Nach Rassismus-Eklat: So gehen Moukoko & Co. mit den Anfeindungen um
Als der Mannschaftsbus der deutschen U21-Fußballer tief in der Nacht das Teamquartier am Schwarzen Meer erreichte, waren Schock und Entsetzen immer noch groß.
Nach den rassistischen Beleidigungen gegen die U21-Nationalspieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam mochte im Lager des Deutschen Fußball-Bunds niemand einfach zur Tagesordnung übergehen. „Ganz bestimmt muss ich jetzt mit den Jungs sprechen und mit der ganzen Mannschaft sprechen“, kündigte Trainer Antonio Di Salvo noch in der Nacht an. Bis zum wichtigen nächsten Spiel am Sonntag gegen Tschechien bleibt aber nur wenig Zeit.
Moukoko und Ngankam in den Sozialen Netzwerken rassistisch beleidigt
Etwa eine Stunde nach Abpfiff im georgischen Kutaissi machte Moukoko mit emotionalen Worten die Hass-Botschaften gegen sich und Teamkollege Ngankam öffentlich.
„Da sind Menschen, die gar nichts zu tun haben, die beleidigen dich. Wenn wir gewinnen, sind wir Deutsche und wenn wir verlieren, sind wir Schwarze“, klagte der Stürmer von Borussia Dortmund. „Das ist ekelhaft, das hat sehr weh getan“, sagte Moukoko, der ein „Zeichen“ forderte. Der 18-Jährige hatte bereits nach drei Minuten einen Elfmeter vergeben, Herthas Ngankam scheiterte in der Schlussphase ebenfalls vom Punkt (80. Minute).
Die Mannschaft und Di Salvo reagierten schockiert. „Ich verstehe nicht, wieso man heutzutage immer noch rassistisch ist“, sagte Torhüter Noah Atubolu, der von ähnlichen Erfahrungen berichtete. „Die Jungs können nichts dafür, woher sie kommen. Sie haben sich entschieden, für Deutschland zu spielen, und geben das Beste für ihr Land.“ Auch der DFB und die Vereine von Ngankam und Moukoko verurteilte die Vorfälle. „Jede Art von Rassismus und Diskriminierung ist unterste Schublade, das geht überhaupt nicht“, sagte Di Salvo.
Sportlicher Fehlstart: Di Salvo unter enormen Druck
Der 44 Jahre alte Trainer ist bei seinem ersten Turnier als Chefcoach nun extrem gefordert. Einerseits müssen er und sein Trainerteam das Geschehene mit der Mannschaft aufarbeiten, andererseits steht die U21 nach ihrem EM-Fehlstart auch sportlich unter enormem Druck. „Förderlich ist es nicht, das ist klar“, sagte der Coach auf die Frage nach dem Einfluss der Beleidigungen auf die Leistung seiner Elf. „Jetzt sind wir gefragt, die Jungs aufzubauen.“
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Dafür bleibt nur wenig Zeit: Bereits am Sonntag (18 Uhr/Sat.1) steht in Batumi das zweite EM-Spiel gegen Tschechien an. Nach dem 1:1 zum Start braucht der Titelverteidiger dringend einen Sieg. Sonst droht das Team schon vor dem Gruppen-Finale gegen England am Mittwoch die Ziele wie den Einzug in die K.o.-Phase und die Qualifikation für die Olympischen Spiele aus den Augen zu verlieren. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, sagte Di Salvo.
Moukoko mit schwachem Auftritt beim 1:1 gegen Israel
Das Tor von Kapitän Yann-Aurel Bisseck (26.) reichte gegen Israel trotz einer Halbzeit in Überzahl nicht zum Sieg – auch weil die deutsche Mannschaft neben den beiden vergebenen Elfmetern zahlreiche weitere Chancen ungenutzt ließ. „Das war schon auf jeden Fall relativ wenig“, gab Di Salvo ernüchtert zu. Vor allem Moukoko, der bei der EM vorangehen sollte, erwischte einen unglücklichen Abend, vergab zahlreiche Großchancen und verhinderte ein Tor durch eine Abseitsposition. „Youssoufa weiß, dass er mehr kann“, sagte der Trainer.
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Das Ausnahme-Talent und Teamkollege Ngankam aufzufangen und gleichzeitig den Fokus auf die sportlich wichtige Aufgabe zu lenken – das wird nun die Herausforderung für den ehemaligen Bundesliga-Profi. Nach der Erfolgs-Ära von Trainer Stefan Kuntz mit drei Final-Teilnahmen in Serie und den Titel-Gewinnen 2017 und 2021 wäre alles andere als der erneute Einzug in die K.o.-Phase eine brutale Enttäuschung für die U21. (dpa/mg)