniert. Unterhaltsam ist der Auftritt des Tony Armstrong aber allemal.
Der schnurrbärtige Journalist des öffentlich-rechtlichen TV-Senders ABC ist mit der Aufgabe betraut, von einer Fan-Meile (oder sollte man angesichts der sehr überschaubaren Zahl anwesender Personen von einem Fan-Meilchen sprechen?) zu berichten. Übertragen wird dort, auf dem Federation Square in Melbourne, das Playoff-Spiel zur WM-Qualifikation zwischen Australien und Peru – bei dem sich bekanntermaßen St. Paulis Jackson Irvine durch ein 5:4 im Elfmeterschießen für das Winter-Turnier in Katar qualifiziert hat. Der Sender besitzt offensichtlich nicht die Rechte, um die Begegnung selbst zu zeigen – daher soll der Reporter die Stimmung vom Platz (sowohl von dem grünen in Katar als auch von dem grauen in Melbourne) zu einer Kollegin und einem Kollegen ins Studio und an die Fernsehschirme tragen.
Obwohl das Elfmeterschießen – und somit die Ausgeburt der Spannung – bereits läuft, beginnt er eher gemächlich. Aber dann … Während die Zuschauer:innen daheim gerade schiere Massen peruanischer Fans sehen in ihrem bangen Warten auf den entscheidenden Schuss, tönt aus dem Off ein Armstrongscher Urschrei ins Mikro. Seine Übertragung hat offenkundig zeitlichen Vorsprung und aus dem Journalisten wird in Sekundenschnelle ein herumtollender, schreiender, fuchtelnder Fan der „Socceroos“.
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Für einen kurzen Moment fällt ihm sein Arbeitsauftrag wieder ein: „How good is this? How good is this?“, ruft er jubelnd, als ihn die TV-Bilder wieder zeigen, einem Fan ins Gesicht, während ein anderer die Kamera küsst. Dann entschwindet der Reporter in die ekstatisch springende Menge, denn: Ein Fan hat ihm seinen Schal vom Hals gezogen. „Not my scaaaarf! That’s my mum’s!“, schreit er. Holt sich sein Textil zurück. Und gibt, so sehr hüpfend und grinsend, dass man meinen könnte, er habe nicht nur den Schal zu sich genommen, wieder ins Studio.