Kein Coach, kein Training: So skurril war das erste deutsche Fußball-Länderspiel
Ein Länderspiel ohne Bundestrainer? Undenkbar! Kein gemeinsames Training? Unvorstellbar! Eine Nominierung über die Zeitung? Unmöglich! Die Umstände der Länderspiel-Premiere des DFB muten 115 Jahre später völlig skurril an – und doch fiel am 5. April 1908 um 15.10 Uhr der Startschuss in eine ruhmreiche Geschichte. Daran änderten auch die 3:5-Niederlage auf dem Landhof in Basel gegen die Schweizer Gastgeber und die außergewöhnlichen Begleiterscheinungen nichts.
„Nach der Veröffentlichung in der Zeitung habe ich damals über eine Woche lang nichts mehr von meiner Aufstellung für den Länderkampf gehört”, sagte der erste deutsche Torschütze Fritz Becker später. Auf dem Bahnsteig erhielt Becker im dunklen Anzug dann aber seine Fahrkarte nach Basel. Im Zug saßen zwar auch einige Teamkollegen, viele lernte er aber erst nach der Ankunft im Hotel Metropol oder bei der Einkleidung am Morgen des Spiels kennen.
DFB: Hansi Flick setzt auf andere Spielvorbereitung
Bis zum Anpfiff gab es aber noch einige Gelegenheiten, um sich zu beschnuppern. Dem gemeinsamen Frühstück folgte eine Fahrt durch die Stadt, nach einem Besuch im Zoo wurde sich bei einem Glas Bier erfrischt. Eine Vorbereitung, die Hansi Flick für das 1000. Länderspiel am Montag (18.00 Uhr/ZDF) in Bremen gegen die Ukraine wohl kaum in Erwägung ziehen dürfte.
Doch einen Bundestrainer gab es damals auch acht Jahre nach der Verbandsgründung noch nicht. Die taktische Marschroute legte Kapitän Arthur Hiller fest, er und seine Teamkollegen freuten sich immerhin über 20 Mark Spesen.
Die Auswahl der Spieler hatte der DFB-Spielausschuss unter der Leitung von Hugo Egon Kubaseck getroffen. Da der Termin des Spiels aber erst zwei Monate zuvor festgelegt wurde, fehlten sieben Spieler, die mit zwei Berliner Stadt-Auswahlmannschaften gegen Teams aus Wien und Leipzig antreten mussten. Auch der Kaiser nahm keine Notiz von der historischen Begegnung: Wilhelm II. bereiste an dem Tag Sizilien.
Erster DFB-Sieg gelang gegen die Schweiz
Die erste von bis heute 214 Niederlagen der deutschen Nationalmannschaft überraschte angesichts der kuriosen Umstände nicht. Trotz der Führung im Dauerregen durch Becker ging es vor rund 3500 Zuschauern mit einem 1:3-Rückstand in die Pause. In der zweiten Halbzeit verhinderten auch die Tore von Fritz Förderer und erneut Becker die Niederlage nicht. Auf die deutsche Länderspiel-Premiere wurde beim anschließenden Bankett dennoch angestoßen – nur Ernst Jordan war etwas traurig. Er ging als erster Eigentorschütze in die DFB-Geschichte ein.
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Bis zum ersten Sieg sollte es ein Jahr dauern. Am 4. April wurde die Schweiz in Karlsruhe mit 1:0 bezwungen – immer noch ohne Trainer. (aw/sid)