Nach Chaos-Rücktritt: Klinsi tritt nach: „Besser, dass ich in den Flieger steige“
Berlin –
Jürgen Klinsmann ist nicht mehr Trainer von Hertha BSC. Der 55-Jährige trat am Dienstagmorgen mit einem Statement auf seiner offiziellen Facebook-Seite zurück und stürzte die Hertha ins Chaos. Der Klub bestätigte erst genau eine Stunde und eine Minute später das Klinsi-Aus auf ihren sozialen Kanälen.
Interimsnachfolger wird der bisherige Klinsmann-Assistent Alexander Nouri. „Wir sind von dieser Entwicklung am Morgen überrascht worden. Insbesondere nach der vertrauensvollen Zusammenarbeit hinsichtlich der Personalentscheidungen in der für Hertha BSC intensiven Wintertransferperiode gab es dafür keinerlei Anzeichen. Über die weiteren Entwicklungen werden wir zu gegebener Zeit informieren“, sagte Manager Michael Preetz in einer Erklärung.
Beerbt Niko Kovac Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC?
Kurze Zeit nach der Bekanntgabe kochten sofort die ersten Gerüchte hoch. Niko Kovac wurde für Klinsmanns Nachfolge gehandelt. Die Deutsche Press-Agentur erfuhr aber aus dem Umfeld des Ex-Hertha-Spielers, dass da nichts dran ist.
Der Kroate war schon Ende November Trainerkandidat in Berlin, sagte aber damals schon ab. Stattdessen wurde Klinsmann verpflichtet.
Jürgen Klinsmann: „Auf diesem Wege ein herzliches Dankeschön“
In dem Facebook-Post schreibt Klinsmann: „Liebe Herthaner, auf diesem Wege sage ich ein ganz herzliches Dankeschön an alle Spieler, Fans, Zuschauer, Betreuer und Mitarbeiter von Hertha BSC für die Unterstützung.“
Der Klub und die Stadt seien ihm in seiner Zeit als Trainer seit November ans Herz gewachsen. Mit der Hertha sollte er den Klassenerhalt in dieser Saison schaffen.
Jürgen Klinsmann will wieder in den Aufsichtsrat
„Als Cheftrainer benötige ich allerdings für diese Aufgabe, die noch nicht erledigt ist, auch das Vertrauen der handelnden Personen. Gerade im Abstiegskampf sind Einheit, Zusammenhalt und Konzentration auf das Wesentliche die wichtigsten Elemente“, heißt es weiter.
Das habe er bei der Hertha in letzter Zeit vermisst: „Deshalb bin ich nach langer Überlegung zum Schluss gekommen, mein Amt als Cheftrainer der Hertha zur Verfügung zu stellen und mich wieder auf meine ursprüngliche langfristig angelegte Aufgabe als Aufsichtsratmitglied zurückzuziehen.“
Jürgen Klinsmann holte zwölf Punkte in neun Spielen
Der Post wird beendet mit einem: „HaHoHe, Euer Jürgen.“ Auf dem offiziellen Twitter-Account wird auf seinen Facebook-Kanal verlinkt.
Hier lesen Sie mehr: Bundesliga: Poker um TV-Rechte läuft: Sky droht das TV-Aus
Klinsmann trat sein Amt als Cheftrainer der Hertha Ende November an, war nur 76 Tage im Amt. In neun Bundesliga-Spielen holte der frühere Welt- und Europameister zwölf Zähler. Im DFB-Pokal unterlagen die Berliner im Achtelfinale in der vergangenen Woche bei Schalke 04 mit 2:3 nach Verlängerung.
Jürgen Klinsmann: „Es war keine Spontan-Entscheidung von mir“
Als Klinsmann noch am Montagabend in einem Live-Chat mit den Hertha-Fans über die Lage diskutierte und nicht im geringsten andeutete, was er vor hat, wusste er längst, dass er bald die Brocken hinschmeißt. „Es war keine Spontan-Entscheidung von mir. Ich habe schon länger das Gefühl, dass es in dieser Form nicht funktioniert“, sagte er am Dienstag bild.de: „Am späten Montagabend habe ich mich noch mit Vertrauten, u.a. meinem Trainerteam, getroffen. Um noch einmal zu prüfen, ob ich auf dem Holzweg bin.“
Klinsmann: „Verschiedene Denkweisen und Kulturen“
War er aber wohl nicht, jedenfalls nach seiner Sicht der Dinge. In dem Interview nennt Klinsmann als Gründe für seinen Rücktritt „verschiedene Denkweisen und vor allem verschiedene Kulturen.“ Es gehe „auch um die Kompetenzverteilung. Nach meinem Verständnis sollte ein Trainer – nach dem englischen Modell – die gesamte sportliche Verantwortung tragen. Also auch über Transfers. Das gibt der Position wesentlich mehr Power. Das hat sich in Deutschland mit Sportvorständen und Direktoren anders entwickelt. Da finde ich mich nicht wieder.“
Hier lesen Sie mehr: Kommentar: Liga-Lachnummer Hertha – Klinsis Karriere beendet
Gefragt nach der Reaktion von Sportchef Michael Preetz antwortete Klinsmann: „Nicht so glücklich. Aber es ist besser, dass ich wieder in den Flieger steige.“
Jürgen Klinsmann: „Ich habe ein Himmelfahrtskommando übernommen“
Die Argumentation des Klubs, Klinsmann habe einen Vertrag über den Sommer hinaus verlangt, lacht Klinsmann weg: „Ich hatte ja nicht einmal eine schriftliche Vertrags-Vereinbarung für diese Saison. Das zog sich seit zehn Wochen hin. Richtig ist: Wir haben mal über eine mittelfristige Zusammenarbeit gesprochen und über die Kompetenzen diskutiert.“
Auch, dass er nicht die erwarteten Ergebnisse geliefert habe, weist er von sich: „Das sehe ich anders. Ich habe ein Himmelfahrtskommando übernommen und habe nur in einem Spiel schlechter abgeschnitten als gehofft.“
Jürgen Klinsmann: „Ich feuere niemanden“
Zu Spekulationen, er könne in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats Preetz bald vor die Tür setzen, sagt Klinsmann: „Ich feuere niemanden. Es geht um die Zukunft von Hertha BSC und Berlin.“ Die kurzfristigen Aussichten deuten hier zunächst mal auf Chaos hin. (red)