Jerome Boateng (l.) und sein Anwalt Leonard Walischewski
  • Landgericht München I: Jerome Boateng (l.) und sein Anwalt Leonard Walischewski
  • Foto: imago/Sven Simon

Kein „notorischer Frauenschläger“? So sieht das Urteil gegen Jerome Boateng aus

Ex-Weltmeister Jerome Boateng ist vom Landgericht München I wegen Körperverletzung verwarnt worden. Die Kammer verhängte am Freitag eine Geldstrafe unter Vorbehalt in Höhe von 200.000 Euro. Dies ist wie eine Geldstrafe auf Bewährung zu verstehen, nur im Fall eines neuen Vergehens müsste Boateng zahlen. Die Richterin Susanne Hemmerich sagte, von dem Vorwurf des „notorischen Frauenschlägers“ gegen den 35 Jahre alten Fußballer sei in dem Verfahren nichts übrig geblieben.

Die Verwarnung setzt sich aus 40 Tagessätzen zu jeweils 5000 Euro zusammen. Das Gericht blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die 1,12 Millionen Euro Geldstrafe gefordert hatte. Boatengs Verteidigung hatte höchstens eine moderate Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung oder die Einstellung gegen eine Geldauflage gefordert.

Richterin spricht von „toxischer Beziehung“

Richterin Hemmerich erklärte in ihrem Urteilsspruch über Boateng: „Wir haben hier jemanden, der in einer Beziehung über Gebühr ausgerastet ist. Und für genau solche Fälle ist die Verwarnung mit Strafvorbehalt gemacht.“ Der Ausraster sei ihm Rahmen einer „toxischen Beziehung“ zu bewerten. Boateng habe sich im Verfahren „sehr geläutert“ gezeigt.

Die wichtigste Auflage: Boateng muss innerhalb von sechs Monaten 50.000 Euro an einen Kinder- und Jugendhilfe-Verein und 50.000 Euro an das Haunersche Kinderhospital zahlen. In dem Verfahren ging es auch darum, dass Boateng seiner Ex den Umgang mit den gemeinsamen Zwillingstöchtern (13) ermöglicht. Beim Fußballstar liegt seit neun Jahren das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht. Seine frühere Partnerin hatte als Zeugin ausgesagt, dass sie ihre Töchter seit zwei Jahren nicht gesehen habe.

Ursprünglich 1,8 Millionen Euro Strafe für Boateng

Es war bereits die dritte Neuauflage des Verfahrens. 2021 hatte das Amtsgericht München eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro verhängt, also insgesamt 1,8 Millionen Euro. In zweiter Instanz verurteilte das Landgericht München I Boateng im November 2022 zu einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Euro, zu zahlen in 120 Tagessätzen. Das Urteil wurde im Anschluss jedoch wegen Rechtsfehlern aufgehoben, das Verfahren neu aufgerollt. Möglich ist übrigens, dass auch das jetzige Urteil noch einmal überprüft wird. Die Staatsanwaltschaft schloss eine Revision zumindest nicht aus.

Der Prozess drehte sich um den Vorwurf einer Attacke Boatengs in einem Karibikurlaub mit der Mutter seiner 13 Jahre alten Zwillinge vor sechs Jahren. Die Ex-Partnerin warf ihm vor, eine Kühltasche und ein Windlicht nach ihr geworfen zu haben. Zudem habe er sie in den Kopf gebissen. Diese Darstellung sei aber nicht bewiesen worden, urteilte das Gericht. Der Gerichtssprecher Laurent Lafleur führte auch aus, dass das Urteil auch berücksichtigt habe, dass es im Verlauf der Beziehung zu gegenseitigen Körperverletzungen gekommen sei. Boateng sei also nicht der alleinige Aggressor gewesen.

Anwältin von Boatengs Ex zeigt sich zufrieden

„Die letzten neun Jahre waren eine schwere Belastung. Ich bin froh, wenn wir jetzt langsam wieder ins normale Leben zurückkehren können“, sagte Boateng der „Bild“. In einer Erklärung sagte er außerdem: „Ich bin unendlich erleichtert, dass dieser jahrelange Albtraum nun endet. Das ist vor allem für meine Kinder wichtig. Jetzt möchte ich mich auf die Familie und den Fußball konzentrieren.“ Innenverteidiger Boateng hatte 2014 mit der deutschen Nationalmannschaft den WM-Titel gewonnen, seit diesem Sommer spielt er in Österreich beim Linzer ASK.

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Carolin Lütcke, Anwältin seiner früheren Partnerin, sagte zu „Bild“ nach dem Urteil: „Das Gericht hat die häusliche Gewalt festgestellt. Die wird jetzt nicht mehr vorkommen. Nur darum ging es uns. Meine Mandantin war standhaft und mutig.“ Gegenüber der Funke-Mediengruppe fügte Lütcke hinzu: „Herr Boateng hat es bis heute leider nicht geschafft, sich bei meiner Mandantin zu entschuldigen. Sie hofft sehr, dass im Sinne der Kinder ein neuer Weg gefunden wird und er Verantwortung für sein Handeln übernimmt.“ Auch Richterin Lemmerich hatte ausgeführt: „Die eigentlich Leidtragenden in diesem Prozess sind meiner Meinung nach die Kinder.“ (sid/lw)

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