„Prozess des Jahrhunderts“: Man City droht Ausschluss aus Premier League
Der „Fußball-Prozess des Jahrhunderts“ ringt Pep Guardiola nicht mal ein müdes Lächeln ab. „Wir werden das Urteil akzeptieren“, sagte der Teammanager von Manchester City schulterzuckend, als ginge es um ein Ticket wegen Falschparkens. Doch was ab Montag an einem geheimen Ort und vor einem unabhängigen, dreiköpfigen Disziplinar-Gremium mit uneingeschränkter Urteilskraft zur Anhörung gebracht werden soll, hat tatsächlich das Zeug zum Musterprozess.
Laut britischer Presse geht es um nicht weniger als den „Fußball-Prozess des Jahrhunderts“. City, das sechs der jüngsten sieben englischen Meisterschaften gewann, werden von der Premier League Verstöße gegen deren Finanzregeln in 115 Fällen vorgeworfen. Die unterschwellige Anklage: All die schönen Titel, auch jener in der Champions-League 2023, sind erschwindelt und erlogen, errungen mit einer Mannschaft, die so nie hätte zusammengestellt werden dürfen. Der Klub weist die Vorwürfe vehement zurück.
ManCity: Vorwürfe beziehen sich auf saudische Besitzer
Im Kern geht es um Sponsoring-Einnahmen, die Verbindung zu Geschäftspartnern und Betriebskosten, darunter mögliche verdeckte Zahlungen an Trainer und Spieler. Im Einzelnen soll City…
… es 54-mal versäumt haben, genaue Finanzinformationen bereitzustellen (Saison 2008/09 bis 17/18)
… es 14-mal versäumt haben, genaue Angaben zu Spieler- und Trainergehältern zu machen (2008/09 bis 17/18)
… fünfmal gegen UEFA-Regeln verstoßen haben, einschließlich des Financial Fair Play (2012/13 bis 17/18)
… siebenmal gegen die Gewinn- und Nachhaltigkeitsregeln der Premier League verstoßen haben (2014/15 bis 17/18)
… es 35-mal versäumt haben, bei Ermittlungen der Premier League zu kooperieren (Dezember 2018 bis Februar 2023)
Die Vorwürfe zielen auf das Geschäftsgebaren der milliardenschweren Klubbesitzer aus Abu Dhabi, die City 2008 übernommen hatten. Die UEFA hatte Manchester wegen ähnlicher Verstöße schon vor zehn Jahren zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und 2020 für zwei Jahre vom Europapokal ausgeschlossen. Dieses Urteil wurde jedoch vom Internationalen Sportgerichtshof CAS kassiert, die damit verbundene Geldstrafe von 25 auf 8 Millionen Pfund reduziert. Dennoch nahm die Premier League vor sechs Jahren eigene Ermittlungen auf.
Pep Guardiola bekräftig Unschuld aller Angeklagten
Weil sie, wie es die BBC nennt, „einen der größten Finanzskandale im Sport“ wittert. Der Fall könnte laut der Rundfunkanstalt „verheerende Konsequenzen“ für beide Seiten haben – je nach Ausgang. Sogar die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zum wichtigen Partner Vereinigte Arabische Emirate würde davon belastet, schon jetzt hätte der Fall beide Seiten Dutzende Millionen Pfund gekostet.
Sprachrohr Guardiola betonte am Freitag abermals: „Jeder ist unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist.“ Der Starcoach beteuert seit Jahren gebetsmühlenartig, er werde jedweden Ausgang „hinnehmen“, gibt durch die Blume aber stets zu verstehen: Gehen Sie bitte weiter, hier gibt es nichts zu sehen! Und dennoch glaubt er, dass auch die Konkurrenz genau hinschauen wird. „Die Premier-League-Vereine wollen, dass wir bestraft werden, das ist sicher“, sagte Guardiola.
Premier-League-Ausschluss für Manchester City denkbar
Eine weitere, hohe Geldbuße, ein Punktabzug oder im schlimmsten Fall der Ausschluss aus der Premier League. Auch der Verlust von Titeln ist nach diesem „größten aller Kämpfe“ (BBC) denkbar.
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Die Anhörung soll etwa zehn Wochen dauern, mit einem Urteil wird frühestens Anfang 2025 gerechnet – Ausgang völlig offen, einen Präzedenzfall in dieser Größenordnung gibt es nicht. „Wir haben ein dickes Regelwerk“, sagte Ligaboss Richard Masters, „und Teil jedes sportlichen Wettbewerbs ist die Verpflichtung, diese Regeln einzuhalten.“ (aw/sid)